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Rainer Springenschmid

Punk & Politik, Fußball & Feuilleton: Don't believe the hype!

29. 3. 2016 - 15:30

Hinter den Wäldern: Abalonia

Turbostaat kommen mit ihrem großartigen neuen Album "Abalonia" auf Tour in die Wiener Arena.


CD Cover "Abalonia" von Turbostaat, schwarz-weiß

Turbostaat

Wenn es eine Band gibt, die das Adjektiv stilsicher verkörpert, dann sind das Turbostaat. Immer genau am richtigen Weg zwischen Abgeklärtheit und Empathie, zwischen historischen Emocore- und Deutschpunk-Referenzen und dem Hier und Jetzt, eine tätowierte Männer-Rock-Partie, die fast gar nicht nach Bierschweiß riecht und nicht zu sehr nach Dichterblut, die den Krach zurückgeschraubt hat, ohne ihre Ecken und Kanten einzubüßen – und die das alles seit mehr als 16 Jahren lakonisch, selbstverständlich und unangestrengt ausschauen lässt.

Die Band Turbostaat steht bei Ebbe an der Küste, die Hände in den Hosen- und Jackentaschen

Andreas Hornoff

Auf dem neuen Album "Abalonia" erzählen sie von einer düsteren Reise in den unbekannten Landstrich Abalonia. Unterwegs treffen Turbostaat auf so manches, was einem im Hier und Heute unangenehm bekannt vorkommt.

Ist das Quatsch, oder ist das euer Ernst?

Ein Konzeptalbum soll "Abalonia" sein, das erzählt uns der Pressetext, und bei aller Stilsichertheit schrillen die Alarmglocken: Turbostaat haben doch hoffentlich nicht etwa den alten Trick angewandt, inhaltliche Ideen-Armut mit groß aufgetürmten Konzept-Ideen zu übertünchen? Um sich dann vielleicht auch noch "neu zu erfinden"? Nein, keine Angst, das Gegenteil ist der Fall.

"Abalonia" ist so heutig, so in der Gegenwart verwurzelt, und doch so Turbostaat durch und durch, dass man fast erschrickt. Sind die Dystopien, die Beklemmung, die morsche, sprachlose Wut, die Turbostaat in ihren immer düsterer werdenden Alben der letzten Jahre beschreiben, wirklich in der Realität angekommen?

Ganz oben in der Mitte wohnt der Hass

Turbostaat live am 30.3.2016 in der Wiener Arena und im Sommer am Hurricane / Southside Festival.

Das mit dem Konzeptalbum, sagt die Band, ist jedenfalls eher nachträglich entstanden, und eine politische Band aus politischen Menschen waren sie eh schon immer. Wenn auch politisch bei Turbostaat nie Parolen gemeint hat, sondern immer Stimmungen und Geschichten. Nur ab und zu blitzt es auf, das gerade Wort, in "Die Arschgesichter" oder im Pegida-Song "Der Wels". Turbostaat sind auch weiterhin die Meister des Klaren im Ungefähren.

Auf Abalonia kann man Turbostaat weiter beim Wachsen zuschauen, und man kann zusammen mit ihnen erschrecken über den Ungeist der Zeit. Man kann die Wut darüber in Gedanken verwandeln und auch ein bisschen Trost finden in der Wärme der Songs. Und man kann sich an ihrer Beharrlichkeit aufbauen und mit ihnen den Focus schärfen, gegen die Kälte und gegen die Angst.

Turbostaat bei Ebbe am Strand

Andreas Hornoff