Erstellt am: 31. 3. 2016 - 12:48 Uhr
All hail the King!
Alle jubeln dem König zu. All hail the King. Nun ja, nach ganz schön viel Jubel hatte es erst ausgesehen, als der Brite Charles Costa aka King Charles vor vier Jahren sein Debütalbum veröffentlichte. "Loveblood" war in Los Angeles entstanden und hätte aus dem glamourösen, etwas durchgeknallten Freak-Folker mit dem Hang zum Zertrümmern musikalischer Genres und einem Haarberg auf dem Kopf einen zumindest mittleren Popstar machen sollen. Dem war aber nicht so. Die Plattenfirma - eine große - verlor rasch das Interesse am "König", der ihr wohl letztlich mehr, pardon, Hofnarr zu sein schien, als königlich vermarktbares Pop-Material. Ein Neustart war angesagt.
Was sich unkompliziert anhört, war aber, eh klar, nicht ganz so einfach. Erase and rewind. Löschtaste drücken und von vorne anfangen. Das hat Charles Costa getan. Vom Künstlernamen King Charles konnte er sich aber trotzdem nicht trennen. Muss er auch nicht, denn Prinz Charles wird ohnehin wohl nie König werden, Queen Elizabeth wird ihren Sohn einfach übergehen - zu Gunsten ihres beliebten Enkels William. Also bleibt Charles Costa der einzig wahre King Charles.
Michael Rolt
Als vorletztes Jahr der Sommer zu Ende ging, trafen Charles "King Charles" Costa und Marcus Mumford einander wieder einmal. Charles Costa ist ein alter Schulfreund von Winston Marshall von der Band Mumford & Sons, deshalb kennt man sich. "Wir sprachen über Pläne und Ideen, die wir im kommenden Jahr gerne umsetzen würden", meint Charles Costa in Interviews. Marcus Mumford war schon bei den Aufnahmen zum dritten Album von Mumford & Sons, während Costa weiterhin nicht wirklich festen Boden unter den Füßen hatte.
Buffalo Gang
Charles sei ein unglaublich produktiver Songwriter, so sein Freund Marcus Mumford über ihn, aber dann sitzt er in der Ecke seines Sofas und meint, nein, er könne diese Songs nicht spielen. Es war also Zeit für Marcus Mumford einzugreifen. Erst wollte er Charles Costa einfach ein wenig helfen, Demos von einigen der Songs, die Charles geschrieben hatte, anzufertigen. Schritt für Schritt. Ein neues Plattenlabel hatte sich immerhin auch wieder gefunden, das die Musik von King Charles veröffentlichen wollte. Schließlich wurde Marcus Mumford aber zum Produzenten dieser neuen Platte von King Charles: "Gamble For A Rose". Ein schöner Titel, ein romantischer, einer, der an klassischen Folk erinnert.
Folk Brothers
Marcus Mumford schlug als ersten Aufnahmeort für die neuen Songs von King Charles ein altes Farmhaus im Südwesten Englands vor, um dann später anderswo fertig aufzunehmen. Und Charles Costa war tatsächlich bereit, Marcus Mumford zu folgen. Er war nun bereit, ein Album zu erschaffen, das er eigentlich schon vor fünf Jahren machen wollte, nämlich eines, das sich weniger auf die Raffinessen des Produzierens konzentrieren, sondern schlicht und einfach die Songs in den Mittelpunkt stellen sollte - sich auf Stimme und Gitarrenspiel von Charles Costa konzentrieren würde.
Weg mit den poppigen Synths, weg mit den lustigen Soundeffekten von "Loveblood". Schöne Melodien, viel Melancholie und lyrische Tiefe sollten vorherrschen. So tief geht es dann in den Texten von King Charles eigentlich gar nicht zu, aber das muss es auch nicht unbedingt. Und wem Zeilen wie "Lord knows, what we´re into, now we´ve opened the door" - aus dem Song "Lady Of The River" - durchaus genügen, bitte schön.
Beim hymnischen "Lady Of The River" singt Marcus Mumford dann auch gleich selbst mit, genauso wie beim Song "New Orleans". Ansonsten schauten Winston Marshall von Mumford & Sons bei den Aufnahmen vorbei, oder auch Charlie Fink und Tom Hobden von der englischen Indie-Folk-Band Noah & The Whale, alte Freunde von Charles Costa und Mumford & Sons. Folk-Brüder helfen einander eben aus. Folk Brothers are doing it for themselves, sozusagen. Also ging man ans Werk, stellte etwa Matratzen an die Wände, damit Traktorenlärm und Hofhundgebell nicht so stark zu hören sind, wenn Charles Costa im Dorf in Südwestengland ins Aufnahmemikro sang.
Charles "King Charles" Costa war einmal Soziologiestudent.
Der Titelsong vom neuen Album von King Charles, "Gamble For A Rose", ist orchestral und berührend, und "Coco Chitty" verheimlicht nicht, dass der Gitarrist Charles Costa ein Fan von Jimi Hendrix ist. Dass Multiinstrumentalist Costa auch ein begnadeter Cellist ist, hören wir auf seinem neuen Album ebenfalls. Da gibt es Songs, die von klassischem britischem Folk inspirierte Titel tragen wie "St. Peter´s Gate" oder "Loose Change For The Boatman", aber auch welche, die eher dem Rock´n´Roll verbunden sind, wie etwa "Choke" oder "Animal Desires".
King Charles live!
King Charles spielt am 8. April 2016 im Chaya Fuera in Wien.
Manchen ist insgesamt der Einfluss von Marcus Mumford auf dem Album etwas zu viel, und ja, immer wieder klingt das wirklich nach der so erfolgreichen Band rund um Marcus Mumford. "Gamble For A Rose", so meinen manche gar, ist genau das Album, das Mumford & Sons statt ihrem letzten Longplayer hätten machen sollen. Und wiederum andere sehen in King Charles einen leicht verrückten James Bay in der Warteschleife. Nun ja, "Lord knows, what we´re into, now we´ve opened the door" heißt es ja in einem der Songs von King Charles. Jetzt aber wirklich: All hail the King!