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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

4. 4. 2016 - 13:25

The daily Blumenau. Fußballwoche KW13/16.

Der Sportdirektor im österreichischen Wandel der Zeiten. #fuwo

#fußballjournal16

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

2016 wieder regelmäßig. Etwa auch mit einem wöchentlichen Fußball-Update.

ES WAR eine Konsequenz, mit der nicht unbedingt zu rechnen war: die Schwierigkeiten, die sich Sturm Graz zuletzt selber (und im Kollektiv) zugefügt hatte, sollen mit einer Umschichtung im Leitungsteam behoben werden. General Manager Gerhard Goldbrich legte am Freitag seine Funktion als Sportdirektor nieder. Das überrascht formal: Normalerweise entlassen Vereine unter Druck einen Trainer oder feuern einen Spieler. Sturm probiert es mit der Aussicht auf einen neuen Sportlichen Leiter (zumal Goldbrich jüngst die wirtschaftlichen Agenden auch noch unmgehängt bekommen hat). Zieht man die seit der Amtszeit von Präsident Jauk zwar ambitionierten, aber dauerversemmelten Versuche einer Strukturreform zum Maßstab heran, sagt diese Neuausschreibung zwar nichts Konkretes aus: Es erzählt aber etwas über die Funktion des Sportdirektors ins Österreich.

EINEN Manager, einen starken Mann (egal ob er Sektionsleiter oder jenseits des Präsidiums, so etwas gab es im österreichischen Fußball immer wieder. Nicht institutionalisiert, sondern organisch gewachsen. Und jeder Trainer von Klasse und ohne groteskem Ego war froh einen solchen Arbeitsabnehmen neben oder über sich zu wissen.

ALS SICH beim in struktureller Hinsicht zum Vorbild genommenen deutschen Fußball die Einsicht durchsetzte eine solche Position hierarchisch fix zu verankern, opponierte eine Trainer-Generation, die sich (nach falsch verstandenem englischen Vorbild) selber als bestmögliche Sportdirektoren in Personalunion verstanden gegen "das neumodische Zeug" - so wie danach gegen praktisch jede Einführung heute selbstverständlicher Maßnahmen/Personalien (von der Sportwissenschaft bis zum Laptop) gemault wurde, auch weil diese Trainer-Generation immer noch Debattenführer in den Expertenriegen des Boulevards stellt.

DIE Medien übernahmen dieses Bild vom eigentlich überflüssigen, neumodischen Sportdirektor opportunistisch-unkritisch, weshalb breite Teile der Stammtisch-Öffentlichkeit bis heute die Notwendigkeit/Sinnhaftigkeit eines sportlichen Leiters bezweifeln. Und das obwohl jeder nur erdenkliche Reality Check eine direkte Korrelation zwischen gut ausgebauter Sport-Direktion und Erfolg ausweisen kann - egal: in Fußball-Österreich zählen Vorurteile gern mehr als Fakten. Ganz wie im politischen Diskurs.

ALLERbestes Beispiel ist der ÖFB: der Erfolg/Aufstieg kam mit/durch/wegen der Installation eines Sportlichen Leiters (in Person von Willi Ruttensteiner), was von Ego-Coaches der Marke Krankl ja massiv bekämpft, vom echten Erfolgscoach Koller aber als Basis für seine Arbeit genutzt wurde. Auch die Bundesliga ist nach einem vergleichsbaren Professionalisierungs-Schub (mit der Ära Pangl) international angekommen.

AUF Vereinsebene ist Red Bull Salzburg erst seit der Personalie Rangnick ein Musterbeispiel - dafür aber ein gewaltiges. Die aktuelle Struktur sieht einen starken Manager/Geschäftsführer (Saurer) neben einem jungen sportlichen Leiter (Freund) vor. Ganz ähnlich ist es bei der Austria Wien mit Kraetschmer und dem erfahrungsjungen Wohlfahrt während es bei Rapid mit Preschek und Andreas Müller ein bissl andersrum gelagert ist.

Zellhofer wurde am Mittwoch vom Sportdirektor zum Geschäftsführer Sport befördert, damit macht das vorarlbergisch Rheindorf dem selbsternannten Großklub in Graz vor, wie man endloses Herum-Gewurtschel bereinigt.

KLASSISCH ist die Situation bei Altach: von Präsidium bestellter Geschäftsführer (Längle) und ein erfahrener Sportdirektor (Zellhofer). In Ried erledigt Stefan Reiter letztlich beide Jobs, in Mattersburg macht Präsident Pucher auch die Geschäftsführung, Sportlicher Leiter ist Lederer-Franz. Bei der Admira, wo Lederer-Oliver der englischste aller hiesigen Coaches ist, agiert Manager Friedl als de-facto-Sportdirektor.

BLEIBEN drei Vereine, in denen die sportliche Leitung de facto nicht ausgefüllt wird/wurde: bei Sturm will man die Lücke jetzt sanieren. In Wolfsberg denkt der Präsident über einen Sportdirektor ab 16/17 nach - quasi als Zugabe zur verpflichtenden Rasenheizung und anderen eigentlichen Selbstverständlichkeiten, die jetzt - viel zu spät - schlagend werden. In Grödig, wo der Sohn vom Chef, eine Art Super-Manager/Sportchef spielt, hält man das für ausreichend.
IST ES Zufall, dass die Vereine mit ungeklärter sportlicher Leitung just der Absteiger, der Winterletzte und die Enttäuschung der Saison sind?

NOCH deutlicher wird der Reality Check im Liga 2: während sich beim klaren Favoriten LASK Oliver Glasner in einer Doppelrolle als Trainer und Sportchef abstrudeln muss (was auch bei Wr. Neustadt mit Kreissl mehr recht als schlecht funktiert), gibt es bei den Sensations-Mitbewerbern Innsbruck und St.Pölten klare Arbeitsteilungen. Auch wenn die Philosophie der jeweiligen sportlichen Leitungen unterschiedlicher nicht sein könnte: Ali Hörtnagl legt es international an, Jörg Haiders einstiger Diener Schinkels ist jetzt halt dirigistischer Statthalter für einen anderen Landeshauptmann.

DER allmächtige Austria Lustenau-Präsident hat einen Geschäftsführer mit sportlicher Erfahrung (Ernemann), sein allmächtiges Klagenfurter Pendant macht alles selber - und auch da ist die Differenz des sportlichen Erfolges evident.

DIE sportcheflosen FAC und Austria Salzburg steigen ohnehin ab, Kapfenberg, wo der Präsident immerhin einen aufgewerteten Teammanager (Wieger) beschäftigt, hat keine diesbezüglichen Sorgen.

UND AUCH bei den potentiellen Aufsteigern herrscht eine klare Zweiklassen-Gesellschaft: die Vienna und Horn (das sich mit der heutigen Trennung von Trainer Kleer wohl von Titel verabschiedet, aber das ist eine andere Geschichte), aber auch BW Linz verfügen über sportliche Leiter (und die Basis nächste Saison um den verbleib mitzuspielen), Wattens oder Hartberg werden sich selbst im Aufstiegsfall nicht lange halten können. Weil ein Sportdirektor (oder ein Manager mit entsprechenden Hauptaufgaben, in jedem Fall jemand, der sich mit den mittel/langfristigen sportlichen Agenden auseinandersetzt) das K.O.-Kriterium für sportlichen Erfolg ist. In jeder Profiliga.

SO gesehen: gut, dass das nun auch der viertgrößte österreichische Verein erkannt hat.

Noch ein PS zur transalpinen Ligen-Spinnerei

WEIL zuletzt - selbst in Qualitätsmedien - wieder einmal die seit langen Jahren kursierende Möglichkeit einer transnationalen Liga ventiliert wurde, um so der (überfälligen) heimischen Ligenformat-Debatte zu entkommen, ist es gut, dass die Bundesliga dem Unsinn heute in einer ausführlichen Expertise entgegentritt, in der zwar Für und Wider, aber eben auch das Totschlag-Argument gegen jegliche nationenüberschreitende Liga angeführt wird: UEFA und FIFA erlauben es schlicht nicht, Ende Gelände.