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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

20. 4. 2016 - 11:37

Boss Fight Books

Ein kleiner Verlag von der US-Westküste veröffentlicht essayistische Bücher über ausgewählte Computerspiele.

Ich ärgere mich schon lange Zeit darüber, dass viele Sachbücher und TV-Dokumentationen über digitale Spielkultur weiterhin weitgehend konzeptlos sind. Allzu oft wird über Games an sich gesprochen und so berichtet, als wären wir noch in den späten 1970er Jahren, wo das Computerspiel noch eine brandneue Kulturtechnik war.

In Wahrheit verfügt das Medium mittlerweile natürlich über eine immense Vielfalt, die sich auch in der Literatur niederschlagen sollte. Tut sie aber kaum. Durch die gebündelte Kraft von Web und Crowdfunding kommen manchmal aber doch fantastische Projekte an die Oberfläche, die in einigen Fällen auch - zumindest im kleinen Rahmen - erfolgreich sind. Etwa "Boss Fight Books", ein junger Verlag, der vor knapp drei Jahren angetreten ist, essayistische Bücher über ausgewählte Computerspiele zu publizieren.

Boss Fight Books, übereinander gestapelt

Boss Fight Books

Verspielte Paperbacks

Die Paperback-Auflagen der einzelnen Bücher sind unterschiedlich hoch. Von "Spelunky" ist die erste Auflage - 1.100 Stück - zwei Wochen nach der Veröffentlichung schon so gut wie ausverkauft.

Das Grundkonzept von Boss Fight Books ist, dass sich jedes Buch ausschließlich einem Spiel widmet. 5.000 US-Dollar haben Verlagsgründer Gabe Durham und sein kleines Team Mitte 2013 sammeln wollen, geworden sind es am Schluss der Kampagne über 45.000 Dollar. Vor kurzem hat der kleine Verlag sein neuestes Buch veröffentlicht: "Spelunky", über das gleichnamige Spiel, geschrieben von Derek Yu, dem Gamedesiger selbst. Die vorigen zehn Bücher waren von diversen Autoren, die auch gar nicht immer hauptsächlich mit Computerspielkultur zu tun haben. Diese Vielfalt ist eine publizistische Maxime von Boss Fight Books.

Das Cover von "Spelunky": eine Melanzani

Boss Fight Books

Geschrieben worden ist etwa schon über "Super Mario Bros. 2", "Metal Gear Solid", "Chrono Trigger" oder "Shadow of the Colossus". Alle Boss Fight Books haben eine informative, essayistische Erzählform. Wissenschaftliche Fachterminologie und typisches Gamer-Lingo werden weitgehend außen vor gelassen, sagt Gabe Durham im FM4 Interview. Das soll auch Menschen außerhalb der Games-Communities dazu einladen, in die Paperbacks (oder Ebooks) reinzulesen.

Wider den Hype und schnelle Bilder

Boss Fight Books kann man wahlweise als Paperbacks oder Ebooks bestellen.

Weil der Verlag auf viel positive Resonanz und Aufmerksamkeit stößt, trudeln mittlerweile auch viele Manuskripte ein.

Aber nicht nur inhaltlich sind die Boss Fight Books eine Erfrischungskur für die bisherige Games-Literatur. Auch das Layout ist schick und minimalistisch gehalten, mit jeweils nur der Abbildung eines bestimmten Gegenstandes am Cover, der einen klaren Bezug zum Spiel hat. Auf Zeichnungen, Bilder oder Screenshots im Buch wird gänzlich verzichtet.

"Es geht um Substanz", sagt Gabe Durham. "Bei Videospielkultur ist es so lange nur um Bilder, Previews, Trailer und das Hypen von aktuellen Spielen gegangen. Und Bücher über Spiele drehten sich hauptsächlich um die Geschichte von Games an sich und dabei vorrangig um wissenschaftliche Aspekte. Das wollten wir bereits ändern, schon bevor unser erstes Buch erschienen ist."

Das Cover von "Chrono Trigger": ein Igel

Boss Fight Books

Eine Saison besteht bei Boss Fight Books aus sechs Büchern. Übrigens kann pro Saison über einen Spieletitel bzw. ein Buch abgestimmt werden. Am besten den offiziellen Twitter-Account im Auge behalten.

Als nächstes wird ein "World of Warcraft"-Buch erscheinen, und in Kürze (27. April) startet Boss Fight Books eine weitere Crowdfunding-Kampagne für die nächste Saison. Derzeit sind die Autoren weitgehend Männer, und geschrieben wird ausschließlich in Englisch. Weil Diversität aber für Gabe Durham und Team sehr wichtig ist, wird daran gearbeitet, das zu verbessern. Und auch ein Boss Fight Book übersetzt aus einer anderen Sprache ist für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Man stelle sich nur vor, der legendäre Designer von "Super Mario" und "Zelda" würde mal seine Geschichten niederschreiben wollen. Shigeru Miyamoto würde man natürlich mit offenen Armen empfangen, sagt Gabe Durham lachend gegen Ende des Interviews.