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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

7. 5. 2016 - 14:21

Consent and communication

Kein guter Sex ohne gute Kommunikation. Beim Reden kommen auch die Geschlechtsteile zusammen. Die TEDxVienna-Konferenz "The Future of Intimacy" hat dazu einen wertvollen Beitrag geleistet.

The Future of Intimacy
Eine TEDx-Konferenz zu Liebe, Sex und Zärtlichkeit der Zukunft. Wir streamen heute Abend live aus dem MAK in Wien.

Ein paar hundert Menschen haben gestern Abend das Museum für Angewandte Kunst in Wien besucht. Allerdings ausnahmsweise nicht, um sich eine Design-Ausstellung anzusehen, sondern um sich von der Zukunft der Intimität erzählen zu lassen. "The Future of Intimacy" war nämlich das Motto der TEDxVienna-Veranstaltung, die im MAK über die Bühne gegangen ist. Sieben internationale Speaker aus Bereichen wie Robotik, Kommunikationswissenschaft oder Kunst haben einnehmende Kurzvorträge abgehalten, darüber hinaus gab es eine Tanzperformance.

Vlad Gozman

Robert Glashüttner

Vlad Gozman

TEDxVienna-Mitgründer und -Obmann Vlad Gozman begrüßt kurz vor 19 Uhr in schickem Outfit die Gäste in der großen Halle des MAK. Alles ist an seinem Platz: Die Deko-Buchstaben und die riesige Vidiwall auf der Bühne, jede Menge Technikequipment hinter dem Publikumsbereich, Catering-Personal und dutzende Volunteers, die sich emsig um die Betreuung der Speaker und Gäste kümmern.

Nach einem kurzen Intro geht es auch schon los: Die erste Rednerin ist die Autorin Wendy Williams, die über die "Globalisation of Love" spricht. Abgekürzt: GloLo. Wendy Williams lebt selbst in einer Glolo-Beziehung: sie ist aus den USA, ihr Mann ist Österreicher.

Wendy Williams

Robert Glashüttner

Wendy Williams

Auch, wenn die kulturellen Unterschiede am Anfang schwierig sein können, sagt Williams, überwiegen bald schon die Chancen und das voneinander Lernen. Was passiert aber, wenn ein Glolo-Pärchen nicht am selben Ort wohnt und eine Fernbeziehung führt? Oder wenn einer der beiden viel unterwegs ist? Telefonieren alleine hilft nicht immer, vor allem, wenn die Libido ruft. Toon Timmermans und seine Firma Kiiroo hat dafür eine Lösung parat: Intelligente Sextoys, die sich präzise übers Netz steuern lassen.

Toon Timmermanns präsentiert smarte Sextoys

Robert Glashüttner

Toon Timmermanns und die Wege, über die die Sextoys seiner Firma kommunizieren können.

Wer aber noch nicht bereit ist, mehrere hundert Euro für High-Tech-Sextoys auszugeben, kann sich mit den simplen Freuden des Sexting vergnügen - also einem Partner oder potenziellen Partner anzügliche und hoffentlich auch anregende Textnachrichten oder Bilder zu schicken. Allerdings gilt es hier ein paar Grundregeln zu beachten. Am allerwichtigsten ist Consent, also die Einwilligung des jeweiligen Sexting-Empfängers, wie sowohl die Sextherapeutin Yana Tallon-Hicks als auch Kommunikationswissenschafterin Amy Hasinoff erläutern.

Was man beim Sexting nicht schicken soll: der Mann keine Penis-Fotos, die Frau keine Fotos von ihrem Gesicht.

Robert Glashüttner

Amy Hasinoff über mediale Berichterstattung zum Thema Sexting: Männer sollten demnach keine Dickpicks schicken, Frauen keine Gesichtsaufnahmen.
Yana Tallon-Hicks

Robert Glashüttner

Yana Tallon-Hicks: Pornos schauen ist super, man muss nur die richtigen finden.

Das Sprechen über Sex, über eigene Fantasien, Grenzen und Gewohnheiten ist etwas, das sich durch die gesamte Veranstaltung zieht. Die Vortragenden sind sich einig: Intimität braucht Einfühlungsvermögen und Kommunikation, den Mut, sich dem Partner und der Partnerin zu öffnen und zu klar zu sagen, was man möchte und nicht möchte. Die Möglichkeiten, durch (smarte) Toys, Pornografie und möglicherweise bald auch Kuschelroboter sexuell flexibel und unabhängig zu sein und die eigene Sexualität zu ergründen, erweitert die Vielfalt menschlicher Intimität. Wichtig ist aber, sich mit Freund_innen bzw. Partner_innen über die damit gewonnenen Erfahrungen und Erlebnisse auszutauschen.

Virtual-Reality-Präsentationsbereich

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Während der Pause präsentiert die Wiener Virtual-Reality-Lounge vrei im ersten Stock des MAK Einblicke in virtuelle Welten.

Nach zwei Vortragsblöcken und einer ausgiebigen Pause für Essen, Trinken und der Möglichkeit, in Virtual-Reality-Welten abzutauchen und schlaue Sextoys anzufassen, geht "The Future of Intimacy" in die Endrunde. Vlad Gozman verabschiedet sich und bittet am Schluss noch alle freiwilligen TEDxVienna-Helferinnen und Helfer - eine auffallend große Gruppe von 60 Menschen - auf die Bühne.

Die Vorträge von "The Future of Intimacy" werden in den kommenden Wochen Stück für Stück auf tedxvienna.at veröffentlicht werden.

Die hochprofessionelle Abwicklung der Veranstaltung ist bemerkenswert. Es wird nichts dem Zufall überlassen, dennoch wirkt niemand gestresst oder unentspannt. Das liegt am Hintergrund der Betreiber: TEDxVienna ist eine gemeinnützige Organisation, die stark in der heimischen Startup-Szene verankert ist. Und bekanntermaßen ist gute Koordination beim Gründen und Betreiben eigener Firmen oberste Pflicht.

Auch, wenn die wirtschaftsliberale Mentalität mit "Ärmel hochkrempeln, anpacken und in jedem Moment alles geben und das Unmögliche möglich machen" nicht jedermanns Sache ist: Die Präsentation und Abwicklung der Konferenz geht angenehm neutral und offenherzig vonstatten. Das überträgt sich aufs Publikum, das gegen 23 Uhr inspiriert das MAK verlässt.