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Christian Lehner Berlin

Pop, Politik und das olle Leben

14. 3. 2016 - 18:03

Romano live in Ösistan

Der Rap-Entertainer aus Berlin-Köpenick kommt für zwei Shows nach Österreich. Eine Empfehlung.

S-Bahnhof Köpenick an einem windigen Februarvormittag. 20 Kilometer entfernt vom Brandenburger Tor an der südöstlichen Peripherie Berlins macht sich das Leben breit. Die Züge, die Romano in seinem Debüt "Jenseits von Köpenick" als "Sextrains" bezeichnet, spucken Menschen aus und sammeln Menschen ein. Die Jungen fahren ins Stadtzentrum, die Alten kommen ins "Center". Hunderte Omis und Opis frequentieren die Bahnhofsstraße vor dem Forum Köpenick, einer Shopping Mall, die von den Locals anscheinend als eine Art Mega-Cafe genutzt wird.

Romano In Köpenick

Christian Lehner

Davor zerschneiden die gelben Trams und Busse der BVG, die wie von unsichtbarer Hand geführt über die Verkehrswege rollen, die Menschenmasse zu Knäuel. Ein Schwarzhändler vertickt Schmuggel-Zigaretten aus einer Sporttasche. Ein Drehorgelmann leiert den Preußen-Blues. Der Verkäufer am Imbiss lässt die alte Frau anschreiben. Gibt es so ein Berlin überhaupt noch?

Romano live in Österreich am Dienstag, 15. März im Linzer Posthof und am Mittwoch, 16. März in der Wiener Arena.

Wir, ein kleines ORF-Kamerateam und ich, hängen vor dem Fan-Shop von Union Berlin ab und filmen das Treiben. Da tänzelt Romano aus der Menge. Kaffeebecher in der Hand, federnder Sportschritt, hippe Bomberjacke. Die Zöpfe schwingen freudig. Zur Begrüßung setzt es einen zarten Klaps auf den Po, schließlich hat man sich schon mal getroffen und zählt seitdem zu den bedingunglos Beklatschbaren. Romanos High-Five auf den Sitzmuskel ist keine Geste der übergriffigen Dominanz und auch nicht das Begrüßungsritual eines exklusiven Zirkels, sondern eine des allgemeinen Wohlsinns nach gegenseitiger Verständigung. Und sie sagt viel aus über die ziemlich einzigartige Zeichenwelt des gelernten Mediengestalters aus Köpenick.

Romano In Köpenick

Christian Lehner

Bereits die ersten Sequenzen des Videos von Metalkutte mussten auf Genre-Puristen allerdings wie ein Tritt in den Po gewirkt haben: Aus dem deutschen HipHop Klischee No. 1, dem Plattenbau, schält sich keine grimmige Basecap mit schlechter Haut und noch schlechteren Gedanken, sondern ein blondierter Paradiesvogel mit Pippi-Zöpfen, einem Faible für manikürte Fingernägel, selbstgemixtes Nachtparfum und einer Boygroup-Choreografie mit den auf Tod geschminkten Fratzen des Death Metal. Der Clip tauchte im vergangenen Frühjahr wie aus dem Nichts auf und wurde zum viralen Instant-Hit.

Und doch rappt hier ein Cornerboy, der - das zeigte unser Rundgang durch Köpenick - eine respektierte Kiez-Größe ist, die mit taffen Buben und Mädchen genau so gut kann, wie mit an Lottoscheinen rubbelnden Omis und Opis. Romano ist eine Kunstfigur, die sich zurück auf die Straße übersetzen kann und mit dem Querschnitt der Berliner Demographie Selfies schießt.

Die Gegensätze und Zusammenhänge, die manchmal so abwegig erscheinen, dass man nicht einmal auf die Idee käme, sie als solche zu denken oder sie überhaupt in einen Gedanken zu fassen, finden in weiteren Tracks und Clips seines Debüts wie Köpenick (West-Coast-Sound mit Ostkolorit in Compton) oder Klaps auf den Po (Drum’n’Bass, Proll-Knigge und Gendernormen) eine Auflösung, die ernster gemeint ist, als es die campy Oberflächen vermuten lassen.

Romano In Köpenick

Christian Lehner

"Lebensfreude ist für mich so ein wichtiger Punkt. Das Leben feiern, das Leben zelebrieren in Form von Kunst. Und das auch Menschen näher bringen, beziehungsweise auch wirklich Nähe aufbauen, Hüllen fallen lassen, wir stehen uns nackt gegenüber und lernen uns kennen. Das ist ein Ziel von mir."

Das sagt Romano ohne einen Anflug von Ironie, als wir bereits in einem Cafe in Altköpenick sitzen - natürlich bei einem Glas Rotkäppchen-Sekt und einem Törtchen. Die Damen am Nebentisch kichern und berlinern, wa. Romano genießt seine Inszenierung, den Style, die Romano-Philo, das Reden in der dritten Person und wirkt doch so ganz bei sich.

Romano In Köpenick

Christian Lehner

Die Stunde davor führte uns der Sohn eines DDR-Filmrequisiteurs und TV-Pyrotechnikers durch die preußische Architektur rund um das Rathaus seines Heimatbezirkes, wo eine Statue des berühmten Hauptmann von Köpenick steht, eine historische Zeile, die zu Zeiten der DDR vergammelte und nach der Wiedervereinigung Stück für Stück renoviert wurde. Ein eiskalter Wind wehte von den Flüssen Spree und Dahme heran. Das hielt den "Schönen General" jedoch nicht davon ab, ein Pferd zu besteigen, einer Gruppe Pensionisten den Stadtplan von Köpenick mit Anekdoten anzureichern, Enten zu füttern, im Barockschloss ein Ballett-Tänzchen aufzuführen und am Ende Dollarscheine mit dem Konterfei Romanos zu verbrennen.

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All das ist demnächst im TV zu sehen. Wer sich höchstpersönlich einen Klaps auf den Po abholen möchte, kann das am Dienstag im Linzer Posthof machen oder am Mittwoch in der Arena in Wien, dann gastiert Romano erstmals live im Ösiland. Schwerste Empfehlung.