Erstellt am: 11. 4. 2016 - 11:00 Uhr
The daily Blumenau. Fußballwoche KW14/16.
#fußballjournal16
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
2016 wieder regelmäßig. Etwa auch mit einem wöchentlichen Fußball-Update.
Österreichs Fußball-Verantwortliche liefern wieder einmal ein Lehrstück in punkto Anti-Professionalismus. Das ist nicht deswegen ärgerlich, weil es allem sonntagsgeredeten Ankündigten Hohn spricht, sondern weil es den sportlichen Wert so maßlos unterzieht.
Dazu als Kontrapunkt: wieder ein Aufschwung bei den ÖFB-Frauen.
Der schamlose Umgang mit den Lücken in der Beraterkosten-Liste
DIE jetzt auch im Mainstream angekommene sportliche Tristesse in den heimischen Ligen hat einige, aktuell gut dokumentierte Gründe, die auch hier immer wieder Thema waren.
DAHINTER steht auch zu einem gerüttelten Maß eine Umfeldstruktur, die den Professionalismus, den sie von den Kickern fordert, selber nicht lebt; und so das Niveau drastisch nach unten drückt. Ich möchte diesen praktischen Amateurismus anhand der letzte Woche medial verhandelten Beraterkosten-Liste durchspielen.
MIT Stichtag 1. April mussten die Verbände (erstmals; Stichwort neue Compliance/Transparenzregeln der FIFA) eine Liste der Honorare veröffentlichen, die Vereine an Spielerberater zahlen. Egal, ob sie bei Transfers, Vertragsverlängerungen oder anderen Vereinbarungen angefallen waren.
DIE vom DFB vorgelegte Liste (die alle Vereine der drei offiziellen Profi-Ligen umfasst) erregte einiges an Aufsehen, unter anderem weil das sportlich schwächelnde Schalke mehr Geld (über 16 Mio) ausgegeben hatte als Bayern, und sofort Opfer medialen Spotts wurde. Ansonsten zeigt das Zahlen-Ranking schlicht die finanziellen Möglichkeiten/Grenzen der Vereine auf; was die Leistung von zB Ingolstadt noch eindrücklicher macht.
KURZ darauf kamen auch heimische Medien auf die Idee einen Blick auf die österreichische Liste zu werfen, die der ÖFB auf seiner Seite, nunja, schon eher versteckt hatte. Da offenbarte sich einiges, was schon bekannt war: RB Salzburg (961.000) könnte in der deutschen Liga 2 vorne mitmischen, wiewohl man weit hinter Leipzig herhinkt; Rapid (311), Austria (250) und Sturm (mit 460.000 überraschend teurer Zweiter) würden sich im Abstiegskampf einreihen; alle anderen hätten große Troubles sich in der 3. Liga zu halten.
INTERESSANTER als das, was die Liste enthält, ist aber das, was sie auslässt. nämlich die Zahlen für Admira Wacker, Austria Lustenau, Kapfenberg und den FAC. Interessant ist das deshalb, weil die Richtlinien der FIFA eindeutig sind: "Spieler und Vereine sind verpflichtet, die vollständigen Einzelheiten aller Vergütungen offenzulegen, die an Vermittler gezahlt werden."
NACH dieser Entdeckung driften die Angaben der handelnden diversen Player auseinander wie Kontinentalplatten im Zeitraffer. Der zukünftige Ex-Sportchef von Sturm Graz, Goldbrich, gab zuerst an gar keine Kenntnis von der Übermittlung von Zahlen an die Bundesliga (die diese Pakete dann wiederum dem ÖFB überstellte) gehabt zu haben, ruderte dann zurück indem er sich unkundig über die Weitergabe zeigte (was absurd ist: da die Bundesliga kein FIFA-Mitglied ist, kann ein FIFA-Regulativ nur via ÖFB kontrolliert werden), und tat danach sein Möglichstes um Erhebungssystem, Abrechnungszeitraum madig zu machen, die Zahlen der anderen anzuzweifeln und die eigenen schönzureden.
ADMIRA-Manager Friedl wusste auf Nachfrage nicht mehr ob und wem er die Zahlen eingereicht hatte, spricht von Nachreichungen.
Ried-Manager Stefan Reiter erklärt seinerseits, dass nur der Verein die korrekten Zahlen erheben/einfordern kann (und die entsprechenden Beträge eh auch im offiziellen Budgetbericht festgehalten sind), dass aber die meisten Vermittler die entsprechenden Papiere nicht ausfüllen würden, weil sie die Öffentlichkeit scheuen. Der Verein könne die Vermittler zwingen "indem es nicht zum Geschäft kommt, wenn er das Papier nicht unterschreibt. Das Interesse des Vereins liegt aber dort, den Spieler zu holen."
VON Liga und ÖFB gab es weder eine erläuternde Aussendung noch ein Statement zur Kritik bzw den fehlenden Daten. Was die Sinnhaftigkeit einer Compliance/Transparenz-Regel mit Füßen tritt.
ICH schätze einmal, dass es Stimmen gibt, die dieses Vorgehen der österreichischen Verantwortlichen schlau nennen. Indem man unliebsame neue Maßnahmen dort unterläuft, wo sie Schwachstellen haben, ihren Sinn aushöhlt, verschleiert und vernebelt, entkommt man einer zusätzlichen Baustelle. Öffentlich. Die Probleme in der Grauzone Vermittler/Manager/Schwarz- oder Handgeld etc löst man damit nicht.
ZUDEM desavouiert das würdelose Getue die Positionen und Ämter der Proponenten. Sportchefs, die Abläufe nicht kennen, Manager, die keine Kenntnis von Übermittlungen haben, Klubverantwortliche, die ihre Ohnmacht betonen: all das hat eine immense und zutiefst negative Vorbildwirkung auf das gesamte Umfeld. Also auch auf die Spieler. Warum sollte sich ein vielleicht gar nicht so unmäßig gut bezahlter Kicker denn den Arsch aufreißen, wenn ihm sein Vorgesetzter mehr als deutlich signalisiert, dass es mit schludriger Verschleierung auch geht; sogar widerstandloser und besser.
DIESE hier prototypisch an den Tag gelegte Antiprofessionalität der Funktionäre und Macher liefert das perfekte Ausredengerüst für den Fehlpass im eigenen 16er, das verlorene Laufduell oder das dumme Frustfoul der Spieler.
Und dann noch zu etwas ganz anderem durchaus positiven...
... nämlich zu den Erfolgen der jungen ÖFB-Truppen; und da vor allem denen der Frauen.
Zuerst war da die herausragende Qualifikation der U 19 - das ist der 97er-Jahrgang Laimer/Peric/Xaver Schlager/Prokop/Jakupovic - für ihre Euro-Endrunde ab 11. Juli in Deutschland, wo mit England, Portugal, Frankreich, Italien, Holland und Kroatien nur große Nationen dabei sind.
Dann war da die verblüffende Qualifikation der U 17 - das ist der 99er-Jahrgang mit zb Müller-Schmid-Arase - die Frankreich daheim aus dem Bewerb boxte und jetzt (im Mai im gruseligen Azerbeidjan) in der zweiten von vier Vierergruppen ums Viertelfinale kämpfen werden.
Gestern kamen die U19 Frauen dazu, die sich in einer Gruppe gegen Schweden (!), Belgien und England (!) durchsetzte und sich damit für die 8er-Endrunde Mitte/Ende Juli in der Slowakei qualifizierte. Das ist derselbe Jahrgang (rund um Kapitän Katharina Aufhauser), der schon 2013 mit Platz 5 bei der U17-Euro für Aufsehen unter Experten gesorgt hatte.
Aufhausers wichtige Mittelfeld-Partnerin Barbara Dunst war gar nicht dabei, weil sie ins A-Team hochgezogen wurde, das in den letzten Tagen EM-Quali spielte, und dabei einen klaren Sieg gegen Kasachstan und die leider erwartbare Niederlage gegen Norwegen einfuhr.
Die ÖFB-Frauen haben sich seit bereits Jahren (bewusst und ehe der Erfolg abzusehen war) in vielerlei Hinsicht (Philosophie, Spielsystem, Pressing) an den Männern orientiert, mittlerweile ist auch die Spielerinnen-Struktur vergleichbar: neben ein paar Jungen sind fast nur noch aktuelle oder ehemalige Legionarinnen im Kader. Was der europäischen Nummer 15 noch auf die Nummer 5 (Norwegen) fehlt: die gewachsene Selbstsicherheit, über die die Männer auch erst seit zwei Jahren verfügen, und die entsprechende Konsequenz im letzten Drittel. Mir hat auch nicht gefallen, dass die - durchaus unglückliche - Niederlage nach dem Spiel von den Spielerinnen sofort schöngeredet wurde.
Mittelfristig wird Nachwuchsarbeit aber wohl Wirkung zeigen, was auch dem Sportchef Ruttensteiner zu verdanken ist, der da (ebenso wie bei den Herren, deren Aufstieg er ja maßgeblich mitgeprägt hat) einen hartnäckigen Masterplan verfolgt. Ruttensteiners Vertrag läuft ebenso wie der ursprüngliche von Koller nach der Euro aus, wurde aber im Gegensatz zu dem des Teamchefs noch nicht verlängert - ein guter Grund nachzuhaken - in der Hoffnung, dass hier kein neues Kapitel des amateurhaften, antiprofessionellen Verhaltens österreichischer Fußball-Verantwortlicher aufgeschlagen wird.