Erstellt am: 12. 5. 2016 - 15:13 Uhr
Wut im Bauch
Eigentlich war er schon angekommen im österreichischen Mainstream: Platz Eins der Albumcharts mit dem letzten Album, massives Airplay für seine Falco-Kollabo und ein Job als Coach für hoffnungsvolle Songcontest-Kandidat/innen. Offensichtlich hat es Nazar in dieser Welt aber doch nicht so gut gefallen, denn das neue Album "Irreversibel" tut wieder einen großen Schritt zurück in Richtung harter Straßengeschichten und einer großen Portion Wut. Hier ein Beispiel dafür, wobei das Video (wie immer von Nazar selbst produziert) mit einem überraschenden Twist gegen Ende recht smart die Vorurteile des Publikums enttarnt.
Nazar im Interview
Heute ab 22:00 bei FM4 Tribe Vibes
Die Wut und Aggression, die auf "Irreversibel" so allgegenwärtig ist, ist bei Nazar nicht nur eine Reflexion seiner Beobachtungen im Heimatbezirk Wien 10. Auch bei ihm selbst hat sich eine ordentliche Portion Wut angestaut, weil er sich nach einigen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit der FPÖ mit klaren Worten zurückhalten muss. Auf "Irreversibel" kommen Themen wie Politik, Asyl und Flucht vielleicht auch deshalb vergleichsweise selten vor, nur der Bonustrack "Asylant" widmet sich musikalisch dem Thema, zu dem Nazar sonst oft als Sprachrohr befragt wird.
Nazar live
15.05. Linzfest
23.07. HipHop Open
Während die Rückbesinnung auf den harten Straßenrap, die Nazar auf "Irreversibel" vornimmt, musikalisch für kraftvolle moderne Beats sorgt, ist sie thematisch ein Schwachpunkt der Platte. Die vielen Härtlings- und Machosprüche sind auf Dauer eben nicht übertrieben originell - positive Ausnahmen gibt es aber zum Glück auch: In "Teheran" rappt Nazar gemeinsam mit Mosh36 und Milonair bildreich über seine Geburtsstadt, mit "Mein Viertel" widmet er sich wiederum der aktuellen Heimat Favoriten, während Sido neben Zitaten aus seinem ersten großen Hit Mein Block über seine jetzt weit beschaulichere Lebenssituation im noblen Berliner Außenbezirk berichtet.
Es ist ein interessanter Punkt in seiner Karriere, an dem sich Nazar da befindet. Ob die Abkehr vom Mainstream so unumkehrbar ist wie der Albumtitel interpretiert werden könnte, wird die Zukunft zeigen. Im Jetzt sorgt sie für eine musikalisch unterhaltsame Platte, textlich sagt Nazar aber leider in seinen Interviews wesentlich interessantere Dinge als im Großteil der Songs.