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Susi Ondrušová

Preview / Review

28. 3. 2016 - 15:43

Das neue Album von M. Ward "More Rain"

Mit wenig Mitteln viel sagen.

Langweilig war M. Ward noch nie. Gemeinsam mit der Schauspielerin Zooey Deschanel ist Matt Ward 50% vom Projekt She&Him, bei Monsters Of Folk musiziert er mit Jim James und Conor Oberst. Und wenn er nicht an seinen Solo-Alben arbeitet, produziert er andere Künstlerinnen. Wie zuletzt Mavis Staples und ihr aktuelles Album "Livin’ On A High Note". Eine großartige Erfahrung wie Matt Ward meint: "She is 76 years old and she probably tours more than me!"

Merge Records

Touren ist für den Musiker ein bisschen wie "Und täglich grüßt das Murmeltier". Neue Städte sehen schön und gut, aber die immer sich wiederholenden Rituale, die eine lange Tour mit sich bringt, entsprechen nicht seiner Wunschvorstellung von Freizeit oder Freiheit. Als ich M. Ward anrufe, um über sein neues Album zu sprechen, sitzt er in Austin, Texas - wird ein paar Konzerte spielen, einige Interviews geben. Ob er das auch in Österreich machen wird? Er hofft es: "I love Austria!" - "Austria or tour didn't happen" schreibe ich, als ich sehe, dass M. Ward im April nach Berlin kommen wird.
Später im Sommer wird M. Ward in der Hollywood Bowl als Support vor Brian Wilson auftreten. Für den im Conejo Valley im Süden Kaliforniens aufgewachsenen Musiker eine große Ehre. Nicht nur weil er auf dem neuen Album "You´re So Good To Me" von den Beach Boys covert.

Schließlich waren es Buddy Holly, Elvis Presley und die Beach Boys, die in ihm eine Liebe zu Doo Wop erweckt haben. Die neuen Songs sind vom Doo Wop der 50er und 60er inspiriert. "The ability to get four or five voices together - they didn’t have the money to use strings, so they used their voices. It was all very simple and I love that idea. As well as using your voice for the bass and the percussion - everything really. They were able to achieve that great sound!"
Sehr schön zu hören zum Beispiel im Song "Time Wont Wait" oder "Little Baby".


Angefangen haben die Arbeiten an den neuen Songs mit der Stimme und der Gitarre. In seinem Studio hat er dann "Stimmen" seiner Freunde gehört "I could hear what they could do to the song! And I like the process of giving a talented musician friend a song they´ve never heard and play it for them at the studio and pressing record to see what happens! Thats what´s a lot on my records. There´s something surprising and instinctual that happens that you can´t get anywhere else. So it´s about balancing the pre-arrangements with leaving things unarranged and open to chaos!"

Musiker-Freundinnen von Matt Ward, die auf dem Album nun zu hören sind: KD Lang, Neko Case oder der ehemalige R.E.M. Gitarrist Peter Buck, der im Song "Phenomenon" zur Mandoline greift.
Konzeptalben sind für M. Ward nichts Neues. Man höre das 2003 veröffentlichte Album "Transfiguration of Vincent" oder "Transistor Radio" aus 2005 - ein Album mit dem Thema "Memories of a utopian radio power" - gewidmet an "the last of the independent and open format ones of any kind!"


"More Rain" hat nicht so sehr ein Konzept als eine Erklärung für das was die Songs zusammenhält. Ein Album mit einem Beipack-Zettel. M. Ward fragt sich wie man in Zeiten von ständig verfügbaren, ständig abrufbereiten Nachrichten so weitermachen kann, wie es uns einen Click weiter oder eine Seite später die - sagen wir mal - Werbung oder Styling-Ratgeber-Kolumnen versuchen vorzuleben?

M. Ward meint: "There must be a place in our brains that allows us to take a bird’s-eye view of humanity, and I think music is good at helping people - myself included - go to that place." Das ist für ihn der Anfang eines Dialoges: "For me it’s work and it’s music that helps put things in perspective and being able to pay attention to what you´re passionate about is really an important part of life."


Die Songs auf "More Rain" sind vom Text her viel minimalistischer als man es erwarten würde. Mit wenigen Worten viel sagen, wie in "Girl From Conejo Valley" in dem er verschiedene Charaktere beschreibt, die ihm in diesem Conejo Valley schon begegnet sind oder die er sich vorstellt dort zu begegnen. "I think every writer as they grow tries to say more with fewer words. That´s good for poetry, it´s good for writing books, really everything. I like experiencing that kind of economy if I go see a movie or looking at a painting or something. If there´s too much needless images in a painting it becomes very uninteresting very quickly!"

So ergänzen sich die manchmal fast schon zart geflüsterten Texte mit der Musik, es wäre zu billig zu sagen "More Rain" ist ein Album für verregnete Tage. Welches M. Ward Album ist es nicht! Es ist ein Album für alle, die so wie M. Ward keine snare drums hören wollen. Die Stimmen weit vorne, getragen von lautpoetischen Chören und die Musik so produziert, dass man mit jedem Mal hören ein anderes Instrument oder Detail entdecken kann. M. Ward hasst übrigens snare drums. So wie er es aus "european dance music" kennt. Und erklärt zum Schluss: "If you´re buying this record to hear some heavy bass, you should probably buy a different record."