Erstellt am: 24. 5. 2016 - 06:00 Uhr
Kick it like ... Blessing
Karina Lackner
"In my dream, when I was still 10 years, I said, I want to become a footballer" - Blessing feiert heute ihren 18. Geburtstag. Vor sechs Monaten ist sie aus Nigeria nach Österreich gekommen. Allein, ohne Familie. Einmal pro Woche kommt sie auf die Birkenwiese im Wiener Prater. Es war immer schon ihr Traum, Fußball zu spielen. Auch in Nigeria hat sie mit Freunden auf der Straße gern gespielt. Beim wöchentlichen Training fühlt sie sich auch weniger allein, sagt sie.
Der Austausch mit jungen Frauen, die in der selben Situation stecken, ist auch ein Grund für Sharon, zum Training von "Kicken ohne Grenzen" zu kommen. Auch sie ist schon in ihrer Heimat Kenia begeisterte Fußballerin gewesen.
"In Kenia spielen Frauen gerne Fußball und im Gymnasium haben wir auch Fußball gespielt. Wir waren die Champions. Als ich hierher gekommen bin, war ich überrascht, dass es keinen Frauenfußball gibt."
Esther Csapo
Sharon spricht perfekt Deutsch. Sie hat in den fünf Jahren, in denen sie in Österreich auf ihren Asylbescheid wartet, auch eine Ausbildung als Pflegerin abgeschlossen, zwei Kinder bekommen und beginnt im Herbst ihre Ausbildung zur Kindergärtnerin. Sie war es in gewisser Weise auch, die Karina Lackner, Fotografin und Kuratorin, zum Verein "Kicken ohne Grenzen" inspirierte.
Esther Csapo
Gemeinsam mit ihrem Projektpartner, dem freien Journalist Alois Gstöttner, entstand vergangenen Herbst die Idee, jugendlichen Flüchtlingen die Möglichkeit zum Sport zu bieten.
"Fußball hat eine relativ niedrige Einstiegshürde. Es gibt einen Satz an Regeln, den alle kennen, und man braucht nur einen Ball. Selbst wenn man nicht die perfekte Ausrüstung hat - Fußballspielen geht immer!", sagt Karina Lackner.
Anfangs haben die Burschen und später auch die Mädchen in Rollkragenpullovern, Jeans oder Strumpfhosen trainiert. Finanziert wird der Verein über Spenden. Von den Bällen, Trikots, bis zum Sportplatz und zu den Trainerinnen. Alles freiwillig, alles ehrenamtlich.
Ina und Maria sind zwei der Trainerinnen. Sonst bei Dynama Donau als Fußballerinnen aktiv, vermitteln sie hier den Mädchen aus Syrien, Afghanistan, Kenia, Nigeria, Irak und Äthiopien die Grundzüge des Kickens.
Esther Csapo
Das Training läuft eigentlich wie sonst überall auch. Aufwärmen, Koordinationsübungen, Schusstraining. Und am Ende spielen die Mädchen ein Match.
"Sprachlich muss man sich oft was überlegen. Einzelne sprechen sehr gut Deutsch. Andere verstehen weniger, da muss man eine gemeinsame Sprache entwickeln. Einerseits nützt man die Mädchen untereinander als Dolmetscherinnen, andererseits zeigt man eh ganz viel vor."
Auch in punkto Regelwerk betreten die Fußballerinnen von "Kicken ohne Grenzen" stellenweise Neuland. Karina Lackner hat für die muslimischen Spielerinnen eigene sporttaugliche Hidschabs organisiert. Ob dann beim Match einzelne Spielerinnen die Kopfbedeckung tragen dürfen oder ob alle Mädchen im Team gleich gekleidet sein müssen, darüber gibt das Reglement derzeit keine klare Auskunft, erzählt Karina. Muslimische Frauen am Fussballplatz sind eben noch eine Seltenheit in Österreich.
Bisher spielen die Mädchen von "Kicken ohne Grenzen" nur für sich. Nachdem die Mannschaft bei vielen Turnieren gegen deutlich intensiver trainierte Bubenmannschaften antreten müsste, hat man sich entschlossen, den Mädchen diese mögicherweise frustrierende Erfahrung zu ersparen. Im Moment geht es um die Freude am Spiel.
"Ich kann vom letzten Training berichten. Was ich ganz toll gefunden habe, diese Freude am Spiel mitzukriegen. Weil ich oft bei anderen Vereinen merke, wie verbissen man Fußballspielen kann. Und gerade beim letzten Training war so viel Freude dabei, das hab ich cool gefunden."
Verbissen nicht. Aber mit großen Zielen. Blessing möchte Profifußballerin werden. Oder - sollte das nicht klappen - Köchin. Heute an ihrem 18. Geburtstag ist sie aber einfach nur glücklich. Glücklich hier zu sein
"I thank God, I'm here. Because it's not easy from Nigeria to desert, from dust to the sea, to this Europe. It's not easy. So today I'm very happy."