Erstellt am: 20. 4. 2016 - 11:08 Uhr
Mogwais Filmsoundtrack "Atomic"
"Episch" beschreibt die Musik von Mogwai sehr gut. Die schottische Band Mogwai ist mit ihrem Debüt "Young Team" vielleicht nur auf Platz 6 von Philipp L'heritiers "Die großen 10 Postrock-Bands" zu finden, dafür sind Mogwai die immer noch aktivste Band auf dieser Liste.
Nicht nur umtriebig, was ihr Label Rock Action Records betrifft (Sacred Paws, Errors, De Rosa!), sondern auch ihr eigenes Werk. Letztes Jahr haben sie mit "Central Belters" eine Best-Of-Compilation veröffentlicht. Musik von Mogwai lebt von Laut-leise-Momenten, hat eine Wucht und nicht selten auch Humor. Gerade weil Mogwai großteils Instrumental-Songs machen, sind es vor allem die Songtitel, bei denen der Humor der schottischen Musiker durchschimmert – wie etwa bei "I'm Jim Morrison I'm Dead" oder "Glasgow Mega Snake". Glücklich kann sich der oder die schätzen, die eines ihrer frühen Band-T-Shirts besitzt, auf denen der einfache Satz "blur are shite" zu finden ist. Vermisst wird der mittlerweile seit einem Jahr in Hungerstreik befindliche Twitter Account @MogwaiEat, auf dem die Band über Kulinarisches berichtet.
Vor kurzem haben Mogwai mit "Atomic" ihre nun schon dritte Soundtrack-Arbeit veröffentlicht. Sie haben die französische TV-Serie "Les Revenants" vertont und die Musik für Douglas Gordans imposante Doku "Zidane: A 21st Century Portrait" beigesteuert. 17 Kameras waren ein ganzes Spiel lang einzig auf den Fußballer Zinedine Zidane gerichtet gewesen. Auch wenn Fußball das vielleicht naheliegendere Lieblingsthema der Band ist – Mogwai haben auf einer ihrer früheren Japan-Touren Hiroshima besucht, und der Besuch im Friedenspark ist der Band stark in Erinnerung geblieben.
Mogwai werden am 1. Mai 2016 am Donaufestival in Krems auftreten.
Das neue Album trägt den Namen "Atomic" und enthält überarbeitete Filmmusik für Mark Cousins BBC-Doku "Atomic: Living In Dread And Promise". Regisseur Mark Cousin hat ausschließlich Archiv-Aufnahmen verwendet, um den Schrecken des Nuklear-Zeitalters zu dokumentieren. Kalter Krieg, Tschernobyl, Fukushima aber auch medizinische Fortschritte, die durch die Nuklearforschung ermöglicht wurden (Röntgen, MRI-Scans). Es gibt wohl kaum eine passendere Band, um dieses Thema zu vertonen, als Mogwai. Eine Band, die lieb und brachial zugleich sein kann. Quasi ein Atompilz von einer Band. Statt Jodtabletten empfehlen sich Ohropax.
In einem Interview mit der BBC erklärt Mogwai-Gitarrist Stuart Braithwaite, dass die Arbeit besonders spannend war, weil sie im Studio spielerischer sein konnten: "It gave us the opportunity to do things we wouldn't have normally done – some of it kinda had faster pace. The last song on the record is just really contemplative and something I don't know if we would do on our own records so it was a lot of fun to do!"
Mit dem Opener-Song "Ether" haben sich Mogwai als Wagners Erben versucht: "Ether" is the start of the film and it is actually the most positive part. There's loads of scenes of nature like plants sprouting and there's also loads of scientific sort of experimental things. It's a sort of uplifting start of the film. Originally Mark (Cousin, Regisseur) had a Wagner piece at the start, so this is kind of Mogwai does Wagner!"
Weitere Songs auf dem Album tragen Titel wie "Pripyat", "Bitterness Centrifuge", "Little Boy" oder "Fat Man". Es gibt diesmal außerordentlich viel Synthies zu hören. Einer der spannenderen Momente ist die Geige bei "Are You A Dancer" und der schon erwähnte Wagner'sche opening song "Ether".
Mogwai's Musik hatte schon immer cineastische Kräfte. "Atomic" ist jetzt das erste Mogwai-Album, bei dem man sich die Bilder zur Musik nicht mehr selber ausdenken kann, nicht mehr selber ausdenken muss - weil sie der Albumtitel "Atomic" schon vorgibt.