Erstellt am: 27. 4. 2016 - 18:01 Uhr
Hatsune Miku live in Krems
Donaufestival
Donaufestival 2016:
29.April - 1.Mai &
5. Mai - 7.Mai, Krems.
Das gesamte Programm inklusive aller Infos findet man hier.
Hatsune Miku ist ein Android mit türkisfarbenem Haar. Bei ihren Livegigs tritt der virtuelle Popstar, dessen Stimme aus einem Synthesizer kommt, als Hologram-artige Projektion auf.
In musikalischer Hinsicht sind viele typische Songs nah am J-Pop angesiedelt - auch wenn sie oft gar nich aus Japan kommen. Der englischsprachige Song "Addicted" wurde produziert von VocaCircus, einem Producer aus den USA - einer von vielen Usern der Computersoftware Vocaloid. Aus diesem Sprachsynthesizer kommt die Stimme von Hatsune Miku, denn sie ist eine von Dutzenden verschiedenen Charakteren der singenden Yamaha-Software. Die Figur des sechzehnjährigen Androiden wurde im Lauf der Jahre quasi zum Maskottchen von Vocaloid und vor allem in Japan zum Star.
Der Name der virtuellen Sängerin setzt sich aus den japanischen Worten hatsu (初, der/die/das erste), ne(音, Klang) und miku (ミク, Zukunft) zusammen. Hatsune Miku könnte man also mit "Erster Klang der Zukunft" übersetzen.
Beim Komponieren mit Vocaloid programmiert oder spielt man die Tonhöhen an Computer und MIDI-Keyboard, auch Modulationen werden eingegeben, den Text schreibt man in Lautschrift. Weil viele User der Software nicht dem J-Pop, sondern diversen Spielarten der elektronischen Musik zugeneigt sind, singt Hatsune Miku oft auch zu Dubstep-Tunes:
Teil des Phänomens Hatsune Miku ist die Kollaboration von Künstlern: Sie schreiben Songs gemeinsam im Netz und sie nutzen 3D-Software wie die Freeware MikuMikuDance, die der visuellen Repräsentation des virtuellen Popstars dient. Die weltweite Community ist also das wesentliche Merkmal, das Hatsune Miku von virtuellen Bandprojekten wie etwa den Gorillaz unterscheidet.
Yamaha
Zur popkulturellen Signifikanz Hatsune Mikus gehört auch die Tatsache, dass es eine Anime-Serie mit ihrem Namen gibt, sowie eine Reihe von guten Videospielen - etwa die "Project Diva"-Serie. Aber auch etablierte Popstars der physischen Welt können sich der virtuellen Sängerin mitunter schwer entziehen: In einem Pharrell-Williams-Song ist sie Gast, sie trat bei David Letterman auf und Lady Gaga hat den Hatsune-Milku-Song "Glass Wall" bei einem ihrer Artpop-Ball-Konzerte gecovert.
Auch mit einem ihrer virtuellen männlichen Freunde tritt die Sängerin mitunter live auf: Kaito diente bereits vor dem Erscheinen von Hatsune Miku als Figur für eine Vocaloid-Gesangsstimme - hier in einer Liveversion des Songs "Cantarella":
Die Menge an Coverversionen, selbst komponierten Songs und Experimenten, die sich im Lauf des vergangenen Jahrzehnts angesammelt hat, überrascht - und doch ist das erst der Anfang. Die Technologie, Gesang mittels Synthesizer-Software zu generieren, steckt noch in den Kinderschuhen. Hatsune Miku und Konsorten klingen also noch künstlich - viele Musiker mögen den Klang der Computerstimmen und nutzen gekonnt ihre Stärken. Das erinnert an HipHop- und Techno-Musiker, die in den achtziger Jahren Geräte wie den TR-808-Drumcomputer oder den TB-303 Bassline-Synth gerade deshalb eingesetzt haben, weil sie artifiziell klangen. Viele dieser elektronischen Instrumente kommen von japanischen Firmen wie Roland, Yamaha und Korg. Wenn sich ihr Klang mit der Chiptunes-Ästhetik der achtziger Jahre und dem finnischen "Ieva Polkka" vereint, dann kommt dabei der derzeit meistgehöre Hatsune-Song auf Youtube heraus. Die Coverversion wurde aufgrund ihrer Beliebtheit auch im Spiel "Project Diva 2F" verwendet.
Die Live-Show von Hatsune Miku findet am Freitag, 29. 4. auf dem Donaufestival in Krems statt (19 Uhr). Zu hören sind bei diesen Auftritten meistens eher Songs, die nach Stadionrock klingen, und leider weniger von den wunderbar experimentellen Dubstep- und Electro-Tracks aus dem Internet. Eine interessante Multimedia-Show ist das ganze natürlich trotzdem.
In kulturhistorischen Erklärungen für die Begeisterung Japans mit Androiden, Robotern und virtuellen Popstars werden Animismus und Shinto-Religion herangezogen, aufgrund derer Statuen von Menschen und Tieren eine Seele zugesprochen wird. Auch die Tatsache, dass in Japan seit dem 18. Jahrhundert die Karakuri Ningyo - mechanisch bewegte Puppen - populär sind, dient als Erklärungsversuch für die für Europäer oft unverständliche Zuneigung der Japaner für leblose Figuren und das Virtuelle. Einer tanzenden Puppe sieht man sozusagen auch bei einem "Live"-Auftritt von Hatsune Miku zu - der virtuelle Popstar wird von Videokünstlern und Lichttechnikern durch Projektionen erzeugt. Das ewig sechzehnjährige Teenagermädchen dient dabei - genauso wie ihr männlicher Gegenpart Kaito - auch als Projektionsfläche für die Wünsche der Fans.