Erstellt am: 12. 5. 2016 - 15:59 Uhr

The daily Blumenau. EM-Journal '16-2, 12-05-16.

Der finale ÖFB-Kader für die #Euro16, das wiederholte Versagen der Fußball-Berichterstattung und ein Baba an Christoph Leitgeb.

#fußballjournal16 #euro16

ALSO: Marcel Koller hat heute Vormittag de facto seinen fixfertigen Euro-Kader bekanntgegeben: es sind die erwarteten 23 Herren plus Edel-Joker Valentino Lazaro (-> siehe nebenstehende Liste).

WER jetzt sagt, dass das eh genauso zu erwarten war, ist ein Schmähtandler mit der Erinnerungsleistung einer Stubenfliege.

DAS wäre zwar zu erwarten gewesen, wenn man die Koller'schen Handlungsweisen der letzten Monate und Jahre berücksichtigt hätte: aber in den letzten Tagen dominierten andere mediale Vorab-Wasserstandsmeldungen: Koller würde, hieß es da, gleichlautend im Boulevard (dort mit anonym-exklusiven Augenzwinker-Infos unterfüttert) wie in den Qualitätsmedien (dort auf von ÖFB-Seite vernommener Logik gestützt), einen vergrößerten Kader aufbieten um potentielle Verletzte (zwei) und in Relegation/Cupfinals/der Schweiz Tätige (bis zu acht) zu kompensieren.

WEIL es ja keinen Sinn machen würde mit 15 Hanseln nach Laax zu fahren. Koller sieht das, wie er heute erklärte, ganz anders. Wollte bewusst nur die 23 (plus seinem Allround-Joker Tino Lazaro, der praktischerweise für fast jeden Akteur einspringen könnte) ins Trainingscamp mitnehmen.

DA der Irrtum der Fußball-Berichterstatter direkt nach dem kapitalen Irrtum der politischen Berichterstatter im Fall Faymann/Rücktritt erfolgte, verdient er spezielle Beachtung. Da wie dort lagen die Medien-Prophezeiungen maximal daneben.

IN beiden Fällen war der echte Stand der Dinge das genaue Gegenteil der verbreiteten Neuigkeiten. Im Fall Faymann - wo die Medien schlicht auf die gezielten Fehlstreuungen reingefallen sind - wird für Krone/Österreich/Heute ein nachträgliches Narrativ gestrickt, dass die dort verhaberten Medienmächtigen eh alles gewusst hätten, aber dem Haberer einen optimalen Abgang verschaffen wollten.

IM Fall "Koller gibt heute Großkader bekannt" ist es keine geschickt inszenierte Intrige, die eine erwünschte Medien-Reaktion nach sich zieht, sondern ein reiner Selbstfaller, der klar macht, wie nervös die Branche agiert, weil unter Koller kein Medium, schon gar nicht der Boulevard, mehr vorab gefüttert wird.

DIE Frage was schlimmer ist (Gerüchte aufblasen und damit auf die Nase fallen; Opfer von absichtlichen Falschmeldungen zu sein; aktiv bei einer "die-Leut'-blödmachen"-Inszenierung mitstricken) beantwortet sich zwar von selber, allerdings stärkt nichts davon die Glaubwürdigkeit der Medien, im Gegenteil.

KOLLERS Erklärung für seinen Nur-24-Mann-Kader war simpel: seiner Erfahrung nach (und er bezog sich dabei auf die als aktiver Teilnehmer bei der Euro '96) brächte ein vergrößerter Kader "unglaublich viel Unruhe" in eine Vorbereitung, die dezidiert dazu dienen soll, jene Akteure, die viel gespielt haben oder im Abstiegsstress stecken, aus ihrem Alltag rauszuziehen und in die bereits sprichwörtliche Wohlfühloase, die das ÖFB-Team für seinen Kern darstellt, rüberzuführen. Das wäre der komplett falsche Zeitpunkt Leute neu an Bord zu holen. Koller widerstrebt es schon rein körpersprachlich, als er das ausführt.

DESHALB sind die 23+1 jetzt in Stein gemeißelt.
Deshalb werden Lukse, Madl, Ulmer, Pehlivan, Burgstaller, Kainz, Onisiwo oder Gregoritsch nur dann nachrutschen, wenn jemand auf ihrer Position ausfällt. Pogatetz oder Ivanschitz stehen sowieso nur für den Extremfall bereit: falls gleich mehrere Leader-Figuren ausfallen sollten, und man schnell neue Orientierungsgeber benötigt. Bachmann, Lainer, Grillitsch und Schaub wird bedeutet, dass ihre Zeit nach der Euro kommt.

UND Veli Kavlak steht wohl nur noch symbolisch auf der Abrufliste, die Chance, dass er sich doch noch aus seinem Verletzungsjammertal erholt, ist klein. Bei einem anderen, der keine Erwähnung mehr fand, ist sie auf 0%. Christoph Leitgeb, der nach der Euro sowieso aufhören wollte, schafft es nicht: ewige Knieprobleme, dazu ein böses Knochenödem.

LEITGEB bestritt sein letztes Länderspiel im November 2014, beim extrem wichtige Heimsieg gegen Russland, als er gemeinsam mit Ilsanker die gesetzte/verletzte Achse Baumgartlinger - Alaba besser vertrat als es ihm viele (ich inklusive) zugetraut hatten. Seine Team-Bilanz weist noch weitere 6 Quali-Spiele unter Koller aus, dazu kommen noch 7 Einsätze in Tests, auch da ging nur einer über 90 Minuten. Davor kam Leitgeb zwischen 2009 und 2011 gar nur auf drei Kurzeinsätze, so schlimm war seine Verletzungsserie.

DER Grazer Halb-Kroate war trotzdem ein wichtiger Mann in Kollers Planungen, ein versatil einsetzbarer Mann für die Zentrale, ball- und paßsicher, ideenreich und taktisch schlau. Nach seinem Ausfall und Kavlaks verletzungsbedingter Schwäche-Periode brauchte Koller bis in den März hinein, um nach langer Suche in Alessandro Schöpf einen passenden Ersatz für die wichtige Back-Up-Funktion zu finden. Dass Leitgeb bei der heutigen Kader-Bekanntgabe gar keine Erwähnung fand, ist ein wenig schade. Ich könnte mir aber vorstellen, dass da noch etwas nachkommt.

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EIN paar nachgereichte Fakten: Die nominierten Spieler sollen ab 21. Mai in Laax einrücken, von 22. bis 30. wird im in der Nähe des auf 1.000 m Seehöhe gelegenen Wintersportorts gelegenen Schluein gearbeitet - dort steht auch ein lokales Testspiel an, das ORF Sport plus sogar übertragen wird. Danach dann die Tests gegen Malta (am Dienstag den 31. Mai in Klagenfurt) und gegen die Niederlande (am Samstag den 4. Juni in Wien).

DFB-Cupfinale (mit Alaba) ist am 21.5., Relegation in Deutschland am 19. und 23. Mai (das kann Lindner, Junuzovic, Grillitsch, Klein und Harnik sowie Burgstaller betreffen), Janko (bald wieder fit) und Jantscher spielen in der Schweiz noch bis 25. 5. Meisterschaft, Dragovic wird rechtzeitig wieder fit werden.
In Laax soll ein sehr individuell zugeschnittener Trainingsplan die Saison-Belastungen ausbalancieren. Da geht es um den Aufbau von Selbstvertrauen, auch an den Glauben nach einer langen Saison über genug Fitness zu verfügen.

Lazaro ist deshalb als Nummer 34 mitnominiert, weil er - wie Koller zwischen den Zeilen bekanntgab - bis aufs Tor und die Innenverteidigung quasi jede Position einnehmen kann und so der ideale erste Ersatzmann ist. Die anderen Abrufspieler haben sich bis zum 14.Juni (dem Termin des ersten Matches, bis dorthin kann der ÖFB noch nachberufen, sollte sich jemand gravierend verletzen) bereitzuhalten, sollen auf ihre Fitness achten und brav sein. Transferverhandlungen im Trainingslager gibt es nicht, Hinteregger, Dragovic oder Harnik müssen ihre Deals vorher oder nachher abschließen.

PS: beim ÖFB-Team liegt Panini liegt - ganz im Gegensatz zu anderen Nationen - bis dato goldrichtig: die 20 auf Pickerln verewigten Kicker sind allesamt im Kader, dazu kommen Lindner und Suttner sowie der zu Drucklegung wohl noch nicht erahnbare Schöpf.