Erstellt am: 13. 5. 2016 - 15:58 Uhr
The daily Blumenau. Friday Edition, 13-05-16.
#demkratiepolitik
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Siehe dazu auch das daily von Dienstag, 10-05-16: Die SPÖ hat jetzt fünf strategische Optionen.
Machtbewahrung oder Erneuerung? Eine in Richtung Erosion steuernde ideologisch-klassische Bewegung/Partei kurzfristig jonglieren wie den sprichwörtlichen heißen Erdäpfel und auf günstige Winde hoffen oder nachhaltig umbauen um für jede Eventualität gerüstet zu sein?
Wenn Machterhalt wichtiger ist als eine Neuaufstellung: welche Signale sende ich in den verbleibenden, maximal zwei Jahren an die Bevölkerung bzw die Mitbewerber? Was an Erreichtem lässt sich so absichern, dass es im Fall des Machtverlusts (mathematische Chance: 50%) nicht beschädigt/komplett kaputtgemacht werden kann?
Wenn Neuaufstellung wichtiger als kurzfristiger Machterhalt: wie den aktuellen Partner in diesen Prozess inkludieren, ihn bis 2018 mitnehmen oder verbrannte Erde hinterlassen?
Welchen Sinn hat eine dezidierte Klientelpolitik, wenn die klassischen Klientele nicht mehr existieren oder sich zunehmend in Mikro-Gruppen diversifizieren?
Kann die SPÖ angesichts einer europaweiten Politik der Angst noch sinnvoll mit ihren Grundstock unter den pensionierten Werktätigen, also der overall ängstlichen aller Gruppen, kalkulieren? Was kann sie anbieten um die aktiven Werktätigen, die zukunftsängstlichsten aller Gruppen, zu überzeugen?
Kann die ÖVP ihren zunehmend die Lenden zerfetzenden Spagat zwischen Elite und abrutschender Mittelschicht wieder in eine tragbare Balance bringen? Ist konservative, bewahrende Politik kein einigender Faktor mehr? Falls nicht: wo liegt der gemeinsame Nenner - im reaktiven vaterländischen Schollen-Selbstverständnis oder etwa dem Laptop/Lederhosen-Modell der CSU?
Reicht Symbolpolitik für romantisierte oder verfemte Gruppen wie Bauern, Ärzte, Lehrer, Unternehmer oder Beamte aus, um den weitaus größeren Teil der unter weitaus schlechteren Bedingungen arbeitenden Bevölkerung mit einzubeziehen?
Wie die Realwirtschaft auf Kosten der Finanzwirtschaft aufpäppeln? Wie Steuer auf Arbeit, Leistung, Erbe, Spekulation etc so vereinheitlichen, dass alle relevanten Gruppen das Steuer-System zumindest (vielleicht sogar erstmals) verstehen?
Wie halten wir es mit der Grundsicherung? Ist sie ein mögliches Instrument gegen Abrutschängste?
Wie einer europaweit getriebenen und national mit Verbitterung verfeinerten Politik der Angst eine offensive Sicherheit entgegensetzen, wenn man selber nicht daran glaubt? Woher den Glauben nehmen? Wie ihn selbstbewusst ausstellen?
Wie Europa klar und deutlich in allen erdenklichen Farben zeichnen ohne dabei a) schönzufärben b) Österreich nestzubeschmutzen oder c) abgehoben daherzukommen?
Wie Österreich in seiner (möglichen künftigen) national-isolationistischen (Minder)-Bedeutung zurechtrücken, ohne dabei a) in alte deutschnationale Muster zu verfallen und b) die regionalen Ökonomien totzureden?
Überhaupt: wie die Balance finden zwischen dem jetzt schon fix installierten Neo-Nationalismus der Mehrheitsgesellschaft und der globalistischen Ausrichtung der Eliten und der global agierenden nativen Digitalen?
Wie die Abgehängten und die bereits fatalistischen Prekären zurück in irgendein Boot holen? Wie die Abstiegsängstlichen in der immer weiter nach rechts gerückten Mitte in gesellschaftliche Entwicklungen einbeziehen, sie animieren, ein Stück des Weges mitzugehen?
Wie hinkriegen, dass der ängstliche Mittelstand sich nicht mit einer Noch-Schlechterstellung der Unterschicht (die de ihm de facto erst recht keine Entlastung bringt) gefühlt abspeisen lässt und so die Solidarität nach unten aufkündigt? Wie das Abrutschen in erhöhten Sozial- und Arbeitsrechte-Abbau verhindern, wie die Wirtschaft von der Sinnhaftigkeit hoher Sozial-Standards überzeugen?
Ist es überhaupt noch sinnvoll ideologisch-eigenständige Modelle anzubieten? Würde von Beamten regierte Ministerien und eine darüber installierte postdemokratische, auf Dauer-Demoskopie basierende politische Führung, die mediale Schattenboxkämpfe austrägt, nicht auch ausreichen?
Ist die liberale Demokratie am Ende, wie Viktor Orban meint? Ist eine Präsidial-Herrschaft wie sie Erdogan anstrebt, die Zukunft? Können europäische Staaten, in denen der Schulterschluss einer Vaterländischen Front aus Nationalen und Konservativen herrscht, nicht genauso einen gemeinsamen Wirtschaftsraum aufbauen, und gegen die autokratisch bzw oligarchisch strukturierte Weltkonkurrenz nicht sogar besser bestehen?
Und: wo in all diesen Grundfragen kann sich eine sozialdemokratisch, kann sich eine christdemokratische Partei so positionieren, dass sie als kantig und visionär wahrgenommen wird?