Erstellt am: 27. 3. 2016 - 20:51 Uhr
The daily Blumenau. Weekend Edition, 27-03-16.
#euro16 #fußballjournal16
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
2016 wieder regelmäßig.
Zum Länderspiel äußert sich auch Momo Akhondi auf 90minuten.at, ebenso wie Jakob Faber auf laola1.at und Tom Schaffer auf ballverliebt.eu.
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Der Kader des ÖFB für die Test-Heimspiele gegen Albanien (26.3.) und die Türkei (29.3.):
Tor: Robert Almer (Austria), Heinz Lindner (Eintracht Frankfurt/D), Ramazan Özcan (Ingolstadt/D); Auf Abruf: Daniel Bachmann (Stoke/ENG).
Abwehr: Florian Klein (VfB Stuttgart/D), György Garics (Darmstadt/D), Aleksandar Dragovic (Dyn. Kiew/UKR), Sebastian Prödl (Watford/ ENG), Kevin Wimmer (Tottenham/ENG), Martin Hinteregger (Mönchen-gladbach/D), Christian Fuchs (Leicester/ENG), Markus Suttner (Ingolstadt/D); Auf Abruf: Christopher Trimmel, Emanuel Pogatetz (Union Berlin/D), Michael Madl (Fulham/ENG), Andreas Ulmer (RB Salzburg); Stefan Stangl (Rapid).
Mittelfeld: David Alaba (Bayern München/D), Julian Baumgartlinger (Mainz/D), Stefan Ilsanker (RB Leipzig/D), Alessandro Schöpf (Schalke/D), Zlatko Junuzovic (Werder Bremen/D), Jakob Jantscher (Luzern/SUI), Marko Arnautovic (Stoke/ENG), Martin Harnik (VfB Stuttgart/D); Kurzfristig verletzt hat sich Marcel Sabitzer (RB Leipzig/D); Nachnominiert: Guido Burgstaller (Nürnberg/D). Auf Abruf: Veli Kavlak (Besiktas/TUR), Yasin Pehlivan, Valentino Lazaro (RB Salzburg), Andreas Ivanschitz (Seattle Sounders/USA), Florian Grillitsch (Werder Bremen/D), Florian Kainz, Philipp Schobesberger (Rapid).
Angriff: Lukas Hinterseer (Ingolstadt(D), Rubin Okotie (1860 München/D), Marc Janko (Basel/SUI); Auf Abruf: Karim Onisiwo (Mainz/D); Michael Gregoritsch (Hamburger SV/D).
Verletzt: Andreas Lukse (Altach), Christoph Leitgeb (RB Salzburg).
Schon unter Koller im Einsatz, jetzt aber out: Andreas Weimann (Derby County/ENG), Philip Hosiner (Köln/D), Michael Liendl (1860 München/D), Marco Djuricin (Brentford/ ENG), Erwin Hoffer (Karlsruher SC/D), Philipp Zulechner (YB/SUI).
Im offiziellen ÖFB-Großkader, aber out: Cican Stankovic (RB Salzburg), Thomas Gebauer (Ried). Zuletzt berufen, aktuell out: Stefan Lainer (RB Salzburg), Christopher Dibon, Stefan Schwab (Rapid), Robert Gucher (Frosinone/ITA).
Der Teamchef war kritisch nach dem 2:1 gegen Albanien am Samstag-Nachmittag. Zurecht. Der Rückfall zu Beginn von Halbzeit 2; das aus Laiensicht knappe Ergebnis; taktische Undiszipliniertheiten etc - all das sollte eine Lehre sein, bot Luft nach oben. Aber: im Ernstfall Euro wird es genau die von der Mannschaft an den Tag gelegte Kunst mit den Fehlern und Ungereimtheiten schlussendlich dann zumindest resultatsmäßig fertig zu werden sein, die knappe Matches retten wird.
Die innere Sicherheit und die Befreiung aus einer miesen Lage
Zwei Prämissen:
1.) bei der aktuellen Mängelliste des ÖFB-Teams wird auf ziemlich hohem Niveau die Nase gerümpft.
2.) dieses kritische Rümpfen erfolgt aber insofern natürlich zurecht, weil es fürs ÖFB-Team um die bestmögliche Einstellung für eine selbsterkämpfte Euro ever geht, und da keine Anstrengung zu gering und keine Kleinigkeit zu unbeachtet bleiben darf.
Dass Marcel Koller nach einem gewonnenen Test, bei dem Österreich nie Gefahr lief zu verlieren (oder auch nur Remis zu spielen) mit seinen Anmerkungen in die (bei 1) erwähnte Zone des hohen Niveaus geht, liegt in seinem Wissen um die (bei 2) erwähnte Zone der (noch zu erreichenden) Einstellung.
Dass sich dabei, eher zufällig, eine Schnittmenge mit den Stammtischen ergibt, die Albanien bar jeden Wissens noch als Jausengegner einstufen und bar jeder inhaltlichen Kompetenz einen hohen Sieg gefordert hatten und sich angesichts einer offenkundig verschlafenen Beginns der 2. Halbzeit bemüßigt fühlen die grundsätzliche Einstellung der ÖFB-Truppe anzumäkeln, hat genau gar keine Bedeutung.
Koller weiß auch um die boulevardeske und fähnchenindenwindhängende Verfasstheit der Medien und des von ihnen missgebildeten Publikums und hat genau deshalb bis dato immer auf entsprechende implizite Befeuerung verzichtet (bzw das intern abgehandelt). Die nahende Euro und die innere Sicherheit seiner Mannschaft haben ihn aber dazu veranlasst, diese bisher durchaus sinnvolle Schutzfunktion aufzugeben. Und seine Kritik mit leicht in falsche Kehlen träufelnden Slogans wie "zu wenig Disziplin", "bei der EM wird das so nicht gehen" zu versehen.
Wiewohl es wohl ganz genau so gehen wird. Dass nämlich das ÖFB-Team seine permanente und niemals zu Ende zu bringende Entwicklung mitten in einem wichtigen learning by doing in seinem ersten Turnier seit ewigen Zeiten spielen wird. Und sich auch dort aus miesen Situationen befreien wird müssen, Fehler, die aus welchen Ursachen auch immer entstehen, abschütteln und überwinden wird müssen und einen Gegner, der kurz einmal Oberluft geatmet hat, so effektiv deeskalieren und wieder zurückdrängen wird müssen. Und können.
Ganz wie das bei Albanien (nach zehn oder 15 Minuten in Halbzeit 2) der Fall war.
Beim samstäglichen Spiel kam ja noch dazu, dass die Albaner es wirklich als Test nutzten, in Halbzeit 1 einige Ersatzleute ausprobierten und erst ab dem Anpfiff zu Halbzeit 2 mit der halbwegs besten Besetzung (mit Roshi und Çikalleshi) spielten; und so leicht mehr Druck ausüben konnten. Derlei wird bei der Euro, wo wohl jeder Coach mit seiner Einser-Panier starten wird, unter Garantie nicht passieren.
Die neue Verteilung im zentralen Mittelfeld und die schiefe Abwehr
Dazu kommt, dass das, was für Fehleranfälligkeit sorgte und zum Gegentor führte - nämlich die slightly neugetunte Staffelung in der Mittelfeldzentrale - auf der anderen Seite auch ausschlaggebend für die schnell hergestellte Überlegenheit in Halbzeit 1 war. Baumgartlinger, Alaba und Junuzovic übten da die hohe Kunst der kompletten Unausrechenbarkeit, verließen immer wieder ihre eigentlichen Rollen als 6er, 8er und 10er und setzten so den Motor des Gegners außer Kraft., vor allem mit schnellen Durchsteckereien von schnell und genau geschlagenen Vertikal-Bällen. Albanien, das mit drei sehr tighten zentralen Mittelfeldspielern antritt (der junge Xhaka, Abrashi und diesmal Kace markieren bullige 6/8er-Hybride, die die gesamte Zone zwischen den beiden Strafräumen als ihr Territorium betrachten) bezieht seine Qualität aus der Sicherheit dieses in erster Linie auf Verteidigung eingeschworenen Umschalt-Dynamos, und wurde in Halbzeit 1 von der so nicht erwarteten Präsenz der österreichischen Zentrale entscheidend überrollt.
Dass die österreichischen Tore (und andere Großchancen) aus schnellen und weiten Bällen in die Spitze bzw Standards (und Fehler vor allem von Mavraj) entstanden, ist kein Widerspruch, sondern Ausdruck der Tatsache, dass der Mannschaft von Coach De Biasi ihr gewohntes Spiel verwehrt blieb.
Die zweite ungewöhnliche Maßnahme lag in einer ebenso nur leicht neugetunten Maßnahme, einer deutlich asymmetrischen Abwehr. Hinteregger halblinks war letzter Mann und spielte den ersten Pass, Dragovic halbrecht stand einige Meter vor ihm und war so - wie meist - wichtigster Spieleröffner, Fuchs links blieb fast auf einer Höhe mit Dragovic, während Klein rechts praktisch immer jenseits der Mittellinie agierte. Das hatte nichts mit den jeweiligen Gegenspielern zu tun (rechtsaußen hatte Albanien mit Lila seinen schwächsten Mann, links mit Lenjani einen seiner besten), sondern soll die Stärken und Schwächen der offensiven Außenspieler (Harnik bzw Arnautovic) betonen bzw kaschieren. Auch damit sorgte das ÖFB-Team dafür, dass Albanien über 45 Minuten keinen Fuß ins Spiel fand.
Während man defensiv wie eigentlich immer in einem 4-4-2 stand (mit Junuzovic als Pressingpartner von Janko ganz vorne), ergab sich offensiv meist ein 3-1-5-1, was wiederum Albanien in eine zeitweilige 5er- und 6er-Abwehrkettenverwendung zwang.
Alle sind ersetzbar, nur das dynamische Herz nicht
Apropos Albanien: es ist eine Nebenbei-Erkenntnis des gestrigen Abends, dass sich hier eine taktisch reife Mannschaft präsentierte, die diesbezüglich dem Gruppengegner Schweiz meiner Absicht nach überlegen ist. Wie die Skipetaren fluid von 5-4-1 in 4-5-1 bzw 4-3-3 wechselten, wie sie nach der roten Karte die Schlussphase mit einem schlauen 4-3-2 bestritten, das war aller Ehren wert und kann gegen Teams, die sie unterschätzen zum Erfolg führen. Gegen Österreich gingen deutlich zu wenige ihrer Spielzug-Ideen wirklich auf - auch weil die ÖFB-Defensive zuallermeist personelle Überlegenheit erzielen konnte.
Das ÖFB-Team hat sich nicht nur in seiner Interpretation von Abwehr-Balance und der Arbeit im zentralen Mittelfeld (Stichwort: schnelle Durchsteck-Passes in die Schnittstellen und Löcher) entwickelt, auch die Standards klappten schon deutlich besser als noch zuletzt; da war Ideenfindung spürbar.
Gewinner des Spiels waren auch einige der eingesetzten Reservisten: Burgstaller (der sich in ganz wenig Zeit ganz oft hervortat), Schöpf bei seinem Debut, Ilsanker als Stabilisator und natürlich Wimmer, der die heikle Position des linken Innenverteidiger klaglos übernehmen konnte.
Damit sind wir aber schon beim vielleicht größten Problem des ÖFB-Teams angelangt. Die Fähigkeiten des zentralen Trios Baumgartlinger-Alaba-Junuzovic sind in dieser Konstellation von niemandem sonst zu übernehmen. Soll heißen: wenn einer oder gar zwei ausfallen, dann bedeutet das eine völlig andere, und vor allem nicht entwicklungsfähige Spielweise. B-A-J sind wie ein selbstlernendes Programm, das innerhalb eines Spiels - auch ganz ohne Ingame-Coaching - Fehlererkennung und -Behebung betreiben und so viele Gegner um den entscheidenden Kreativ-Faktor überragend wird. Natürlich würde auch die Abwesenheit von Janko, Arnautovic, Dragovic oder Hinteregger eine Qualitätsminderung nach sich ziehen - die Funktion des dynamischen Herzes ist aber noch wichtiger.
Österreich - Albanien, Samstag 26.3.2016, Happel-Stadion Wien
Österreich: Almer; Klein, Dragović, Hinteregger (46.Wimmer), Fuchs (46.Suttner); Baumgartlinger (76. Ilsanker), Alaba (87. Schöpf); Harnik, Junuzović, Arnautović (87. Burgstaller); Janko (79. Okotie).
Albanien: Berisha; Hysaj, Cana, Mavraj, Agolli; Abrashi (86. Basha), Kaçe, T. Xhaka (86. Kukeli); Lila (46. Roshi), Lenjani (79. Sadiku); Balaj (46. Çikalleshi).