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Rainer Sigl

Spiel, Kultur, Pop im Assoziationsblaster.

27. 4. 2016 - 14:24

Revolution spielen in Teheran

"Revolution 1979: Black Friday" verpackt die iranische Revolution in eine Dokumentation zum Spielen.

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Am Ende sind es Fotografien, die im Gedächtnis bleiben. Bilder von protestierenden Menschenmassen, Demonstranten, die von der Polizei verprügelt werden, bettelnde Frauen und Bilder von Toten, die in Schwaden von Tränengas liegen. Es ist selten, dass wir als Spielerinnen und Spieler einmal nicht mit der Waffe im Anschlag durch blutige Revolutionen laufen.

In "Revolution 1979: Black Friday" schießen wir nur mit unserer Kamera, und wer dabei Freund oder Feind ist, bleibt oft im Ungewissen. In der Gestalt des jungen Fotografen Reza werden wir in die chaotischen Tage des Jahres 1979 verwickelt, als im Iran die von der US-Regierung gestützte Monarchie in einer blutigen Revolution ihr Ende findet. Als Zeitzeuge werden wir in den Strudel der Gewalt gezogen und müssen uns immer wieder entscheiden, auf wessen Seite wir stehen. Einfache Antworten gibt es dabei nicht, denn die Frage nach "Gut" und "Böse" lässt sich nicht einfach beantworten.

Zeitgeschichte, sehr persönlich

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Abgesehen vom zeitgeschichtlichen Thema hat "Black Friday" eine weitere Besonderheit, denn es ist stark autobiografisch geprägt. Zwar war sein Entwickler Navid Khonsari im Jahr 1979 erst zehn Jahre alt, doch die Atmosphäre jener Jahre und viele Details der Familiengeschichte flossen in das Spiel mit ein.

Das macht das Spiel zum einen zur beeindruckenden Dokumentation, wenn etwa die von Spielerinnen und Spielern geschossenen Fotos historischen Aufnahmen gegenübergestellt werden. Zum anderen lässt es uns aber in intimen Momenten am Leben realer Personen, der Familie des Entwicklers, teilhaben, wenn echte Amateurvideos, Familienfotos und Figuren, die spürbar auf den Schicksalen echter Menschen beruhen, das Spielgeschehen sehr persönlich werden lassen. Diese Mischung aus Videospiel und Dokumentation hat man bislang tatsächlich noch nicht gesehen.

Auch heute, 37 Jahre später, ist das Thema der islamischen Revolution noch immer politisch brisant: Das nach wie vor herrschende religiöse Regime im Iran hat das Spiel verboten und seinem in Kanada lebenden Macher politische Propaganda vorgeworfen. Dabei ist "Black Friday" weit davon entfernt, simple Aussagen zu treffen.

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Tolles Konzept, kleine spielerische Schwächen

Wie bei den Adventures zu "The Walking Dead" stehen schwierige moralische Entscheidungen im Zentrum des mit etwa zwei Stunden Spielzeit recht knappen, aber auch darum fesselnden Adventures. Es gibt keine richtigen oder falschen Lösungswege, dafür aber eine ungefähre Ahnung davon, wie sich das Chaos einer echten Revolution anfühlen könnte. Dass sich die seltenen, obligatorischen Quick-Time-Events und auch die übrigen "klassischen" Gameplay-Versatzstücke nicht so ganz harmonisch ins Spiel einfügen, verzeiht man dem ambitionierten Projekt ebenso wie kleinere technische Stolperer etwa bei Kamerawechseln.

"Revolution 1979: Black Friday" ist für Windows und Mac erschienen.

Es ist eine große Leistung von "Revolution 1979", sich eines im Westen wenig behandelten Themas und der Geschichte eines jetzt wieder in die Öffentlichkeit rückenden Landes anzunehmen. In vielen Details vermittelt das Spiel das Bild einer westlichen, modernen iranischen Gesellschaft, die nach der Machtergreifung der islamischen Revolutionäre für lange Jahre verschwand.

Es ist der Beweis dafür, dass ein Spiel politisch und dokumentarisch, aber zugleich auch berührend und spannend sein kann. Nach "That Dragon, Cancer" ist "Revolution 1979" 2016 bereits das zweite Spiel, das Persönliches, und in diesem Fall auch Historisches, im interaktiven Medium Computerspiele erlebbar macht.