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Markus Zachbauer

Bildung und Einbildung, die Herrscher der Welt. Lifelong Learning in der FM4 Internet-Redaktion.

7. 4. 2016 - 16:50

#BPW16: Der Angestellte und der Präsident a. D.

Was passiert eigentlich, sollten mit Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol beide Regierungspartei-Kandidaten schon im ersten Wahlgang scheitern?

Wahlfahrt - Auf zur Hofburg

Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol sind am Donnerstag, 7. April, um 20.15 Uhr in der dritten und letzten Ausgabe der ORF Wahlfahrt zu sehen.

In den Umfragen bewegt sich wenig in diesem Präsidentschafts-Wahlkampf. Und das ist nicht gut für die Kandidaten der beiden Regierungsparteien.

Dass sie um den Einzug um die Stichwahl zittern müssen, hätten sich bei ihrem Antreten wohl weder der ehemalige Sozialminister Rudolf Hundstorfer, noch der ehemalige Nationalratspräsident Andreas Khol gedacht. Aber: Auch die neueste Umfrage, die heute von der Tageszeitung Österreich veröffentlicht wurde, sieht die beiden nur auf den Plätzen vier und fünf. Selbst wenn man die relativ große Schwankungsbreite berücksichtigt, liegen sie mit 11-17% (Hundstorfer) bzw. 9-15% (Khol) hinter den beiden erneut führenden Alexander Van der Bellen (22-30%) und Norbert Hofer (19-27%).

Was macht man nun als Wahlkampfstratege so knapp vor der Wahl aus solchen Umfragewerten? Wenn die Wahlkampfstrategen auch die Parteistrategen sind - und davon darf man wohl ausgehen - dann beginnt man wahrscheinlich irgendwann, sich schon auf die Zeit nach einer möglichen Niederlage zu konzentrieren. Und das sind nicht gerade die besten Voraussetzungen für einen dynamischen Wahlkampfendspurt.

Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol

APA/HANS PUNZ

Rudolf Hundstorfer, Angestellter

Rudolf Hundstorfer

"Angestellter"

macht Wahlkampf auf

Laut offizieller "Kundmachung der Wahlvorschläge für die Bundespräsidentenwahl" ist Rudolf Hundstorfer "Angestellter". Bekannt wurde der in der Gewerkschaft aufgewachsene Wiener freilich als ÖGB-Präsident und später als Arbeits- und Sozialminister. Und genauso klassisch wie diese SP-Parteikarriere, genauso klassisch ist Rudolf Hundstorfers Wahlkampf.

Rudolf Hundstorfer

APA/NEUMAYR/MMV

Aber klassisch bedeutet bei neuen Wahlkampf-Orten wie dem Internet vielleicht eben auch: nicht ganz dem Medium entsprechend. Rudolf Hundstorfer hat (abgesehen von Richard Lugner) die kleinste Fan-Gemeinde auf Facebook und von den vier Kandidaten, die auf Twitter zu finden sind, auch dort die wenigsten Follower. 9.500 Fans hat seine Facebook-Seite, etwas über 40.000 hat die FB-Seite der SPÖ, etwas über 1.2 Millionen Menschen haben die Roten bei der letzten Nationalratswahl angekreuzt.

Wenn das Wahlkampfteam dann versucht, modern zu sein, wird's allerdings irgendwie etwas holprig. Mit dem Spagat hin zu einem jungen Publikum und weg vom klassischen Verlautbarungs-Posting tut man sich offenbar doch etwas schwer.

Hundstorfer ist als SP-Kandidat bei der Wahl zum Nachfolger vom damaligen SP-Kandidaten Heinz Fischer quasi Titelverteidiger. Und er ist der Kandidat der Kanzlerpartei. Die schillerndste Figur im Wahlkampf ist er aber - zumindest bisher - nicht. Mit Umfragewerten weit unter denen der eigenen Partei tut man als Kandidat natürlich gut daran, sich zuerst mal auf die (eigentlich) eigenen Wähler und Wählerinnen zu konzentrieren und - speziell im Falle SPÖ - zu versuchen, den eigenen Apparat in die Gänge zu bringen. Wie auch die ÖVP ist die SPÖ als Organisation ja durchaus gut strukturiert und wahlkampferprobt.

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Es mag auch an dieser Konzentration nach innen liegen, dass Rudolf Hundstorfer bisher eher wenig in Erscheinung getreten ist. Dass man auf der Website der SPÖ (abgesehen von einem großen Bild im Wechselbanner, wo Hundstorfer auch nach einigen Sekunden durch ein anderes Thema ersetzt wird) relativ weit runterscrollen muss, bis einem der Präsidentschaftskandidat dann erneut entgegenlacht, spricht allerdings eher dagegen.

Andreas Khol, Nationalratspräsident a.D.

Dr. Andreas Khol

"Nationalratspräsident a.D., Universitätsprofessor"

macht Wahlkampf auf

Andreas Khol ist denkbar ungünstig in diesen Wahlkampf gestartet: Da wurde über Wochen hinweg alles auf Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll als Kandidaten der ÖVP hingearbeitet, die gesamte Partei streute ihm bereits die rund um eine Kandidatur üblichen Rosen. Dann kam alles anders: Während die Parteigranden betonten, dass Pröll der beste Kandidat wäre, will Parteichef Mitterlehner schon Wochen zuvor gewusst haben, dass Erwin Pröll nicht kandidieren will.

Binnen kürzester Zeit wurde dann Andreas Khol auf die Wahlkampfbühne geholt. Den Nimbus des Ersatzkandidaten wurde er seitdem nicht mehr ganz los.

Andreas Khol

APA/GEORG HOCHMUTH

Khol gilt als einer der Wegbereiter der schwarz-blauen Regierungskoalition im Jahr 2000, und seine Nominierung als Präsidentschaftskandidat wurde dann auch als entsprechendes Signal an die klassische FP-Klientel interpretiert. Dass es nämlich neben einem blauen durchaus auch einen anderen Kandidaten gäbe, der mit der Angelobung einer freiheitlichen Regierungsmannschaft wohl eher kein Problem hätte.

Die große politische Bühne hat der ehemalige Nationalratspräsident Andreas Khol vor zehn Jahren verlassen. Er verzichtete nach der Wahl auf sein Nationalratsmandat und wurde Obmann des Seniorenbundes.

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Nur zwei Kandidaten verzichten in diesem Wahlkampf auf Twitter: Richard Lugner und Andreas Khol. Jetzt ist das Zwitschermedium in Österreich zwar sicher nicht wahlentscheidend, trotzdem verwundert es ein bisschen, dass Khols Wahlkampfteam so ganz darauf verzichtet. Man könnte natürlich sagen, es würde ohnehin nicht zum Image eines Seniorenbundobmanns passen. Damit verfestigt man das aber gleichzeitig.

Dass das Wahlkampfteam rund um Andreas Khol am Minenfeld Social Media nicht ganz sattelfest ist, sieht man vielleicht auch ein bisschen an diesem Facebook-Post: Wo sind die Andreas Khol Unterstützer? Markiere dich auf diesem Bild! Blöd nur, dass man auf Facebook in aller Regel nun mal nicht mehr als 50 Personen auf einem Bild markieren kann. Da wirkt die Crowd dann leider nicht ganz so groß, und die Karte dann entsprechend leer.

Woher kommen meine Unterstützer? Erzählen Sie es mir und markieren Sie sich auf dieser Österreich-Karte. Klicken Sie auf "Foto markieren" und wählen Sie Ihren Ort aus.

Posted by Andreas Khol on Mittwoch, 6. April 2016

Das ist natürlich nicht weiter wild, sehr elegant ist es aber auch nicht. Und in dieselbe Kategorie fallen wohl auch die relativ breit gestreuten FB-Anzeigen, die zu Beginn des Wahlkampfes recht ungezielt geschaltet wurden.

Dass Dezenz nicht unbedingt das ist, wofür Andreas Khol steht, hat er im Wahlkampf deutlich gemacht. Abseits der alles beherrschenden Frage, wer denn nun wen angeloben und/oder entlassen würde, sorgte Khol immerhin für zwei Aufreger: Zuerst mit einem Facebook-Posting umringt von drei Polizisten und dem Text "Demokratie allein sichert die Freiheit nicht", dann dieser Tage mit der Aussage, Österreich sei rund um die Regierungsbildung im Jahr 2000 "kurz vor einer präfaschistischen Präsidentendiktatur" gestanden (weil der damalige Bundespräsident Thomas Klestil sich bei der Angelobung der schwarz-blauen Regierung - nennen wir es mal - "geziert" hat). Programmatisch liefert Andreas Khol damit eigentlich von allen KandidatInnen die griffigsten Anhaltspunkte, wofür er steht und wie er sein Amt anlegen würde.

#BPW16

FM4 begleitet die Wahl ausführlich mit KandidatInnenporträts, Wahlkampfanalysen und natürlich den Ergebnissen der Wahl am 24. April und der Stichwahl am 22. Mai.

Die großen Fernsehauftritte stehen Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol noch bevor. Gleich heute abend in der ORF Wahlfahrt zum Beispiel. Und vielleicht täuschen sich ja die Meinungsforscher (das soll in den letzten Jahren ja öfter vorgekommen sein) oder sie täuschen sich zwar nicht, aber die beiden reißen das Ruder im Wahlkampffinale dann doch noch rum.

Falls nicht, wird die Bedeutung dieser Wahl aber wohl weit über den bloßen Namen am Klingelschild der Hofburg hinausgehen. Denn keine der beiden Regierungsparteien wird so ohne weiteres zur Tagesordnung übergehen können, sollte ihr Kandidat die Stichwahl nicht erreichen.

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Wahlfahrt - Auf zur Hofburg

Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol sind am Donnerstag, 7. April, um 20.15 Uhr in ORF1 in der dritten und letzten Ausgabe der ORF Wahlfahrt zu sehen.