Erstellt am: 22. 4. 2016 - 06:00 Uhr
Wettlauf mit dem Klimawandel
Im Plenarsaal der Klimakonferenz bricht spontan Jubel aus, als Laurent Fabius, Präsident der COP21, mit seinem kleinen grünen Hämmerchen auf den Tisch klopft und verkündet: "L'accord de Paris est accepté".
COP21
Nach langen schwierigen Verhandlungen gab es am 12. Dezember endlich ein neues Klimaabkommen. Ein "historisches" noch dazu: 196 Länder haben sich auf einen rechtsverbindlichen Vertrag zur Rettung der Erde geeinigt. Das gab es vorher noch nie.
"Das Ende des fossilen Zeitalters ist eingeläutet", kommentiert Umweltminister Andrä Rupprechter noch am gleichen Abend das Ergebnis und versteht "Paris als Auftrag", um "jetzt die Umsetzung der Klimaziele zu starten".
Raus aus Kohle, Öl und Gas bis 2050
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Wie sehen diese Klimaziele aus? Die Erderwärmung soll weit unter 2 Grad, möglichst sogar unter 1,5 Grad Celsius gehalten werden und bis 2050 soll weltweit der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas geschafft sein.
Für Österreich formuliert Rupprechter weitere Teilziele:
- 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030
- 50 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien bis 2030
- Und nochmals: Raus aus Kohle, Öl und Gas bis 2050
Um diese Ziele zu erreichen, arbeitet das Umweltministerium derzeit an einer "integrierten Klima- und Energiestrategie". Noch im April wird ein erster Entwurf erwartet, nach einer Konsultationsphase soll sie schließlich im Herbst vom Parlament verabschiedet werden.
Der Klimawandel wartet nicht
Zu spät, sagen Greenpeace, Global2000 und der WWF. Die Umweltorganisationen kritisieren, dass die UN-Klimaziele in Österreich noch nicht im Gesetzestext stehen. Dafür müsse man die offizielle Zeremonie heute in New York nicht abwarten, sagt Adam Pawloff von Greenpeace:
Im österreichischen Klimaschutzgesetz sind derzeit Höchstwerte für Treibhausgas-Emissionen bis 2020 festgelegt.
"Entscheidend ist nicht die Unterzeichnung, sondern die Ratifizierung des Klimaabkommens durch die nationalen Parlamente. Im Übrigen haben Länder wie Großbritannien, Frankreich oder Deutschland in den letzten Jahren bereits ganz unabhängig vom Pariser Vertrag und den vorgegeben EU-Zielen weitreichende Klimaziele bis 2030 bzw. 2050 verabschiedet. Diesem Beispiel sollte Österreich folgen."
Die Umweltorganisationen haben daher sogar schon Vorschläge für Novellen des Ökostrom- und Klimaschutzgesetzes formuliert und dem Parlament eine entsprechende Energiewende-Petition mit rund 27.000 Unterschriften überreicht - inklusive Zwischenzielen und Maßnahmen für etwa thermische Gebäudesanierungen.
Greenpeace / Georg Mayer
Salopp gesagt, haben die NGOs quasi die Arbeit der Regierung erledigt. Helmut Hojesky vom Umweltministerium betont allerdings, dass der UN-Vertrag nicht gesetzlich verankert werden könne, solange er noch nicht unterschrieben sei und dass ohnehin bereits viel zur Erreichnung der Klimaziele getan werde: "Beispielsweise die Förderung der Elektromobilität. Wir haben den Ankauf von 1000 E-Fahrzeugen für Unternehmen durch den Klima- und Energiefonds unterstützt. Das ist nur eine Maßnahme von vielen."
Mit 31,5 Prozent Anteilen ist die Republik Österreich nach wie vor einer der Hauptaktionäre der OMV, einem der größten europäischen Öl- und Gasunternehmen.
Dem gegenüber stehen jedes Jahr umweltschädliche Subventionen in Milliardenhöhe, Wirtschaftsinteressen, die klar fossile Energien bevorzugen und die Hemmung, auch einmal unpopuläre Entscheidungen wie etwa für eine CO2-Steuer zu treffen.
"Diese Probleme sind uns bewusst", sagt Hojesky. "Allerdings muss die Bevölkerung mit solchen Maßnahmen mitgehen und das Umdenken muss in jedem von uns stattfinden. Jedem einzelnen muss klar werden, dass er Vorteile hat, wenn er klimafreundlich handelt."
Außerdem, so der Vertreter des Umweltministeriums weiter, hat Minister Rupprechter den Energiewendevertrag auf EU-Ebene initiiert. Dieser soll den Ausstieg aus fossilen Energien antreiben, ohne auf Atomkraft auszuweichen.
Feilschen um Emissionsgrenzen
In Brüssel ist aber noch nicht einmal geklärt, welches Land wieviel an Treibhausgas-Emissionen einsparen muss. Das gemeinsame Ziel für die EU lautet minus 40 Prozent bis 2030. Die genaue Aufteilung, die sogenannte Effort Sharing Decision wird allerdings erst im Juni verhandelt.
Klimaschutz ist auch Thema bei den ERDgesprächen am 3. Mai im Museumsquartier
Zu Gast sind:
- Alan Rusbridger, Ex-Chefredakteur von The Guardian
- Céline Cousteau, Filmemacherin und Taucherin
- John Thackara, Designkritiker
- Simon Norfolk, Landschaftsfotograf
"Auch diese Entscheidung hätte man schon vor Paris treffen können", kommentiert Greenpeace-Klimasprecher Pawloff die politischen Abläufe und weist noch auf eine "ganz konkrete Gefahr" hin: "Wenn einzelne EU-Staaten, ich sage mal vorsichtig Polen, Tschechien und andere osteuropäische Länder, die Ratifizierung verzögern, kriegt die EU, die bei den Klimakonferenzen ja als Block verhandelt, kein Mandat auf der nächsten Konferenz im Dezember in Marrakesch." Damit wäre sie von Entscheidungen über die Zukunft des Planeten ausgeschlossen. Ein Szenario, das hoffentlich nicht eintreten wird, denn das Feilschen um die Emissionsgrenzen ist noch lange nicht zu Ende.
Mit den aktuellen Reduktionszielen des Pariser Abkommens würde sich die Erde nämlich um bis zu 4 Grad erwärmen. "Mit allen negativen Folgen", so Helmut Hojesky, "Dürre, Überflutungen, immer mehr extreme Wetterereignisse - all das macht unseren Planeten wirklich nicht mehr lebenswert. Wenn man das bedenkt, sollte der Umstieg auf erneuerbare Energien eigentlich nicht schwer fallen. Denn er ist möglich. Er ist technisch möglich, er ist finanziell möglich. Man braucht nur den Willen, es zu tun."
Bleibt zu hoffen, dass sich die Politik ihre eigene Mahnung zu Herzen nimmt.