Erstellt am: 28. 4. 2016 - 06:00 Uhr
Biopic, nein danke
Manchmal habe ich das Gefühl, dass Biopics nur gedreht werden, um die Abend- und Mittagsslots des Fernsehprogramms zu füllen. Wenn mich die Biografie von jemand interessiert, dann lese ich sie in einem Buch oder auf Wikipedia nach. Deshalb sind Filmbiografien für mich nur dann interessant, wenn sie irgendwas anderes zu bieten haben.
Vorsicht: milde Spoiler
Genau das versäumt der neue Roschdy-Zem-Film "Monsieur Chocolat" mit Omar Sy und Charlie Chaplins Enkel James Thiérrée in den Hauptrollen. Der Film beruht, wie so viele andere auch, "auf einer wahren Begebenheit" und erzählt die Geschichte Rafael Padillas. Der Sohn kubanischer Sklaven erlangte Ende des 19. Jahrhunderts als der Clown "Chocolat" große Berühmtheit in Frankreich. Er war Teil eines komödiantischen Duos, bei dem er den Dummen August mimte, und hatte irgendwann genug vom Uncle-Tom-tum, wollte sich befreien und dramatisches spielen, aber scheiterte.
Mandarin Cinema - Gaumont / Julian Torres
Monsieur Chocolat erzählt diese aufgeladene Geschichte ganz nett, aber irgendwie fehlt es an irgendwas Greifbarem. Mit dem genau gleichen Problem haderte es schon in der ersten großen Rolle von Omar Sy in "Ziemlich beste Freunde", wo er als schwarzes Helferlein das Herz des alten weißen Kauz mit seiner lieblichen Art erwärmte. "Monsieur Chocolat" operiert zwar nicht mit einem ganz so großen Holzhammer, aber irgendwie tut es mir schon leid, dass Omar Sy nie spannendere Rollen angeboten bekommt.
Und jetzt noch ein paar Biopics, die mehr sind als nur Oscarbait oder Prestigeprojekt für abgestumpfte Hollywoodstars und Regisseure.
Alles von Martin Scorsese. Wenn es jemand versteht, die Lebensgeschichte eines Underdogs ins Filmische zu übersetzen, dann Scorsese. "The Wolf of Wall Street", "Aviator" oder "Raging Bull" - alles Biopics, die mehr ergeben als die Summe ihrer Teile.
Beim ersten Schauen fand ich "12 Years a Slave" lang und anstrengend, bis mir irgendwann auffiel, dass es sich beim Leben als Sklave wahrscheinlich auch so verhält. Nur halt circa einhunderttausend Mal schlimmer.
Naja, "Soy Cuba" ist nicht wirklich ein Biopic, aber eigentlich erzählt Kalatozovs, als Propaganda konzipierter Film nicht die Geschichte von nur einer Person, sondern die einer ganzen Nation und das mit Aufnahmen, die einem das Gefühl geben, man würde selbst durch Havanna spazieren.
Alles von Julian Schnabel. "Basquiat", "Schmetterling und Taucherglocke" und "Before Night Falls" sind genau das, was Filmbiografien sein sollten. Man erfährt ein bisschen was über den Protagonisten, aber gleichzeitig bekommt man einen großartigen Film geboten, der auch ohne "Beruhend auf einer wahren Begebenheit" auskommen würde.
Honorable Mention: "Cool Runnings" und "Mishima - Ein Leben in vier Kapiteln"