Erstellt am: 11. 5. 2016 - 19:11 Uhr
Einmal ein Dieb, immer ein Dieb
Drei Geheimhaltungsverträge mussten wir bei FM4 insgesamt unterschreiben, um die Abenteuer von Nathan Drake vor Veröffentlichung des Spiels als Journalist_innen erleben zu dürfen. "Uncharted" ist eine der letzten Games-Serien, die Blockbuster im großen Stil hervorbringen. Nämlich auch solche, wo die Erzählung im Mittelpunkt steht und nur ja nichts vorab verraten werden soll.
Ende 2007 hat die Abenteurer-Serie auf der Playstation 3 ihren Anfang genommen, deren Protagonist Nathan Drake sowohl Indiana Jones als auch Lara Croft schnell den Rang als beliebtester interaktiver Abenteurer und Grabräuber abgelaufen hat. Dementsprechend groß war die Erwartungshaltung und die Vorfreude auf den vierten und letzten Teil von "Uncharted" namens "A Thief's End", knapp fünf Jahre nach "Uncharted 3". Der Titel ist für den zuständigen Spieleverlag Sony Playstation zweifellos das derzeit stärkste und populärste Pferd im Stall.
Naughty Dog / Playstation
Auch Spaß muss sein (I)
Dass das Entwicklerteam hinter "Uncharted" ihr Spiel nicht immer bierernst nimmt, äußert sich etwa darin, dass Nathan mit seiner Freundin in einer Szene "Crash Bandicoot" spielt (eine Games-Serie des Studios aus den 90er Jahren).
Das Abenteurer-Genre gibt ja generell viel her. Egal, ob bei Romanen, im Action-Kino oder als Computerspiel: Die übermütige und meistens illegale Suche nach wertvollen Schätzen sorgt fast immer für gute, teilweise auch überdrehte Geschichten. Es ist immer die Suche nach einem großen, verlorenen Schatz und das Eintauchen in die wunderlichen Anekdoten, die sich um ihn ranken.
Bei "Uncharted 4" ist der gesuchte Schatz der Nachlass des englischen Piratens Henry Avery, der Ende des 17. Jahrhunderts gelebt hat und seine Informationen am liebsten in Dismas-Kreuzen versteckt hat. Dieses Abenteuer von "Uncharted"-Held – oder besser: Antiheld - Nathan Drake hat bereits vor all jenen Geschichten begonnen, die wir aus den Vorgängerteilen kennen. Damals, vor 15 Jahren, hatte Nathan noch einen älteren Bruder, der bei einer gemeinsamen Flucht ums Leben gekommen ist. Zumindest war es das, was er bisher geglaubt hat.
Laufen, klettern, schießen
Auch Spaß muss sein (II)
Oder wenn sich Sam und Nathan darüber unterhalten, was in den vorigen Teilen von "Uncharted" so passiert ist: Nathan wurde angeschossen, in die Luft gesprengt, geschlagen, erstochen und unter Drogen gesetzt. Wer all das erlebt, müsste längst im Grab oder in der Psychatrie gelandet sein. Doch wozu ist man Videospielcharakter?
Abgesehen von diesen amüsanten Szenen gibt es auch einige lustige Meta-Trophies.
Bruder Sam musste Jahre in einem mexikanischen Gefängnis dahinvegetieren, bis er bei einem konzertierten Ausbruch eines Bandenführers mitflüchten darf. Doch der Preis für die neue Freiheit ist hoch: Wenn Sam nicht innerhalb von drei Monaten Henry Averys Schatz für den Gangsterboss hebt, steht sein Leben auf dem Spiel. Gerade als sich Nathan tatsächlich von seiner "Karriere" als Grabräuber zurückziehen möchte, muss also dem wieder aufgetauchten Bruder geholfen werden. Alles geht von vorne los: Laufen, klettern, springen, schießen.
Die Produktionsqualität von "Uncharted 4" ist unglaublich hoch. Selbst, wenn man moderne Games-Grafik und teure Spielproduktionen gewohnt ist, fasziniert der Detailgrad in einer ungewöhnlich starken Weise. Das geht von den perfekten Animationen der Figuren über die prachtvolle und abwechslungsreiche Architektur bis hin zu den guten und gut präsentierten Dialogen. Spielerisch allerdings schießt "Uncharted 4" dafür fast schon übers Ziel hinaus: Das Game spielt sich so intuitiv und flüssig, dass es an manchen Stellen beinahe schon zu leichtfüßig wirkt. Wir kraxeln, schwingen und kämpfen mit Nathan und Sam über Klippen, durch Wälder und in alte Gebäude, als wäre es ein Spaziergang.
Naughty Dog / Playstation
"Uncharted 4: A Thief's End", entwickelt von Naughty Dog, ist exklusiv für Playstation 4 erschienen.
"Uncharted 4" langweilt nie, weder mit zu langen Spielszenen noch mit Wiederholungen. Nach einen virtuellen Tod werden wir fast immer genau dort wiederbelebt, wo uns kurz davor das Missgeschick passiert ist. Kein Schusswechsel dauert zu lange, keine Rätselaufgaben – die meistens eh nur darin bestehen, zu erkennen, in welche Richtung wir weiterspringen müssen – sind zu fordernd. Banal oder belanglos ist das Spiel deshalb trotzdem nicht, was aber vor allem an der brillanten Präsentation liegt. "Uncharted 4" ist somit das perfekte Popcorn-Videospiel – sofern man überhaupt Zeit findet, dann und wann in den Popcorn-Kübel zu greifen.