Erstellt am: 10. 4. 2016 - 12:28 Uhr
Elektronische Frühlingsgefühle 2016
Das Electric Spring hat es nicht immer einfach: Bereits zum Debüt letztes Jahr musste sich die Veranstaltung in Kooperation mit der Stadt Wien, dem MuseumsQuartier und der Kunsthalle Wien schon der Frage stellen, inwiefern sie als politisches Mittel zum Zweck im Wahljahr 2015 dienen sollte. "Kein Wahlzuckerl" lautete da schon die Headline des orf.at-Artikels dazu, mit der weniger die musikalische, sondern vielmehr die politische Bedeutung des Festivals in den Mittelpunkt gestellt wurde.
Dieses Jahr ging es aber weniger um die Politik, sondern vielmehr ums Wetter. Um das schlechte, nämlich. Auch in der orf.at-Headline. Das zwang die Eröffnung des Festivals vom Open-Air im MuseumsQuartier in die Hofstallungen. Wo nach einem erfolgreichen Auftakt am Freitag mit KIDS N CATS und Crack Ignaz & Wandl das schöne Feiern mit Maja Osojnik & Patrick Wurzwallner und Sixtus Preiss & Band fortgesetzt wurde.
Letztere erweisen sich bei ihrer Show als ideale Band, um die Leute in den Abend zu begrüßen. Die Stimmung ist entspannt und es ist nicht so überfüllt wie von manchen befürchtet (letztes Jahr gab es ja Gerüchte um ein so volles MuseumsQuartier, dass das Handynetz nicht mehr funktionierte) und die jazzige Synthmusik des Quartetts bietet eine angenehme Backgroundakustik für das angeregte Geschnatter des Publikums. Man trifft sich ja gerade und der Abend ist noch lang. Bis fünf Uhr sollen in mehreren Locations verschiedenste Facetten der elektronischen Musikkultur beleuchtet werden.
Vis-à-vis der Hofstallungen befindet sich die Kunsthalle, wo um 22:30 ein echtes Highlight des diesjährigen Festivals stattfindet: Patrick Weber, besser bekannt als Crazy Bitch in a Cave, enthüllt das neue Projekt Infinite Pal. Fantastische, sphärische Traumklänge werden hier performt, irgendwo zwischen Minimal-Pop und hypnotisierenden Soundwänden. Als wir ankommen, ist noch ordentlich Platz vor der Bühne, nach der Hälfte drehe ich mich um und die Halle ist voll.
Mieux im Interview
Zum Nachhören im 7 Tage Player
Nach Infinite Pal hat man wie so oft an diesem Abend die Qual der Wahl: Kunsthalle oder Hofstallungen? Oder versucht man doch sich in die Schlange vor dem Cafe Leopold einzureihen, um noch einen Platz für Mieux zu ergattern? Ich entscheide mich, wie einige andere, für das Pendeln zwischen den beiden großen Hallen. Da präsentiert einerseits Leon Leder aka Asfast seine reduzierten, soundtrackhaften Stücke, andererseits performt Peter Kutin in der Kunsthalle industriellere Klänge. Das ist beides sehr atmosphärisch, aber einigen Leuten auch nicht zugänglich genug.
Zwischen den beiden Hallen hat sich mittlerweile eine Art Open-Air-Hangout entwickelt, wo Leute zum Reden, Rauchen und Hot-Dog-Essen zusammenkommen. Gerüchte um das nächste Highlight sprechen sich schon herum: Stirn Prumzer X Patrick Lechner treten um halb eins auf. Die Bühne ist in Plastikfolien eingehüllt, die Erwartungen sind groß. Schließlich befinden sich hier ja auch Mitglieder von Fuckhead auf der Bühne. Ein bisschen fühlt man sich davon an die guten alten IDM-Zeiten erinnert. Da wird wild hin und her gebounced und gesliced, während in Kartonkostüme eingepackte Mighty Boosh-Karikaturen mit Farbe um sich kleckern.
Kurt Prinz
Im Cafe Leopold kommt dann Zora Jones aus Barcelona zu Besuch, was uns dazu bringt doch noch Teil der Schlange vor der Location zu werden. Die ist nämlich immer noch lang und wird immer länger. Was sie denn heute hierhergebracht hat, frage ich eine Gruppe rumänischer Erasmus-Studentinnen. "Facebook!", sagen die unisono. Da war das Electric Spring schließlich das Event mit den vermutlich meisten Zusagen in der ganzen Stadt.
Das schlechte Wetter konnte die gute Laune letzten Endes kaum trüben. Dafür wurde am diesjährigen Festival aber auch einfach genug Abwechslung geboten: Zugängliche Tanzklänge waren genauso vorzufinden, wie ein leicht spürbarer Showcase-Festival-Flair, im Rahmen dessen kleinere Acts vor ein größeres Publikum gestellt wurden. Entspannt und angenehm, aber auch musikalisch mutig und herausfordernd. In diesem Sinne: Bis zum nächsten Jahr. Dann aber auch wieder mit besserem Wetter.