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Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

4. 5. 2016 - 12:04

Selfieintegration

Mir kommt es vor, dass das Wort "Integration" das meistverwendete Wort des letzten Jahres war. Vielleicht wurde nur das Wort "Selfie" noch öfter gebraucht.

Mit Akzent

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Das ist auch leicht zu erklären – bei einem "Selfie" fotografiert man sich selber. Und die Menschen denken immer zuerst an sich selber und danach erst an den Anderen. Jeder kann ein Selfie machen: Man nimmt das Handy, man dreht es um (bei den neuen Handys braucht man nicht mal das zu machen) und man streckt seine Hand aus. Dein fröhliches Gesicht erscheint dann zusammen mit dem Eiffelturm, dem Kolosseum oder dem Guggenheim Museum. Ich habe es bisher nicht kapiert, warum man bei Selfies so deppert in die Kamera lächeln muss. Man muss sich unglaublich freuen, dass hinter deinem Kopf der Stephansdom wie ein riesiges Horn emporsteigt.

Touristen auf der Akropolis machen Selfies

Sigfrid Lundberg

Die Selfies haben eine Evolution durchgemacht. Ihr habt alle die Touristen mit ihren Selfiestangen gesehen. Das Ziel ist klar: Das Handy so weit entfernt zu halten, damit der Stephansdom nicht wie ein riesiges Horn erscheint, sondern wie ein kleines Hörnchen. Außerdem beinhalten Selfies nicht mehr nur eine Person. Zuerst fotografierte man sich zu zweit, dann zu dritt und zu viert. Gibt es eigentlich ein spezielles Wort für eine Dreierselfie? Die Zeit, wo man Wettbewerbe veranstaltet für das Selfie mit den meisten Leuten drauf, ist nicht weit entfernt, oder vielleicht gibt es sie schon. Bald gibt es sicherlich eine Stange, die so lang ist, dass sich ein ganzer Bus mit Touristen vor dem Schloß Schönbrunn fotografieren könnte.

Die Selfieevolution ist eigentlich der Weg zur Selfieintegration. Was bedeutet Integration? Das Kombinieren von unterschiedlichen Teilen in gemeinsames Ganzes. Ihr fragt euch jetzt sicherlich, wo der Zusammenhang liegt. Wir brauchen nur die längste Stange der Welt, damit wir alle zusammen auf ein gemeinsames Selfie passen. Dann könnten wir alle zusammen ins Objektiv schauen und gemeinsam "Käse" schreien. Die Stange wird so lang sein, dass der Stephansdom hinter uns wie ein Puppenhaus aussehen wird.