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Dalia Ahmed

Schaut gern Sachen im Internet und Leute auf der Straße

29. 4. 2016 - 18:04

When Life Gives Beyoncé Lemons

Ein Blick auf die Zutatenliste von Beyoncés audiovisueller Limonade.

Beyoncé Knowles (derweil noch) Carter könnte ihre Schlüssel droppen und ich würde es großartig finden, aber mit "Lemonade" hat sie ein Album plus dazugehörigen Kurzfilm herausgebracht, das alle Vorschusslorbeeren rechtfertigt.

In "Lemonade" erzählt Beyoncé nicht nur die Geschichte einer und vieler schwarzer Frauen zugleich, sondern startet die Kampagne ums beyonc'sche Vermächtnis. Spätestens jetzt müssen wir sie alle ernst nehmen. Richtig ernst.

In elf Kapitel unterteilt erzählt Beyoncé, im Unterschied zum letzten Album, eine geradlinige Geschichte. Das macht sie aber mit heterogenen Visuals und Musik, die von Dancehall (Hold Up) bis Country (Daddy Lessons) reicht. Die Story, die uns von "Lemonade" erzählt wird, ist die einer Frau, die betrogen wird, mit dem Verrat hadert und sich schließlich für Katharsis und so entschließt und ihrem Mann verzeiht. Ob das die Geschichte von Beyoncé und Jay Z, Beyoncés Eltern oder vielleicht überhaupt niemand Spezifisches ist, wissen wir nicht. Man kann nur spekulieren und sinnlos auf Designerin Rachel Roys Instagram-Account losgehen, weil gemunkelt wird, dass sie Jay Zs "Becky with the good hair" ist. Leider ist für viele noch immer die Frau, mit der ein Mann seine Frau betrügt, moralisch verwerflicher, als der Ehemann selbst und deswegen werden, wie in diesem Fall Rachel Roy, Rihanna oder Rita Ora kollektiv verhöhnt aka das Monika-Lewinsky-Syndrom.

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Screenshot/Tidal

Fürs Visuelle war bei "Lemonade" hauptsächlich Regisseur Kahlil Joseph verantwortlich. Über den man wenig weiß, nur, dass er vielleicht der nächste Hype Williams sein könnte. Joseph hat bereits mit Doug Aitken und Terrence Malick zusammengearbeitet und vor allem den Einfluss von Letzterem sieht man immer wieder im Film zu "Lemonade". In weiten Einstellungen fängt er wilde Wiesen, entrischen Baumwipfel und Felder ein, die Beyoncé (fast) ungeschminkt durchquert. "Lemonade" ist eine Postkarte aus dem Süden der USA. Aber nicht irgendein Süden, sondern spezifisch der afroamerikanische Süden. Stärkstes Symbol dafür sind die Plantation Houses, die jetzt von Beyoncé, Serena Williams, Quvenzhané Wallis, Zendaya, den Müttern von Mike Brown und Trayvon Martin, Ballerina Michaela DePrince und anderen Women of Color bewohnt werden.

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Screenshot/Tidal

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Beyoncé denkt das Black-Sein in den Südstaaten konsequent weiter und durchzieht das visuelle "Lemonade" mit afrikanischen Einflüssen. Während sie beim Audio-Teil des Albums nicht auf den aktuellen Afrobeat-Trend aufgesprungen ist, was eigentlich schade ist, hat Beyoncé für den Film haufenweise afrikanisch stämmige Künstler_innen eingespannt. Die Lieder bzw. Kapitel von "Lemonade" werden mit Gedichten der Somali-britischen Dichterin Warsan Shire verbunden. Im visuell spannendsten Video des Albums, "Sorry", war der nigerianische Künstler Laolu Senbanjo für das von den Yoruba inspirierte Bodypainting zuständig. Aber das sind nur die zwei markantesten Beispiele. Überall scheinen immer wieder kleine Verweise nach Afrika auf, wie eine aus Ebenholz gravierte westafrikanische Büste oder Kleider mit afrikanischen Waxprints.

Überhaupt spielt Beyoncé gerne das Reference-Game. Eine clever platzierte Nina Simone, Silk & Soul-Platte warnt uns zum Beispiel vor dem, was Queen B noch mit ihrem Lebenswerk so vor hat.

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Screenshot/Tidal

Aber nicht nur visuell wird gesampelt was das Zeug hält. Von der Yeah Yeah Yeahs Textzeile "They don’t love you like I love you" bis hin zum tatsächlichen Andy Williams "Can’t Get Used to Losing You"-Sample greift Beyoncé nach Kanye West-Manier tief in die Plattenkisten unterschiedlichster Genres.
Und kollaboriert mit den Feature Usual Suspects The Weeknd, Diplo, James Blake, aber auch Kendrick Lamar, Jack White und irgendwie über drei Ecken bzw. Tweets auch Ezra Koenig.

Genau diese eklektische Mischung aus musikalischen, wie visuellen Einflüssen definiert "Lemonade" und macht es zu Beyoncés bisher bestem Album.