Erstellt am: 18. 3. 2016 - 12:00 Uhr
Die schöne Frau und des Führers Schwester
Die Filmschau „Österreicherinnen in Hollywood“ läuft noch bis 31. März im Metro Kinokulturhaus in Wien.
Sie ist die berühmteste der Österreicherinnen in Hollywood, sie verkörpert Glamour mit jeder Spitze ihrer perfekt gezupft und gerundeten Augenbrauen und hat aber diesen Glamour mit einem einzigen Satz als irrelevant erklärt. Any girl can be glamorous. All you have to do is stand still and look stupid. Hollywood-Studioboss Louis B. Mayer macht aus der Wienerin Hedwig Kiesler Hedy Lamarr und versieht sie mit dem Attribut die schönste Frau der Welt.
Die Schauspielerin und Erfinderin wird in den späten 1930er Jahren zum Filmstar, eine Ikone des Film Noir. Das Filmarchiv Austria zeigt im Rahmen seiner aktuellen Filmschau "Ziegfeld Girl", die in Wien geborene Lamarr und "America’s Sweetheart" Judy Garland hängen Showbusinessträumen nach und tanzen in fantastisch extravaganten Kostümen über funkelnde Showbühnen. Lamarrs Figur Sandra erklärt den Beruf der Showtänzerin ähnlich wie die Schauspielerin den Glamour. It’s a little stupid.
filmarchiv austria
Ihre schauspielerische Ausbildung erlang sie Ende der 1920er Jahre unter Max Reinhardt in Berlin. 10 Jahre später hat nicht nur Lamarr, sondern auch Reinhardt - gemeinsam mit seiner Frau, Schauspielerin Helene Thimig - Europa hinter sich gelassen.
Mein Bruder, der Führer
Hello Adolf. Mit ihren ersten Sätzen in "The Hitler Gang" begrüßt Helene Thimig jenen Mann, wegen dem sie Europa hinter sich gelassen hat. Hello Adolf. It’s been 20 years. Thimig spielt hier Angela - Hitlers Halbschwester - und in den Filmen, die sie im Hollywood-Exil dreht, wird sie meistens als deutsche Frau besetzt. Die spätere Burgschauspielerin - die in Wien geborene Thimig kehrt nach Kriegsende nach Österreich zurück - kommt 1937 nach Los Angeles.
Nachdem ihr Ehemann Max Reinhardt die "Ehren-Arierschaft" abgelehnt hatte und es somit schwierig bis unmöglich wurde weiter in Deutschland und Österreich zu arbeiten, suchen die beiden wie so viele andere KünstlerInnen Unterschlupf und Arbeit in Tinseltown. Im echten Leben entkommen sie dem Gräuel des Nationalsozialismus, auf der Leinwand aber nicht. In den wenigen Filmen, die sich vor und während des zweiten Weltkriegs mit Hitler auseinandersetzen, werden gerne österreichische und deutsche SchauspielerInnen besetzt.
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Neben Helene Thimig findet sich in "The Hitler Gang" auch Poli Dur. Hello Uncle Adolf sagt sie mit unüberhörbarem Akzent als Hitlers Nichte Geli. Den Namen hat sich die als Elisabeth Handl geborene Tänzerin und Schauspielerin für ihr Standbein in den USA aus einem Film ihres Mannes Walther Reisch geborgt. In "Maskerade" trägt Paula Wesselys Figur den wohlklingenden Namen Poli Dur.
KünstlerInnen im Exil
Reisch arbeitet in Hollywood als Drehbuchautor - unter anderem schreibt er gemeinsam mit Billy Wilder das Skript für Ernst Lubitschs "Ninotchka", Poldi Dur dreht ihren wichtigsten Film 1944 unter der Regie von Fritz Lang, das Drehbuch stammt von Bertolt Brecht. Lubitsch, Lang, Wilder - die amerikanische Filmgeschichte wäre eine andere ohne die KünstlerInnen im Exil, die vor allem in den 1930er Jahren das Kino für immer prägten. Die Screwball-Comedy und der Film Noir, sie sind ohne diese emigrierten Männer und Frauen kaum denkbar.
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Dass auch die Traumfabrik zum Albtraum werden kann, müssen Fritz Lang und viele andere später feststellen. Langs politischer Thriller "Hangmen also die", ein Plädoyer für den Widerstand gegen unterdrückende Systeme, wird später ein Argument, um Lang zumindest als Sympathisanten des Kommunismus darzustellen. Bereits 1938 formiert sich das House Un-American Activities Committee, das in den 1950er Jahren unter US-Senator Joseph McCarthy zu einer Hexenjagd wird. Die, die allzu leidenschaftlich und eindeutig in ihren Warnungen vor Hitler und dem Faschismus waren, fielen dann schnell unter Verdacht, das amerikanische Wertesystem mit perfiden linken Ideen zu unterwandern. Im als sicheren Hafen angenommenen Hollywood landen viele schließlich auf der schwarzen Liste.
Die beste Freundin Garbos
In der bemerkenswerten Salka Viertel verdichtet sich - fast Forrest-Gump-gleich - die europäische und amerikanische Geschichte. Die als Salomea Sara Steuermann in der heutigen Ukraine geborene Schauspielerin und Drehbuchautorin kommt bereits 1928 in die USA, gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Komponisten Bernhard Viertel, und den vier Söhnen. Eigentlich will die Familie nur vier Jahre bleiben, doch in das Europa, in das sich ihre Heimat unter Hitlers Aufstieg verwandelt hat, will man nicht zurückkehren. Die Viertels bleiben in Los Angeles, Salka beginnt als Drehbuchautorin für MGM zu arbeiten, auf einer Feier bei Ernst Lubitsch lernt sie eine junge Frau kennen, die ihre beste Freundin und Gefährtin bis zu deren Tod wird: Greta Garbo. Sie schreibt Rollen für die göttliche Garbo, unter anderem die der schwedischen Monarchin in "Queen Christina", die der Schauspielerin dabei helfen, das inzwischen ungeliebte Image als Vamp loszuwerden.
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Am Mythos der androgynen Diva, der die Garbo heute noch definiert, hat Salka Viertel beträchtlich mitgeschnitzt. Viertels Wohnzimmer im Haus in Santa Monica wird ein Salon für emigrierte KünstlerInnen. Christopher Isherwood wohnt in der Garage, Thomas und Heinrich Mann schauen auf Kaffee und Kuchen vorbei, Brecht sitzt in der Küche. Die Glitzerwelt des Films und die EuropäerInnen im Exil, sie treffen sich auf ein Gulasch bei Salka Viertel.
Doch sie macht mehr, als nur sich in der Fremde befindlichen Künstlerfreunden dabei zu helfen, sich willkommen und zu Hause zu fühlen. Salka Viertel versucht auch jüdischen KünstlerInnen zu helfen, Europa zu verlassen und Arbeit in Hollywood zu finden - unter ihnen Alfred Döblin. Sie ist auch an der Gründung des European Film Fund beteiligt, einer Hilfsorganisation für emigrierte KünstlerInnen. Bereits 1941 landet sie auf der Watchlist des FBI, 11 Jahre später folgt ein Eintrag in den "Communist Index". Red Scare essen Seele auf. Verfolgungswahn macht sich in Hollywood breit, nach Kriegsende kehren viele der KünstlerInnen nach Europa zurück. Viertel wird 1953 die Ausreise verweigert, als sie ihren im Sterben liegenden Ex-Mann noch einmal sehen will.
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Im Hotel
Ähnlich wie Salka Viertel komprimierte Zeitgeschichte verkörpert, entstehen in den 1930er-Jahren Filme, die in einer launigen pars-pro-toto-Manier einen Gesellschaftsquerschnitt zeigen wollen und was bietet sich da besser an als ein Hotel. Der zum Klassiker gewordene "Grand Hotel", in dem Garbo den legendär (und zu ihrem Pensionsmotto gewordenen) Satz "I Want to be alone" haucht, widmet sich den KünstlerInnen und der Haute Volee. Verfilmt wurde hier ein Roman der Wiener Autorin Vicki Baum. 13 Jahre später wird das Buch gleich nochmal verfilmt, das Melodramatische stampft man ein und nennt das ganze "Week-End at the Waldorf". Und weil Vicki Baum an Hotels einen Narren gefressen hatte, gibt es da auch noch die Verfilmung von "Hotel Berlin". Im Deutschland, das sich dem Kriegsende nähert, treffen Nazis, SpionInnen und WiderstandskämpferInnen aufeinander. Wieder mit dabei: Helene Thimig.