Erstellt am: 25. 4. 2016 - 14:46 Uhr
Dunkler Frühling
Es war einmal eine Einwandererfamilie, die irgendwo im Niemandsland von Neuengland einen einsamen Bauernhof bewohnte, hinter dem kleinen Häuschen lauerte der dunkle Wald. Als die pubertierende Tochter eines Tages mit dem jüngsten Baby im Arm zwischen den Tannenbäumen herumspaziert, passiert etwas Schreckliches. In einem winzigen Moment der Unaufmerksamkeit verschwindet das Kleinkind spurlos. Die religiös fanatischen Eltern machen die heulende Tochter verantwortlich, während in einem Hexenhaus, tief im Wald, ein schreckliches Ritual beginnt.
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Horror im Hexenhaus
Robert Eggers beim Sundance-Festival gefeierter Indieschocker "The Witch" beginnt wie ein typisches Märchen. Und wird dann grimmiger als die Brüder Grimm. Der junge US-Regisseur verzichtet auf all die effekthascherischen Momente, die man aus einschlägigen Besessenheitsfilmen Marke Hollywood kennt. Ganz langsam, stellenweise bewusst schleppend erzählt er seine bewusst schlichte Story, baut dabei aber eine Atmosphäre auf, die es in sich hat.
"The Witch" startet am 19. Mai regulär in den österreichischen Kinos
Dabei verstört "The Witch", diese "New England Folktale" aus dem 17. Jahrhundert, nicht bloß mit bedrückenden, schweren, zugleich realistischen Bildern und einer ausgesucht sinistren Tonspur. Der beklemmend gut gespielte Film - besonders die Kinderdarsteller flößen ernsthaft Angst ein - bedrückt auch durch seine ideologische Ambivalenz. Man kann "The Witch" nämlich einerseits als harte Kritik am religiösen Fanatismus dieser Zeit lesen. Andererseits dürfte auch so mancher Hardcore-Katholik den Film lieben, weil er schlimmste Befürchtungen bestätigt. Aber diese Zwiespältigkeit galt ja auch schon für Klassiker des teuflischen Kinos wie "The Exorcist".
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Männerfressende Meerjungfrauen & blutgierige Bestien
"The Witch" wird demnächst ganz regulär in unseren Kinos anlaufen, ist zuvor aber der schön-schaurige Eröffnungsfilm des heurigen Slasheinhalb-Festivals. Während draußen die Knospen erblühen und der Frühling regiert, herrscht im dunklen Saal des Wiener Filmcasinos wieder der wohlige Schrecken. Als Vorspiel zum großen Slash-Marathon im September sorgt die Miniaturausgabe vom 28.04. bis 30.04. für Gänsehaut, wieder in Kooparation mit dem Crossing-Europe-Festival.
Gesehen habe ich für meinen Teil außer dem Hexenwahnsinn und der ziemlich bravourösen Blut-, Beuschel- und Geister-Anthologie "Southbound" (Die Macher der "VHS"-Reihe liefern einen Episodenstreifen ganz ohne grobkörnige Wackelbilder ab) noch nichts, umso größer ist die Vorfreude auf das wilde Kino-Happening. Da ist zum Beispiel das verlockende polnische Horror-Musical "The Lure", rund um männerfressende Meerjungfrauen. Oder "February", das Horrorfilmdebüt von Oz Perkins, dem Sohn des göttlichen Anthony alias "Psycho"-Darling Norman Bates.
Kurator Markus Keuschnigg wird am Mittwoch im "House of Pain" ausführlich über das Programm des "Slasheinhalb"-Festivals sprechen.
"Summer Camp", vom “REC“-Produzenten Alberto Marini, klingt nach sommerlichem Teenie-Slasher, überrascht aber mit einem Virus, der die Infizierten in blutgierige Bestien verwandelt. Der vertrauenswürdige spanische Regie-Maniac Álex de la Iglesia liefert dagegen mit "My Big Night" eine angeblich extrem heftige Satire auf die spanische Unterhaltungsindustrie ab. Im französischen Mashup-Movie "In Search Of The Ultrasex" kollidieren oder besser kopulieren unzählige Szene aus alten Pornos miteinander, japanische Sex-Roboter inklusive.
Slashfestival
An solchen Filmen merkt man auch, dass das Slasheinhalb wie das eigentliche Slash Festival stets auf großartige Weise die bisweilen engen Horror-Grenzen überschreitet, Sex, Gewalt und gute Laune geben bei Kurator Markus Keuschnigg gleichermaßen den Ton an. Ich wünsche viel Vergnügen und herrliche Tabubrüche.