Erstellt am: 25. 3. 2016 - 15:14 Uhr
"We have redefined our role"
Derzeit kommen weniger Flüchtlinge aus der Türkei über die Ägäis, so die neuesten Meldungen aus Griechenland. Nur 161 Menschen waren es in den letzten 24 Stunden. Am Donnerstag ist zum ersten Mal seit Monaten kein einziger Flüchtling auf den griechischen Inseln angekommen.
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APA/AFP/STR
Die Neuankömmlinge auf den griechischen Inseln werden, so das aktuelle Prozedere, in den bereits eingerichteten Hotspots festgehalten, bis sie ab 4. April in die Türkei zurückgeschoben werden. Das sieht der europäisch-türkische Flüchtlingspakt vor, der vergangenen Sonntag in Kraft getreten ist.
Freiheitsberaubung
Das offizielle Statement von UNHCR zum EU-Türkei-Deal
Wegen dieses Festhaltens von Flüchtlingen in den Lagern haben diese Woche mehrere Hilfsorganisationen, darunter UNHCR und Ärzte Ohne Grenzen die Zusammenarbeit mit der EU aufgekündigt. Ihrer Meinung nach kommt das Festhalten der Flüchtlinge in den Hotspots Freiheitsberaubung gleich. Ich habe Babar Baloch, UNHCR-Sprecher und derzeit in Griechenland unterwegs, am Telefon erreicht und gefragt, warum das UNHCR sich zu diesem Schritt entschlossen hat.
"We have said that we will not be part of any forced returns and also we oppose mandatory detention", sagt Babar Baloch. Deshalb hat das UN-Flüchtlingskommissariat zum Beispiel auf Lesbos alle Transporte von Flüchtlingen in das Flüchtlingslager Moria eingestellt. Flüchtlinge, die an der Küste und im Hafen von Lesbos ankommen, werden aber weiterhin betreut. Auch Ärzte ohne Grenzen hat seine Arbeit in Moria am Dienstag beendet.

APA/AFP/FABIO BUCCIARELLI
Beobachten und Beraten
Das UNHCR hat die Hotspots in Griechenland aber nicht verlassen, betont Baloch. "We have revised and limited our role in those centers. We haven’t left. We have a responsibility in terms of monitoring, observing how things will proceed over there. And still we would very much like to inform people about their rights as they arrive in Greece."
Den EU-Türkei-Deal sieht das UNHCR kritisch. Babar Baloch hält die Einführung der neuen Regelung für übereilt, er meint auch, die Rechte von Flüchtlingen könnten so nicht ausreichend gewahrt werden. Damit die Flüchtlinge nicht so lange in den Aufnahmezentren festgehalten werden, müssten genug BeamtInnen und ÜbersetzerInnen vor Ort sein, um deren Asylstatus zu prüfen. Eigentlich sollten ab 4. April die Rückschiebungen beginnen. Heute heißt es aber, dass erst sehr wenige der rund 2.300 versprochenen Asyl- und SicherheitsexpertInnen sowie ÜbersetzerInnen aus anderen EU-Staaten in Griechenland eingetroffen sind.
Der UNHCR-Sprecher weist darauf hin, dass in dem offiziellen Papier zum EU-Türkei-Deal festgehalten wurde, dass Internationales und EU-Recht weiterhin eingehalten werden. "We hope that is the case and those commitments will be respected. Because we should not forget: We are not talking about migrants here, we are talking about refugees. Asylum seekers who are running from war, conflict, insecurity and extremism!"
Türkei – ein sicheres Drittland?
Damit die Flüchtlinge ab 4. April in die Türkei zurückgeschoben werden können, müsste Griechenland die Türkei als sicheres Drittland definieren. Mitte der Woche hat eine Sprecherin der griechischen Regierung allerdings angekündigt, Griechenland würde das eventuell nicht tun bzw. die rechtlichen Rahmenbedingungen noch abklären.
Wenn die Türkei von Griechenland nicht als sicherer Drittstaat anerkannt wird, könnte das die Umsetzung des EU Türkei-Deals sehr verkomplizieren, wenn nicht sogar unmöglich machen. Noch ist die Ankündigung aber eher vage. Wir wissen mehr am nächsten Mittwoch, dann soll das griechische Parlament hier seine Entscheidung treffen.