Erstellt am: 17. 5. 2016 - 18:03 Uhr
Prince of Darkness
Es ist kaum zu glauben, aber für viele Menschen sind das Autorenkino und der Genrefilm immer noch scharf getrennt zu haltende Bereiche, die sich in ihren Köpfen so gut wie nie überschneiden können oder dürfen, weil ansonsten ihr Verständnis von der Kunstform Film erodieren würde. Es ist zudem kaum zu glauben, dass ein Filmemacher wie John Carpenter, ohne den der moderne Horrorfilm nicht vorstellbar wäre, bereits seit einem guten Jahrzehnt Mühe hat, ausreichend Finanzmittel für seine Projekte zu lukrieren, weshalb er vielleicht auch nie wieder einen Film machen wird, dafür aber dieses Jahr als Live-Musiker auf Tour geht und dabei auch in Wien Station macht.
Und außerdem ist es kaum zu glauben, dass man zwischen 20. Mai und 02. Juni Gelegenheit haben wird, insgesamt dreizehn Hauptwerke Carpenters auf der großen, großen Leinwand des Gartenbaukinos zu genießen. Natürlich möchte und muss ich an dieser Stelle anraten, dass man bei dieser Schau ABSOLUT ALLES SEHEN MUSS, aber drastische berufliche oder private Gründe zwingen einen dann eventuell doch dazu, eine Auswahl zu treffen. Ich möchte hier jetzt nicht derjenige sein, der eine Hierarchie in dieses für meine Begriffe makellose Gesamtschaffen Carpenters einzieht, insofern sind die folgenden drei Empfehlungen zwar sehr ernst gemeint, aber in einem herzlichen Sinn und jedenfalls nicht objektiv zu verstehen.
The Fog (1980)
Ja, natürlich liebe ich auch Halloween. Tatsächlich aber mochte ich The Fog schon immer ein Eitzerl mehr. Und das aus Gründen. Zum einen stellt sich John Carpenter im traumhaften Prolog, in dem der alte Seebär Mr. Machen einer Kindergruppe jene Geistergeschichte am Lagerfeuer erzählt, die im Film dann Wirklichkeit wird, als im besten Sinn altmodischer Geschichtenerzähler dar, schreibt sich in gewisser Art und Weise also selbst in diesen schön schauerromantischen Film ein, zu dem ich immer Grusel, aber nie Horror sage.
toutlecine.com
Dann verdichten sich in dieser Küsten-Kleinstadt, durch den sich ein klassisches Carpenter-Kleinensemble bewegt, gleich mehrere Motive seines Kinos: Das uramerikanische Setting in seiner ganzen langweiligen Alltäglichkeit wird zerrissen (im übertragenen wie wörtlichen Sinn) von einer Legende, das scheinbar Fiktionale, jedenfalls Grauenhafte, lauert nur eine Wirklichkeitsstufe unter der unsrigen, wartet darauf, dass die Konstellation der äußeren Umstände passend ist, um in Erscheinung zu treten. Und dann leuchtet er, der Nebel, ein wenig wie in Jack Arnolds The Incredible Shrinking Man, eigentlich aber beeinflusst von The Trollenberg Terror und bewegt sich ebenso unablässig auf seine Opfer zu wie Michael Myers.
The Thing (1982)
Ein Film, der in seiner Hoffnungslosigkeit so ganz und gar nicht in die Zeit passen wollte und konnte, in der er entstanden ist. Ein Film, der einem von John Carpenters ganz großen Helden, Howard Hawks, die Ehre erweist, da er auf derselben Kurzgeschichte basiert wie dessen The Thing from Another World (dessen legendäre Titel-Sequenz sich Jamie Lee Curtis in Halloween im Fernsehen ansieht). Vor allem aber ein Film, der einen mit seiner uhrmacherischen Präzision und erzählerischen Reduktion beeindruckt, im Dialog mit den Aufsehen erregenden, über alle Vorstellungswelten hinaus drängenden Effekten, entworfen von zwei ganz Großen ihrer Zunft: Rob Bottin, der sich mittlerweile ganz von der Effektkunst zurückgezogen hat und Stan Winston, der traurigerweise bereits verstorben ist.
Universal Pictures
Die Körperlichkeit und Viskosität dieser Sequenzen, in denen Hundekörper aufplatzen, Tentakeln greifen und schlagen, sich ein Kopf vom Rumpf trennt und auf Spinnenbeinen das Weite sucht, wird nur noch übertroffen von ihrer barocken Unmäßigkeit, von diesem Exzess der Hässlichkeit, der so schön ist anzuschauen wie wenig anderes auf dieser Welt. Bei seinem Erscheinen 1982 hatte gerade Steven Spielbergs tragische Komödie von einem verirrten Außerirdischen E.T. die ganze Welt fest im Griff und kaum jemand wollte Carpenters gewaltige Vision eines ganz und gar nicht knuffigen Aliens sehen. Aber die Zeit hat’s gerichtet und mittlerweile gilt The Thing sehr zu Recht als Meisterwerk, nicht nur, aber schon auch hinsichtlich der Effektkunst, die darin ihren Zenit erreicht hat.
In the Mouth of Madness (1995)
Nicht wenige meinen, John Carpenter sei nach den Achtziger-Jahren verblüht, stehe wie eine alte knorrige Eiche halt immer noch regelmäßig im Kino herum, aber so richtig gefallen tut das keinem mehr. Wer so denkt, ist verrückt. Allerdings nicht so verrückt wie Sam Neill in diesem epochalen Mittneunziger-Werk. In the Mouth of Madness ist in vielerlei Hinsicht Carpenters komplexester, weil sehr metareflexiver Film, getoppt vielleicht nur noch von Cigarette Burns, einem Einstünder, gedreht für die tolle Horror-Anthologie-Serie Masters of Horror.
Warner
Ein Versicherungs-Detektiv macht sich darin im Auftrag von Charlton Heston (!) auf die Suche nach dem verschwundenen Bestseller-Autor Sutter Cane. Dessen Horror-Romane verkaufen sich besser als die von King, heißt es. Je weiter Sam Neill aber vordringt in den Mouth of Madness (ein Wink in Richtung Lovecraft und dessen Zentralwerk „At the Mountains of Madness“), desto poröser wird die Linie zwischen Albtraum und Wirklichkeit, desto greifbarer wird der Wahnsinn, desto schneller verwandelt sich hysterisches Lachen in resignierendes Heulen wie in der unvergesslichen Schluss-Szene. In the Mouth of Madness ist jedenfalls ultra-gewitztes Sinnieren über eigene Autorenschaft und Fremdbestimmtheit, ein Werk der absoluten Transzendenz, in dem theologische, philosophische, spirituelle Einsichten stehen neben traumhaft schönen Effekten, grausigen Kreaturen und einem ganz groß aufspielenden Sam Neill.
Tickets zu gewinnen!
Wir verlosen hier jeweils 7x2 Tickets für eine dieser drei Vorstellungen im Rahmen der großen Carpenter Filmschau im Wiener Gartenbaukino:
- „The Thing“ (Fr, 27.5., 20:45)
- „The Fog“ (Di, 24.5.,20:45)
- „In the Mouth of Madness“ (So, 29.5., 18:30)
Dafür musst du uns folgende Frage richtig beantworten: Wie heißt der legendäre Radiosender, der in The Fog sein Programm aus einem alten Leuchtturm gesendet hat?
Das Gewinnspiel ist beendet. Die GewinnerInnen werden per Mail kontaktiert.