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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

29. 3. 2016 - 16:33

Ein Recht auf dieses Verhalten?

Sexistische Übergriffe gibt es auch im Zug - unter dem Hashtag #imzugpassiert werden sie geteilt.

Seit zwei Tagen gibt es eine Sexismusdebatte auf Twitter: Begonnen hat es damit, dass eine deutsche Lokalbahn beschlossen hat, in ihren Zügen Frauenabteile einzurichten, wie es das in Österreich schon gibt. Das hat eine Debatte darüber verursacht, warum das überhaupt notwendig sei und ob das etwas mit den Übergriffen von Köln zu tun hätte.

Anna Lena Bankel, ehemalige ÖH-Mandatarin und Kunststudentin in Wien, hat dann den Hashtag #imzugpassiert gestartet, unter dem seither Frauen ihre teils erschreckenden Erlebnisse mit sexualisierter Gewalt in Zügen erzählen. Und natürlich hat es nicht lange gedauert, bis die Trolle den Hashtag für sich entdeckt haben.

Wir haben in FM4 Connected mit Anna Lena Bankel telefoniert.

Du hast am vergangenen Wochenende den Hashtag #imzugpassiert in Leben gerufen. Welche Stories hast du unter dem Hashtag geteilt?

Anna-Lena Bankel am 07. Mai 2013 während einer Diskussion der bundesweiten Spitzenkandidaten zur ÖH- Wahl an der Universität Wien.

APA- FOTO: GEORG HOCHMUTH

Anna Lena Bankel

Teilweise ganz harmlose Geschichten, wo ich im Zug angesprochen oder in längere Gespräche verwickelt wurde, obwohl ich gar kein Interesse gezeigt habe oder sogar deutlich gemacht habe, dass ich lieber meine Ruhe hätte. Ich habe allerdings auch erlebt, dass sich nachts im ICE in einem ziemlich leeren Waggon plötzlich ein Mann neben mich gesetzt hat, obwohl es genügend Plätze gab. Das war mir sehr suspekt. Der Mann ist aber nach einer halben Stunde wieder aufgestanden und gegangen. Einer Person, die mir sehr nahesteht ist eine Sache passiert, die auch sehr oft auf Twitter geteilt wurde: Sie ist mit ihrem vierjährigen Sohn mit der Bahn gefahren und auf dem Platz gegenüber haben Männer beraten, ob sie sie vergewaltigen sollen und wie das wohl wäre. Das hat mich total schockiert.

Es gibt immer noch sehr viel Reaktionen auf #imzugpassiert – positive, aber auch viele negative…

Ja, ich werde da bestürmt mit allen möglichen Beschuldigungen, Verurteilungen, Beschimpfungen... Wie überhaupt in den Hashtag ganz viel reingepostet wird, dass die Erlebnisse, die die Frauen schildern, unglaubwürdig oder keine wirkliche Belästigung seien.

Nach #aufschrei, #ausnahmslos und Co. kennt man das ja schon: Frauen posten ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung - in diesem Fall im Zug - und schon gibt es Posterinnen und Poster, die finden, sie sollen sich nicht so anstellen oder die sich grundsätzlich darüber lustig machen. Warum, glaubst du, kommt immer diese Antwort, wenn Frauen auf Alltagssexismus hinweisen?

Ich glaube auf der einen Seite gibt es echt Männer, die meinen, sie haben ein Recht auf dieses Verhalten, das sie gar nicht als übergriffig empfinden. Auf der anderen Seite gibt es auch Menschen, die nicht wahrhaben wollen, dass es immer noch so viele größere und kleinere Grenzüberschreitungen gegenüber Frauen gibt.

Frauenabteile, die der Auslöser dieser ganzen Debatte waren, gibt es in Österreich schon seit den neunziger Jahren - allerdings immer weniger, weil das Sechser Abteil kaum mehr auf der Langstrecke vorkommt. Findest du, solche Frauenabteile sind die Lösung des Problems?

Solange wir diesen Zustand in unserer Gesellschaft haben, sind Frauenabteile ein Serviceangebot, das Frauen nutzen können. Dass Frauen einen Bedarf an ihnen melden, ist einfach nicht wegzudiskutieren.

Vielen Dank für das Gespräch!