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Lisa Schneider

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2. 6. 2016 - 12:01

Auf den Punkt gebracht.

Die neue EP "1ON1" von Gin Ga ist der Teaser zum dritten Album, ist Discopop, Aerobic-Kurs, Aufbruchsstimmung, Pioniergeist und auf gelungene Weise: unverschämt einfach.

Einer Band, die noch ganz am Anfang steht, würde ich vor allem raten, so schnell wie möglich so viel wie möglich live zu spielen. Und ganz wichtig: sich das Zeug auch anzuhören. Zu reflektieren, zu interpretieren. Darüber nachzudenken, ob einem das, was man da produziert, eigentlich auch gefällt.

Gin Ga

Gin Ga

Nach 13 Jahren Bandkarriere kann man schon gern mal Auskunft darüber geben, was man selbst am Ausgangspunkt 0 anders machen würde: Alex Konrad, Emanuel Donner, Klemens Wihlidal und Matias Meno spielen als Gin Ga nun schon seit fast einenhalb Jahrzehnten gemeinsam. Und erschrecken beinahe selbst ein bisschen über die lange Zeit, die nur so dahingesaust ist. Die Frage nach dem "anders machen" wird süffisant lächelnd entgegen genommen, die Frage nach den bisherigen Fehlern in der musikalischen Karriere sympathischerweise gleich doppelt so sehr. "Es läppert sich", sagt Klemens. Die Schmunzellippen verraten aber ohnehin, dass die positiven Erfahrungen der Bandgeschichte überhand behalten haben.

Ein bisschen Disco

Was sich sonst so tut in Österreichs Musikszene lest und hört ihr im FM4 Soundpark.

Gin Ga haben Ende Mai - nach fast dreijähriger Aufnahmepause - ihre neue EP "1On1" mit dazugehöriger, gleichnamiger Single veröffentlicht. Guettaesk beginnender Discopop, der gleich einmal dahin abzielt, wohin auch die ganze EP tanzen soll: ins Teenie-Kinderzimmer der 80er-Jahre, wo Stars wie Rocky Balboa von der Wand lachen, aber vielleicht abends gern doch zu Patrick Swayzes Hüftschwung geschmust wird. One on one, face to face. Einer gegen den anderen, einer gegen alle. Gin Ga für sich selbst, und Gin Ga gegen den Rest der Welt.

Der Erstling "They should have told us", 2008 eigentlich schon fertig, zwei Jahre später noch einmal neu aufgenommen und abgemischt, erntet erst nach den Live-Auftritten der Band den richtigen Erfolg. New Folk, Rock, Indiepop. Gern auch Synthesizer, ein bisschen Americana sogar. Der Sound, so Klemens, war trotz vieler Vorbilder aus dem Gitarren-Mekka UK, nie so ganz englisch. Matias wirft ein, dass das aber mittlerweile sowieso ziemlich wurst ist. Phoenix, die auch ganz gern als Referenzband herangezogen werden, sind zum Beispiel ja auch englisch singende Franzosen, ohne englisch, ohne französisch zu klingen.

Norden? Von Österreich

Einen Ohrwurm von Gin Ga gefällig? Bittesehr.

Der Produzent, mit dem Gin Ga schon lange - so auch auf dem zweiten Longplayer "Yes/No" 2013 - und auch jetzt zusammenarbeiten, sitzt zwar weiterhin in London. Das Selbstbewusstsein der Band ist aber größer geworden - und pocht nicht unbedingt darauf, nur ja hoch den Norden ziehen zu wollen. So wie sich der eigene musikalische Horizont erweitert hat, geht es auch im Songwriting, der Produktion, der Aufnahme.

Klemens erzählt: Ich sehe mich eigentlich eher als Songwriter. Aber wenn ich früher versucht habe, verschiedene Texte in bestimmte Gefäße - je nach Projekt - zu gießen, mache ich das jetzt nicht mehr. Entweder es passt für die Band, oder eben nicht.

Leichter, lockerer, ja, "unverschämt einfach" ist das Geheimrezept.

Gin Ga Guitar

Gin Ga

Es soll wirklich aus dem Bauch heraus, aus dem Ärmel geschüttelt werden.

Gin Ga wollen weg vom alleine zuhause Basteln, schlaflose Nächte darüber tüfteln, wie man ein Album mit Hits vollpackt. Die Energie des Proberaums, des gemeinsamen Spielens soll eingefangen - und nicht am Computer zuhause wieder in der Postproduktion in ihre Einzelteile zerlegt werden.

Weil das Bauchgefühl immer richtig liegt

EP Cover 1ON1

monkey

Die EP 1ON1 ist Ende Mai via monkey.music erschienen.

Das viele Tüfteln haben Gin Ga also großteils über den Haufen geworfen. Im Studio wird gejamt, viele Stücke des neuen Albums, das im Sommer aufgenommen werden soll, sind eigentlich schon im Kasten. Jetzt wird überlegt, ob man nicht diese quasi Rohfassung, weil original-charmanter Momentcharakter, die eigentliche Essenz, so stehen lassen soll. Weil die einfachsten Geschichten, wie gesagt, eigentlich die besten sind.

Und mit einfach sei nicht gemeint simpel, sondern auf den Punkt gebracht. Nach Ups and Downs erzählen Gin Ga, haben sie ihr perfektes Mittelmaß gefunden. Der Sound soll sich dabei nicht grundsätzlich ändern, vielmehr eine gerade Linie im Dschungel der unendlichen Möglichkeiten gefunden werden.

Wir sind alle individuelle Musiker. Wir haben in den letzten Jahren unsere Ideen auch in Solo- oder andere Projekte einfließen lassen, was vielleicht die Band Gin Ga ein bisschen stillgelegt hat. Das hat aber den Vorteil, dass wir nun mit einer anderen, neuen Leichtigkeit an die Sache herangehen. Den Spaß am gemeinsamen Spielen überhaupt erst wieder so richtig entdeckt haben.

Inspiration: Soloprojekte

Ginga live? Hier entlang:

  • Fr., 17.06.16, KLAGENFURT, ÖH Fest
  • Fr., 15.07.16, INZERSDORF, Rock im Dorf
  • Fr., 9.09.16, KREMS, Cinezone

Es tut schon gut, sich auch als Solokünstler verwirklichen zu können, weil man da eben einfach mal egoistisch sein kann. Und natürlich Selbstbewusstsein aufbaut. Da sind sich Gin Ga einig. Zum Beispiel hatte Sänger Alex Konrad bei Ages, dem ehemaligen A.G. Trio, die Finger im Spiel, Drummer Matias Meno gleich überhaupt ein erfolgreiches Soloprojekt ("Meno") aus dem Boden gestampft. Dass sie nun ihre inviduellen Skills erneut, reifer und erfahrener zu einem Gesamtpuzzle à la Gin Ga 2.0 zusammenbauen, ist die Belohnung der letzten Jahre, der Erfahrungen, Motivation.

Teenie-Plastikromantik, Gruppentänze, Pioniergeist. Tagträume, Aerobic-Kurs, enge Sweatshirts, Stirnbänder: das neue Album soll "noch verspielter" als die EP werden.

Aber es gilt weiterhin: keep it easy. Not simple.