Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Surprise, surprise mit Polkov"

Lisa Schneider

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7. 5. 2016 - 11:15

Surprise, surprise mit Polkov

Das Quintett hat gestern in der Grazer Postgarage (2nd Floor) das erste FM4 Überraschungskonzert der Saison gespielt. Der Sommer kann beginnen.

Polkov erzählen im Interview, sie freuen sich, endlich wieder neues Material live zu spielen. Und natürlich auf Sonne, Wärme, Eis und Outdoor-Gigs.

Die Blumen aber doch bitte lieber im Haar der Zuhörer als auf die Bühne geworfen, so Bandmitglied Paul Pfleger. Er ist Pollenallergiker, deshalb lieber Plastikpflanzen. Geflogen sind dann aber beim gestrigen Auftritt in der Grazer Postgarage ohnehin nur ein paar rote Luftballons.

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"Schon ein paar alte Sachen, aber natürlich auch viel Neues" wird man zu hören bekommen, so die Band im Vorfeld. Das ist dann alles ein bisschen mehr Pop, ein bisschen mehr "Päm Päm Päm", vielleicht ein bisschen geradliniger, durchkonstruierter, weniger ausgefranst, na sagen wir’s, zugänglicher. Auch wenn die Ziege im Video zur aktuellen Single "My Sweet Oblivion" sympathischerweise doch lieber noch den abstrusen Nerd durchschimmern lässt. Man muss ja aber auch schließlich nicht alles verstehen. L’art pour l’art? Polkov pour Polkov.

Polkov in Graz beim FM4 Überraschungskonzert

FM4 / Lisa Schneider

"Wir sind Polkov - eh da aus der Gegend"

Zuhause, sprich in Graz auf die Bühne zu gehen, hat natürlich seine Vorteile. Der Ort, an man vor gar nicht nicht so vielen Monaten erst vor Eltern, Freundin und dem Taufpaten gespielt hat, ist jetzt die volle Grazer Postgarage. Man kann sich da schon was vorstellen, wenn es heißt, Polkov gehen auf die Bühne. Wie war das noch? Nashville? An der Mur? Trauriger Steppenfolk, der Wolf heult zwischen den Zeilen, der Sand rieselt durch die Finger. Die Bläser wollen dann schon auch gern ein bisschen wie Calexico klingen. Auch wenn Polkov der genannten Band nie so wirklich verfallen sind.

Aber mit Vergleichen ist das ja immer so eine Sache. Eigentlich sollen sie meist nur schmeicheln, wenn einem die Worte fehlen, das so Vertraute und doch Neue zu umschreiben, auf den Punkt zu bringen.

Die FM4 Videopremiere zur aktuellen Polkov-Single "My Sweet Oblivion".

Das nächste Album von Polkov, das Ende des Jahres erscheinen soll, will sich jedenfalls ein bisschen den Staub vom Americana-Jackett klopfen. Das sind auch die Vorzüge beim zweiten Release: Im besten Fall hat man seinen eigenen Sound schon gefunden.

Polkov in Graz beim FM4 Überraschungskonzert

FM4 / Lisa Schneider

Lange Rede, jetzt Review

Auch wenn der Abend mit den ehrlich-liebsten Zeilen im österreichischen Popfolk der vergangenen Jahre (nämlich so: "Please, please excuse the way I talk / I am sad, so very, very sad") eröffnet wird, will die Band vor allem einmal eines: das Publikum aufwecken. Die Melancholie noch immer hochleben lassen, aber diesmal ruhig gern auch ein bisschen direkter, lauter, poppiger. In der ersten Reihe stehen wild und sympathisch-unrhythmisch tanzend die 17-jährigen Vollbutfans, die sich für ihre Band gerne auch schon zwei Stunden vor Stage Time in die Schlange quetschen. Der Rest der Crowd ist noch ein bisschen ruhig, nippt je nachdem am Bier oder Spritzer.

Sänger Laurenz Jandl fordert das Publikum kurz nach der dritten Nummer: "Wir wollen das bitte ein bisschen lauter". Man merkt, dass sich die Band am wohlsten fühlt - oder sich am glücklichsten gibt, wenn die Songs in kleine Improvisationen, ja fast in Jamsessions ausarten. Wenn die Gitarre von Alexander Hackl am besten nur mehr geschrammelt, nicht gestreichelt wird. Wenn Jürgen Schmidt mit dem Bass gemeinsam in die Knie geht und Günther Paulitsch die Drums wie einen Boxsack prügelt. Auf die Lippe gebissen, die Augen zugekniffen. Haare schütteln, Rücken krümmen.

Polkov in Graz beim FM4 Überraschungskonzert

FM4 / Lisa Schneider

All you need is... ?

Wenn Laurenz heute als melancholischer Frontmann noch eher an Paul McCarntney in düsteren Zeiten erinnert, ist Paul (im Normalfall der Mann mit den besten orange-roten Sonnenbrillen und zuständig für die perfekten Tastenkombinationen) unbedingt sein John Lennon. Charmanter hat noch niemand mit einer bananenförmigen Rassel ins Publikum gezielt, die "Uhs" und "Ahs" ins Mikro gehaucht, den liebenswerten, euphorischen Zappelmann gegeben. Außerdem ist er es, der das Publikum gleich einmal zu Anfang um Verzeihung für die knappe Verspätung bittet. Der Flug habe sich verzögert. Direkt von den Bahamas nach Graz? Augenzwinkern, oder so.

Was der eine mit liebenswerter Aufmerksamkeit gutmacht, stichelt der andere durch Direktheit auf: "Zwei Nummern noch, dann hamma’s". Ganz so kryptisch-verbissen sollen die Worte von Laurenz natürlich nicht rüberkommen. Das weiß man spätestens, wenn der Song ansetzt, der den Schluss des Sets am offensichtlichsten - und schönsten einleitet.

Polkov beim FM4 Überraschungskonzert in Graz

FM4 / Lisa Schneider

This is where it ends, seems like a good place to start

Da seufzen alle auf, Kamaro’s Song, jetzt schon eine kleine Hymne. Die guten, alten Zeiten. Aber Moment! So alt ist das ja noch gar nicht. Das selbstbetitelte Debütalbum wurde vor noch nicht einmal zwei Jahren veröffentlicht. Eines der vielen Talente der Band: Melodien schreiben, die so uralt, weil irgendwie weise klingen. Und live dann am allerbesten.

Klappe zu, Vorhang runter. Überraschungseier suchen wir bis auf weiteres am liebsten in Graz.