Erstellt am: 24. 5. 2016 - 11:36 Uhr
Sargnagel und der Bachmannpreis
Das kann ja lustig werden!
Die gern sperrige und auch mehrmals gesperrte Postingqueen, Stefanie Sargnagel, tritt heuer zum Wettlesen um den Bachmannpreis an.
Im Vorjahr hat sie noch als stille Beobachterin über den Bewerb geurteilt: "Wie Deutschland sucht den Superstar für Streber". Heuer setzt sie sich selbst mutig in die Streberbank.
Alexander Goll
Sie sei von zwei Jurymitgliedern gefragt worden, ob sie einen Text einreichen wolle. "Das lasse ich mir schon nicht entgehen, wenn ich da 25.000 Euro gewinnen kann." Allerdings sei das Schreiben eines längeren Textes mühsam für sie gewesen. "Es hat mich einen Monat lang belastet und ich hab es nicht geschafft, einen langen Text zu schreiben."
Es sei überhaupt kein guter Text von ihr, gibt sie sich erst mal bescheiden. Um dann zu relativieren: "Der Anfang ist extrem schlecht, der Rest ist voll in Ordnung."
Mit der Teilnahme beim Wettlesen will sie nicht unbedingt einen Fuß in die Hochkultur setzen. "Solange ich gewisse Freiheiten hab, ist es mir egal, wie ich wahrgenommen werde. Ich hab auch ein paar Rap-Elemente drinnen und es macht mehr Spaß, bei so einem ernsten Event so was vorzulesen."
Auf das Vorlesen freut sie sich - v.a. aufs Rappen. Und auf ihr Vorstellungsvideo. Ein gelungener Cartoon, den sie mit einem befreundeten Animationsfilmer gemacht hat.
Das sind die AutorInnen, die beim 40. Wettlesen um den Bachmannpreis antreten:
- Marko Dinić (SRB),
- Ada Dorian (D),
- Tomer Gardi (ISR),
- Isabelle Lehn (D),
- Sascha Macht (D),
- Selim Özdogan (TUR),
- Sharon Dodua Otoo (GB),
- Stefanie Sargnagel (A),
- Sylvie Schenk (D),
- Bastian Schneider (D),
- Jan Snela (D),
- Astrid Sozio (D),
- Julia Wolf (D),
- Dieter Zwicky (CH)
div. und ORF/3sat
Bekanntere neben wenig bekannteren Namen - das Wettlesen um den Bachmannpreis war ja immer auch ein Sprungbrett für neue Stimmen und im Idealfall ein Barometer für Trends in der gegenwärtigen deutschsprachigen Literatur. Der Migrationshintergrund einiger AutorInnen verwundert also nicht - man darf sich freuen.
Wie geht das beim Bachmannpreis nochmal?
Jedes Jurymitglied (die glorreichen Sieben: Meike Feßmann (D), Stefan Gmünder (A/CH), Klaus Kastberger (A), Sandra Kegel (D), Hildegard E. Keller (CH/USA), Juri Steiner (CH) und der Juryvositzende Hubert Winkels (D)) lädt zwei Kandidaten ein. Wer wann liest, wird am Mittwochabend gezogen - wobei der erste Termin nicht besonders beliebt ist.
Donnerstag, Freitag und Samstag sind die Lesetage. Dabei ist ganz wichtig, dass die Texte unveröffentlicht sind.
Es gab schon AutorInnen, die disqualifiziert wurden, weil ihr Text in einer Zeitung publiziert war.
Klagenfurt und die Gerechtigkeit
Direkt an die Autorenlesung findet die Jurydiskussion statt. Die sind mitunter ebenso direkt wie hart.
"Scheitern und Gelingen liegt hier hautnah nebeneinander", wie die ehemalige Juryvorsitzende Iris Radisch das richtig zusammenfasste. Und nicht vergessen darf man, was der großartige ehem. Juror Hellmuth Karasek meinte: "Klagenfurt ist nicht der Punkt, wo die Gerechtigkeit der Welt verteilt wird."
Genau diese Jurydiskussionen machen das Wettlesen um den Bachmannpreis aus. Kein anderer Wettbewerb ist so transparent - schließlich werden die Lesungen und Diskussionen live auf 3sat und auf bachmannpreis.orf.at übertragen. Und heuer übrigens auch erstmals auf auf facebook.com/tddl16 und auf twitter.com/tddl16.
So oder so - bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur zählt der Vorgang, nicht das Ergebnis, schreibt die ehemalige Bachmannpreisträgerin Katrin Passig. Und weiter: "Diese fehleranfällige, alberne, tapfere, manchmal fruchtbare und regelmäßig scheiternde Auseinandersetzung mit Texten ist die beste Literaturkritik, die wir haben."
Und im Häschenkurs
Ebenfalls ein Jubiläum feiert der Klagenfurter Literaturkurs, der liebevoll "Häschenkurs" genannt wird. Ein Workshop, der heuer zum 20. Mal stattfindet und dessen Abschlusslesung von Lektoren und Verlagen mit großem Interesse verfolgt wird.
Immer wieder finden sich HäschenkursteilnehmerInnen dann einige Jahre später auch beim Wettlesen wieder.
Heuer etwa Bastian Schneider.
Zweimal haben Häschenkürsler sogar den Bachmannpreis gewonnen: Terézia Mora (1999) und Thomas Lang (2005).
Heuer sind zwei Wortlautbekannte mit dabei:
- Lene Albrecht, Berlin
- Theodora Bauer, Wien
- Marie Gamillscheg, Graz/Berlin
- Myriam Khouri, Wien
- Theresa Pleitner, Leipzig
- Lea Sauer, Leipzig
- Marie-Alice Schultz, Hamburg
- Cathrin A. Stadler, Wien/Leipzig
- Bettina Wilpert, Leipzig
TOP FM4 - Bachmann Spezial live aus Klagenfurt
Hannes Duscher und Roland Gratzer senden aus ihrem mobilen Studio, das sie am 1. Juli im Lendhafen aufbauen. Es kommen Gäste aus beiden relevanten Wettbewerbswelten: Literatur und Fußball.
Das anwesende Publikum wird sich in abstrusen Quizduellen messen, eine hochkarätige Jury wird den Siegertext des zuvor ausgerufenen TOP- FM4-Twitter-Literaturwettbewerbs küren. Obligatorisches gemeinsames Singen und kollektives Fußballschauen im Anschluss.
Das wird spitze!