Erstellt am: 15. 3. 2016 - 15:29 Uhr
Open Data Sparfuchs
"Vielleicht war ja die ungerechte Taschengeldverteilung schuld..." Dass eine Schwester mehr Taschengeld bekam, als er, war für Rufus Pollock als Kind die größte Ungerechtigkeit der Welt. Ok, dem Mitdreißiger ist es nicht ganz ernst mit der Vermutung, dass sein Interesse für Offene Daten daher kommt. Aber es ist eine gute Geschichte. 2004 gründete der in Cambridge ausgebildete Netzaktivist und Ökonom ebendort die NGO Open Knowledge. Open Source war da noch ein relativ neues und heißes Thema und Wikipedia noch recht unbekannt.
Wohin das Geld fließt
Bekannt wurde die junge Lobbyorganisation dann mit dem Projekt Where-does-my-money-go. In übersichtlichen, bunten Grafiken bekommt man auf dieser Seite den britischen Haushalt visualisiert und kann sich anzeigen lassen, wie viel Steuergeld in Bildung, Gesundheit oder Verteidigung fließt.
Für Rufus Pollock ist Where-does-my-money-go eine Art Posterchild der Open-Data-Bewegung, denn das Projekt veranschaulicht genau das, worum es geht. Um Transparenz und Nachvollziehbarkeit und ganz praktisch ums Sparen: "Das Finanzministerium konnte in einer halben Stunde vier Millionen Pfund sparen, weil offen lag, an welcher Stelle Geld völlig unnötig ausgegeben wurde. Zum Beispiel sind verschiedene Abteilungen drauf gekommen, dass sie sehr teure Studien mehrfach gekauft hatten."
Mittlerweile wurde Where-does-my-money-go zigfach kopiert: Ob auf den Philippinen, in Bosnien, Mexiko oder Indonesien.
Right now: @rufuspollock talking to @annamasoner about Shakespeare, Luther, pocket money and other things #open pic.twitter.com/9acV3rjCVp
— Open Knowledge AT (@OKFNat) 14. März 2016
Shakespeare & Urheberrecht
Eines von Rufus' Lieblingsprojekten ist Open Shakespeare, das eher zum Spaß ins Leben gerufen wurde: "Shakespeare ist ja schon lange tot. Theoretisch sind seine Werke also längst gemeinfrei. Das ist aber meist nicht der Fall. Bücher, die Shakespeares Theaterstücke enthalten, sind oft urheberrechtlich geschützt, weil sie jemand bearbeitet hat." Ein Teil der Übung bestand darin, wirklich gemeinfreie Shakespeare-Texte zu finden und sie online zu stellen. Der andere Teil bestand darin, eine Online-Shakespeare-Edition zusammen zu stellen, komplett mit Fußnoten und Kommentaren. Daran hat Rufus Pollock mit Studierenden gearbeitet. Schließlich wurde aus Open Shakespeare wieder ein gedrucktes Buch, ganz altmodisch.
Auch in Österreich gibt es einen Ableger von Open Knowledge und ein Open Data Portal.
Österreich & Open Data
In Österreich ist das Verhältnis zu Open Data kompliziert - ein Informationsfreiheitsgesetz, also die rechtliche Grundlage für offene Daten, gibt es ja noch immer nicht. Trotzdem findet man offene Datensätze. In Wien teilen die Wiener Linien ihre Echtzeitdaten, man weiß auch wie viele unterschiedliche Hunderassen in einem Bezirk Gassi gehen. Brisantere Infos sind allerdings Mangelware. Von halbherziger Open-Data-Bereitschaft lässt sich Rufus Pollock jedenfalls nicht entmutigen. Er hat eine, nunja, langfristige Perspektive: "Das geht nicht von heute auf morgen, der Wandel im Denken und Tun braucht seine Zeit. Es wird Jahrzehnte dauern. Aber Offene Daten gehören zu Politik. Und Verwaltung kann nicht mehr ohne offene Daten gedacht werden."