Erstellt am: 15. 4. 2016 - 13:30 Uhr
Gleich an Würde und Rechten?
Fragments Filmfestival
Fragments, Filmfestival der Menschenrechte, 21. bis 25. April, Graz
Die erste "Menschenrechtsstadt" Europas zu sein, dazu entschloss sich Graz vor fünfzehn Jahren. Der Gemeinderat war einstimmig dafür, zukünftig in all seinem Handeln das Thema Menschenrechte zu berücksichtigen. Die Stadt ist jetzt auch als Sponsor des neuen Filmfestivals Fragments involviert. Das Programm des Festivals blickt in ferne und näher gerückte Länder.
Riesenthema Flucht
Flucht bildet hier das große Hauptthema, von Klassikern wie "Casablanca" oder Radu Mihaileanus "Zug des Lebens" bis zur Österreich-Premiere des Siegerfilms der diesjährigen Berlinale: Die Doku "Fuocoammare" von Gianfranco Rosi ist der Eröffnungsfilm am 21. April.
Das Fragments Festival bietet auch Gelegenheit, eventuell während ihrer Kinolaufzeit versäumte österreichische (Ko-)Produktionen endlich und doch noch auf großer Leinwand zu sehen. Empfehlungen für Jakob Brossmanns "Lampedusa im Winter", Gerald Igor Hauzenbergers "Last Shelter" und Ed Moschitz' "Mama Illegal".
Das Programm setzt sich insgesamt aus tollen Filmen zusammen, die hierzulande beim Jüdischen Filmfestival, beim Crossroads in Graz oder beim Crossing Europe in Linz gezeigt worden sind. Wie z.B. Sergej Loznitsas Film "Maidan".
Sergej Loznitsa
Grauenhafte Tatsachen wie die Tötungen weiblicher Babys in Indien, aber auch schöne Momente wie ein Kuss in Marseille erfährt man bei Fragments. Die Aufmerksamkeit wird auf die Einhaltung von Menschenrechten in anderen Ländern gelenkt.
Und Menschenrechte hier?
Aber inwieweit wird die lokale Situation bezüglich Menschenrechte betrachtet? Mehrfache Versuche, ein anhaltendes Bettelverbot zu erwirken, oder auch die Weigerung des Grazer Bürgermeisters Siegfried Nagl, gleichgeschlechtlichen Paaren den Trauungssaal im Rathaus als Ort für ihre Eintragung der Partnerschaft zur Verfügung zu stellen, haben in der Stadt der Menschenrechte große Debatten nach sich gezogen. Beim Fragments wird Klaus Starl vom Europäischen Trainings- und Forschungszentrum für Menschenrechte eine Lecture halten. Ein Stadtspaziergang am 24. April führt an relevante Plätze. Und über "Liken, Sharen, Hassen" im Netz werden sich u.a. die Journalistin und Sachbuchautorin Ingrid Brodnig und die Autorin Julya Rabinowich unterhalten.
Zwei ganz besondere Begegnungen
Internationales Haus der Autoren Graz
"Breaking The Torture Machine" ist vierzehn Minuten kurz und handelt von Tunesien, drei Jahre vor dem sogenannten Arabischen Frühling. Die Journalistin Sihem Bensedrine machte sich schon damals für Menschenrechte und die Einhaltung der Pressefreiheit in ihrem Geburtsland stark, sie wurde im Regime Ben Alis gefoltert und bedroht.
Bei "Fragments" ist Sihem Bensedrine wieder einmal zu Gast in Graz, wo sie als "writer in exile" gelebt hat, und wird über Tunesiens Gegenwart und von ihrer Arbeit u.a. mit dem "Quartett für nationalen Dialog" berichten, das im Vorjahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden ist.
Auch Issa Touma kennt Graz und jene, die sich für Fotografie interessieren, konnten ihm schon begegnen: Der Syrer vermittelt das Kriegsgeschehen in seiner Heimatstadt drastisch, etwa in "9 Days from my Window in Aleppo". Issa Touma schafft es, im Rahmen seiner künstlerischen Arbeit zu reisen, kehrt jedoch immer wieder nach Aleppo zurück. Seine Aufmerksamkeit gilt der Zivilbevölkerung, zuletzt ist der Fotoband "Women We Have Not Lost Yet" erschienen: Fünfzehn junge Frauen hielten bei den Kriegsangriffen zusammen. Bei Fragments wird Issa Touma anwesend sein und von jenen Menschen berichten, die Syrien nicht verlassen können.