Erstellt am: 13. 4. 2016 - 12:41 Uhr
Batkas Grenzwächter 2
Mit Akzent
Die unaussprechliche Welt des Todor Ovtcharov. Im Radio und auch als Podcast zum Anhören.
"Die Leiden des jungen Todor"
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Vielleicht erinnert ihr euch, dass euch vor einigen Wochen über einen bulgarischen "Batka" erzählt habe. Er hatte mit seinen Freunden "Jagdgruppen" organisiert, die Flüchtlinge jagen mussten, die illegal über die Grenze aus der Türkei gekommen sind. Ein privater Fernsehsender stellte den Mann als "Superhelden" vor. Es war ganz offensichtlich, dass er Nachfolger haben wird. Denn wer will nicht der Superheld der Fernsehnachrichten sein?
Vor einigen Tagen erschien ein neues Video. Dort sieht man eine Gruppe von muskulösen Männern, die illegale Migranten in den Wäldern bei Bulgariens Südgrenze gefangen haben. Die Migranten liegen auf dem Boden und ihre Hände sind hinter ihren Rücken mit schwarzen Kabelbindern zusammengebunden. Die sichtlich erschrockenen Flüchtlinge sind von den selbsternannten "Grenzwächtern" umkreist. "No Bulgaria, go back Turkey!", sagen sie. Das mit einem Handy gemachten Video wurde danach mit Stolz auf der Facebookseite eines der "Batkas" hochgeladen. In den letzten Tagen sah man das Amateurvideo in vielen europäischen Nachrichten.

Youtube
Es stellte sich heraus, dass die Gesichter der "Bürgerpatrouillen" sehr wohl aus der bulgarischen Kriminellenwelt bekannt sind. Sie sind polizeilich bekannt für Schlägereien, Vandalismus, Drogenverkauf und Schutzgelderpressung. Jetzt haben diese Kleinkriminellen eine neue Nische, um ihre Aggressionen auszuleben: Sie gehen im Grenzgebiet spazieren, sie halten Flüchtlinge fest und schlagen sie zusammen. Danach durchsuchen sie sie, beklauen sie und begleiten sie wieder zum türkischen Territorium. So können sie gleichzeitig ihren Drang, Menschen zu schlagen, befriedigen und dabei auch noch was verdienen. Schließlich sind sie auch patriotisch stolz, weil sie "Europas Außengrenze verteidigen".
Solche Typen sind oft in Bulgarien zu treffen: Es sind die, die gerne bei Rot über den Ampel fahren, weil sie sich so heldenhaft vorkommen und bereit sind, jeden zusammenzuschlagen, der sich in ihren Weg stellt. Der bulgarische Premierminister Boiko Borissow bedankte sich bei den "Bürgerpatrouillen" im Nationalfernsehen. "Jede Hilfe ist uns willkommen", sagte er. Die öffentliche Meinung in Bulgarien reagierte empört. NGOs verlangten vom Generalstaatsanwalt, den Premierminister wegen Rassismus und des Tolerierens von nichtstaatlichen "Bürgerwehren" zu belangen. Der bulgarische Premier erklärte danach, dass ihn die Medien missverstanden hätten. Es wurde nicht klar, ob sie nicht verstanden haben, was er eigentlich sagen wollte, oder ob er selber nicht wusste, was er gesagt hatte. Jedenfalls wurde der Organisator der "Kopfjäger" schließlich verhaftet.
Das Positivste an diesem Fall ist, dass die Gesellschaft auf die "Kopfjäger" und auf das Kommentar des Premierministers mehrheitlich negativ reagiert hat. Hoffentlich war das der letzte Vorfall dieser Art.