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Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

27. 4. 2016 - 15:22

Dem Sieger zugute

Da ich bei den vergangenen Wahlen nicht wählen durfte, möchte ich mit dem Artikel hier den freiheitlichen Kandidaten bei der Stichwahl gerne unterstützen. Denn alle Ausländer sind Gauner und Verbrecher. Allen voran natürlich ich.

Mit Akzent

Die unaussprechliche Welt des Todor Ovtcharov und sein satirischer Blick auf das Zeitgeschehen - jeden Mittwoch in FM4 Connected und als Podcast.

"Die Leiden des jungen Todor"
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Bald werden es zehn Jahre, seitdem ich in Österreich lebe. Ich habe schon von Anfang an das System ausgetrickst. Vor zehn Jahren brauchte man in Österreich als Bulgare ein Visum. Um dieses Visum zu bekommen, musste man bei den Behörden nachweisen, dass man mindestens 5.000 Euro auf dem Konto hat. Diese Summe war zu hoch für meine Eltern in Bulgarien und keine Bank würde einem bulgarischen Studenten einen Kredit geben. Ich lieh mir Geld von diversen Leuten, zahlte es auf mein Konto ein, machte den Kontoauszug und gab das Geld zurück. Bei der Visaverlängerung hab ich das Ganze noch einmal wiederholt. Und genau so machten es 95 Prozent der Menschen, die ein Visum brauchten. Danach durften wir Studiengebühren und Krankenversicherungsbeiträge zahlen, aber zuerst mussten wir den Staat belügen.

Bundespräsidentenwahl

APA / Robert Jäger

Denkt nicht, dass dass die Sache überholt sei. Ich kenne mindestens drei Menschen aus der Ukraine oder die Türkei, die es heute genauso machen. Die Summe ist mittlerweile auf 8.000 Euro angestiegen. Die Freiheitlichen haben Recht: Ausländer sind schädliche Verbrecher.

Jahrelang durfte ich nicht legal arbeiten. Einige meiner Joberlebnisse habe ich schon in dieser Kolumne hier beschrieben. Als Regel wurde ich von meinen Arbeitgeber als Mensch "zweiter Klasse" behandelt. Wann immer ich versucht habe, mich zu beschweren, wurde ich in der Regel entlassen. Ich konnte mich auch nirgendwo beschweren, denn ich war niemand. Und ein "Niemand" darf sich nicht beschweren. Egal, dass meine Arbeitgeber sich an mir bereicherten - Ich war der Illegale und sie hatten das Recht, illegale Arbeiter nicht zu mögen. Ich lebte jahrelang in einem neuen Feudalismus. Sie wurden reicher, ohne mich zu versichern, und ich war schuld an der steigenden Arbeitslosigkeit.

Der Kandidat, der mehr als 35 Prozent bei den Bundespräsidentschaftswahlen bekommen hat, will, dass das AMS Ausländern keine Jobs vermittelt. Der nächste Schritt wäre dann wohl, Ausländer in abgetrennten Vierteln leben zu lassen (warum nicht in solchen, die von Mauern umschlossen sind, so könnte man ja die Ausländer besser kontrollieren?)

Ich bin auch weiterhin bereit über mich und andere Ausländer und ihrer Betrügereien zu berichten. Denn Spitzel haben auch die Faschisten immer toleriert.