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Ali Cem Deniz

Das Alltagsmikroskop

5. 4. 2016 - 15:47

Schön ungemütlich

Sie stellen sich blöd an und feiern das. Die Comfort Zone Crusher wollen mit peinlichen Challenges aus ihrer Komfortzone austreten. Fremdschämen als Prinzip. Aber wozu überhaupt?

Comfort Zone Crusher

Johannes Forstner und die Selbstüberwindung. Am Dienstag, den 5. April, in FM4 Auf Laut (21-22h) und im Anschluss für 7 Tage im FM4 Player.

Sie legen sich auf die Straße, sie umarmen fremde Menschen, verteilen High Fives und stellen dumme Fragen. In Cafes heulen sie wie Wölfe. Zum Fremdschämen. Ja und genau darum geht es.

Auf die Idee gekommen ist der Psychologie-Student Till Groß. Nach einer schweren Verletzung musste er seine halb-professionelle Basketballkarriere aufgeben. Plötzlich hatte Till zu viel Zeit und wusste nicht was er tun soll, bis sein Vater, selber Psychologe, ihm einen kleinen Nebenjob angeboten hat. "Er wollte, dass ich für ihn Artikel und Bücher über Psychologie lese und ich bekam dafür mehr Taschengeld."

Optimal aus der Komfortzone

Till hat Gefallen am Thema und ein neues Ziel gefunden: er wollte der beste Psychologe der Welt werden. Der ambitionierte Student hat 2013 das Startup Comfort Zone Crusher gegründet. Angefangen hat es mit Online-Coaching für Menschen, die ihre Ängste und Nervosität überwinden wollten. Über die sozialen Medien fanden weltweit tausende Menschen zu den Crushern und organisierten lokale Treffen und Challenges.



Wenn er gerade nicht irgendwo unterwegs ist oder selbst Kurse besucht, hält Till die Workshops in seiner Wohnung in Wien. Jede Woche treffen sich bei ihm rund ein Dutzend Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Altersgruppen. Sie sprechen auf Englisch miteinander und tauschen ihre Erfahrungen mit Comfort Zone Crushing aus. Was sie miteinander verbindet, sind nicht nur Ängste und Nervosität in unangenehmen Situationen, sondern auch der Wunsch nach Selbstoptimierung.

Auf Klassenfahrt

Bevor es zum lustigen Teil mit den Challenges kommt, erklärt Till noch ein paar theoretische Dinge. Das Comfort Zone Crushing ist zwar keine echte Therapie, aber "es kommt aus der Verhaltens- und Expositionstherapie, was die effektivsten Möglichkeiten sind, um Ängste zu überwinden." Dann stellen sich die Neuen in der Runde vor und danach hält Iza einen kleinen Vortrag. Sie kommt aus Budapest und versucht gerade ihre Karriere zu wechseln. Sie hat Jus studiert und in einer guten Kanzlei gearbeitet, aber der Job war nicht erfüllend. Jetzt versucht sie sich als Fotografin und will auch aus ihrer Komfortzone austreten, mehr riskieren und wagen. Sie hält einen Vortrag über "mindfulness" und Meditation. Dann bekommt sie Feedback und schließlich geht es auf die Straße. Wenn die Comfort Zone Crusher auf der Straße Leute umarmen, dumme Fragen stellen oder sich einfach nur blöd anstellen, schauen sie aus wie leicht übermütige Schüler auf Klassenfahrt.

"For Free habe ich probiert und habe sogar zwei gratis Wedges bekommen und normalerweise würde ich nie im Leben sowas machen, weil ich mich nicht trauen würde", sagt Kerstin. Sie ist seit einigen Wochen bei den Comfort Zone Crushern und hat fast jede Challenge hinter sich. Aber gewöhnt man sich nicht mit der Zeit einfach an die Herausforderungen? "Ich habe selber gemerkt, dass ich oft Leute anspreche, die auf mich sympathisch wirken. Deswegen versuche ich die Challenge zu erhöhen, indem ich Leute frage, die eher unsympathisch oder abweisend wirken", sagt sie. Den Schwierigkeitsgrad kann man also selbst etwas beeinflussen.

Till Groß auf der Bühne

Tedx-Klagenfurt

Till Groß

Dennoch sind die Challenges allein nicht genug. Das weiß auch Till. "Am Anfang spürt man natürlich große Veränderungen in kurzer Zeit, aber irgendwann erreicht man ein Plateau und dann muss man sich neue Herausforderungen überlegen und schauen, was man von diesen Erfahrungen für den Alltag mitnehmen kann." Und bei ernsten Problem und Angstzuständen braucht es ohnehin echte Therapie, aber Spaß macht es auf jeden Fall sich ab und zu blöd zu stellen.

FM4 Auf Laut: Comfort Zone Crusher

Johannes Forstner designt Möbel und ist erfolgreicher Triathlet mit zahlreichen Titeln, aber eine Sache hat er noch nicht gemeistert: die Selbstüberwindung. Das lernt er bei der Gruppe Comfort Zone Crusher. Mit ihnen legt er sich mitten auf der Straße auf den Boden und heult in Restaurants wie ein Wolf. Dass er dabei dumme Blicke bekommt, stört ihn nicht. Genau darum geht es, denn die peinlichen Challanges sollen von inneren Zwängen befreien. Wie und ob man überhaupt die Komfortzone zerstören sollte, darüber reden Johannes Forstner in FM4 Auf Laut mit Elisabeth Scharang und Anrufern. Die Nummer ins Studio: 0800 226 996.

Am Dienstag, den 5. April von 21 bis 22 Uhr und im Anschluss für 7 Tage im FM4 Player.

Auf Laut