Erstellt am: 29. 2. 2016 - 10:00 Uhr
The daily Blumenau. Fußballwoche KW8/16.
#fußballjournal16
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
2016 wieder regelmäßig. Etwa auch mit einem wöchentlichen Fußball-Update.
Ich wage einmal eine - nicht wirklich riskante - Prognose. Salzburg wird, sofern Keita, Soriano und Berisha fit bleiben und Miranda nicht wieder in seine Saisonbeginnform fällt, Meister. Das schicksalshadernde Rapid, aktuell schon wieder Opfer böser Spanier und gemeiner UEFA, die ur keinen Spaß verstehen, versucht es bis knapp vor Schluss und ergibt sich dann dem Schicksal des Zweiten. Austria Wien läuft den Rest der Saison mit der Buslänge von 7 Punkten hinterher.
Dieser dritte Platz (der fix in den internationalen Bewerb führt, Rang 4 tut das nur im Fall des Cupsiegs einer der Top 3) war immer das offizielle Ziel des zu Saisonbeginn werbewirksam über ganz Wien plakatierten Thorsten Fink. Der nicht nur als er kurzzeitig als Herbstmeister einlief, darüber verlacht wurde; weil er sich nicht traute ein doch in Griffweite scheinendes Ziel auch anzugeben.
Damit hat es schon seine Richtigkeit. Denn: Fink hat einen (durchaus simplen) Masterplan. Als der Dortmunder mit dem Bayern-Gen und der Österreich-Erfahrung (unter Trap bei Red Bull) zu seinem Amtsantritt die Lage evaluierte, war ihm wohl klar, dass im ersten Jahr nicht mehr zu erreichen war. Salzburg ist außen vor (dass wegen der vielen Ausfälle, vor allem dem von Soriano, fast die Saison flöten ging, war nicht vorherzusehen - zudem hat man in Wals-Siezenheim den turnaround ja geschafft) und das personell etwa gleichwertige Rapid hatte einige Jahre an Eingespielt- und Kompaktheit voraus. Mehr als Platz 3 geht da nur, wenn selber alles klappt und bei den anderen alles schiefgeht. Und auf solche vage Hoffnungen setzen sich öffentlich nur Deppen.
Teil 2 des Masterplans ist aber der Meistertitel in der nächsten Saison. Salzburg wird nach dem Aufstieg von Leipzig im Sommer und durch das Wegbrechen jener Korsettstangen, die diese Mannschaft fluktuierenden Junggemüses zusammenhalten, personell so geschwächt werden, dass sie schlagbar sind. Und Rapid wird sich aufreiben - junge Kräfte wie Schaub, Petsos oder Kainz werden ins Ausland drängen und damit die Kontinuität stoppen: 16/17 wird Barisic, der sicher im Sattel sitzt, vergleichsweis neu aufbauen müssen - was Fink da schon hinter sich hat. Alle anderen (nur der Vollständigkeit halber) haben keine Chance.
Fink hakt auf seinem Masterplan gerade die Punkte "Plan B imprägnieren", "taktische Vielfalt selbstverständlich machen" ab. Gelingt ihm das, ist er gegenüber der vergleichsweise einförmig und berechenbar agierenden Rapid im Vorteil und schützt sich womöglich auch gegen strategisch schlaue Gegner wie Ried, Altach etc. Fink hat etwa gestern, im wichtigen Match gegen Salzburg, seinem erprobten 4-2-3-1 ein 4-1-4-1 und schließlich in der Schlussphase ein 3-4-3 hinzugefügt. Mit durchaus bescheidenem Erfolg, aber es ist ja die Aufbau-Saison.
Soweit Teil 1 der These "Fink hat einen Masterplan", deren Wahrscheinlichkeit ich mit 80% beziffern möchte. Der Grund warum "Oder auch nicht" dann also doch auf 20% kommt, liegt in der geringen Qualität seiner Versuche - der gestrige wird hier vorbildlich im Detail zerpflückt. Die da zu beobachtende Eindimensionalität lässt auch den möglichen Schluss zu, dass sich Fink - wie einige seiner Kollegen - überhaupt nichts denkt, sondern strategisch von der Hand in den Mund lebt.
Bevor jetzt jemand auf die Idee kommt sich an den Spielern abzuputzen: wer gesehen hat wie gering die Anbindung zwischen den Formationen, wie groß oft das Loch zwischen Abwehr und Sechser und den offensiveren fünf Spielern war, erkennt (etwa beim versatilen Holzhauser) klar, dass hier auf Anweisung gehandelt wird.
Ich denke, dass die offensichtliche Schwäche mit einer sehr menschlichen Rührung zu tun hat: Fink schätzt die Konkurrenz richtig ein, nicht aber sich selber.
So gut es ist mit einem gesunden (Stichwort: Bayern-Gen) Schuss Selbstbewusstsein in künftige Aufgaben zu gehen, so wichtig ist es kritische Selbstreflexion zu bewahren. Dort wo Fink im zweiten Halbjahr seines Wirkens stehen müsste, wenn sein Masterplan halbwegs funktionieren soll, steht er aber nicht: die Mannschaft agiert taktisch allzu oft unbeholfen, ist weder während des Spiels noch nach der Halbzeit-Pause imstande Fehlstellungen auszugleichen, sondern erstarrt widerstandsarm. Ein bissl wie Rapid gegen Valencia. Beides ist angesichts des für österreichische Verhältnisse vergleichsweise hervorragenden Personals absurd. Strategisch ist Fink ebenso wie Barisic einigen Kollegen bei kleineren Vereinen erschreckend unterlegen.
Dass Finks Masterplan trotzdem aufgehen kann, zeigt die ganze Problematik einer Liga, die sich in vielen Bereichen zwar (teilweise stark) verbessert hat, in Punkto strategische Variabilität noch nicht ans obere europäische Mittelfeld angedockt hat.
Österreich/er in Europa
Das zeigt sich auch nach dem brachialen Rausschmiss von Rapid aus Europa, wo jetzt die letzten 32 Teams (16 in Champions, 16 in der Euro-League) die wahre Stärke der Föderationen präsentieren. Überhaupt lässt sich die aktuelle Ligen-Qualität deutlich ablesen. Spanien führt mit 7 (3-4) Teilnehmern vor England 6 (3-3) und Deutschland 4 (2-2) sowie Italien 3 (2-1). Je einen Teilnehmer in beiden Bewerben stellen Portugal, die Ukraine und Belgien, nur einen Frankreich, Niederlande und Russland (in der CL) bzw die Türkei, Schweiz und Tschechien (EL). Von den top14-Föderationen ist nur Griechenland (als einzige in der Nachspielzeit draußen) nicht mehr dabei. Die dahinter Gelegenen (wie eben Österreich) wurden ausgesiebt. Die 5 ÖFB-Vertreter spielten heuer nur 3,8 Punkte ein, sind damit 2015/16 gar nur die Nummer 25.
Im Champions League-Achtelfinale sind Alaba und Dragovic noch dabei, im Euro-League-8F noch die aktuellen Stammspieler Wimmer und Janko (und die treffen auch noch aufeinander). Dazu kommt Leitner (BVB), der immerhin einmal von der Bank kam.
Ausgeschieden sind Pusic und Royer mit Midtjylland (ManU war final eine Nummer zu groß, good try) und Schöpf mit Schalke - die haben gespielt, Manninger (ouit mit Augsburg) saß einmal auf der Bank.
Auch in der Youth League sind sowohl die Play-Offs (zwischen Gruppen-Zweiten und den über zwei Gegner weitergekommenen Domestic Champions wie Salzburg) als auch die Achtelfinals fertiggespielt. Salzburg (Kader hier, ein Spielbericht da) lief im Play-Off im Rahmen einer offenen Schlacht dem AS Roma (ohne Denis Omic) ins Messer.
Der englische Meister Middlesbrough überwand im Play-Off Dinamo Kiev mit 5:0 (1 Tor von Stürmer Anel Jakupovic), scheiterte dann im Achtelfinale am PSG. Die sind damit Gegner der im Achtelfinal gegen den PSV siegreichen Römer.
Wenige Tage später wurde Zagreb wegen des unberechtigten Einsatz eines Spieles der Sieg wieder aberkannt...
Dinamo Zagreb, als Gruppensieger fix im Achtelfinale setzte sich (ohne Mario Goic) gegen Anderlecht durch und trifft Anfang März im Viertelfinale auf Barcelona.
Und noch eine Jugendförderungsanmerkung
Weil ich unlängst hier einen Punkt ansprechen musste, der das Horror-Szenario der Kunst der Verscheißens betrat, möchte ich auch gegenteilige Entwicklungen hervorheben.
Der ÖFB setzt sich in erstaunlicher Vehemenz und mit Nachdruck auf sein wichtigstes, langjähriges Jugend-Förder-Nachwuchs Projekt 12 und präsentiert heute dessen Ausbau.
Hier eine nachträgliche Zusammenfassung der Präsentation.
Das Projekt 12 ging aus dem sogenannten Challenge-Team hervor, das als Perspektiv-Entwickler für die Heim-Euro 2008 begann und von den üblich-verdächtigen Ex-Teamspieler/Experten aus dem vorigen Jahrtausend (denselben Hardlinern, die auch Koller oder Ruttensteiner nicht wollten) damals als unnötiger Blödsinn abgetan wurde. Das, weil dieses Programm Bereiche wie Trainingswissenschaft, Sportmedizin und Sportpsychologie forcierte, allesamt ehemalige Zukunftsbereiche, die von alten Grasfresser-Apologeten als natürlicher Feind verteufelt werden müssen.
Zwischenzeitlich trägt diese Individualförderung der jeweils größten Talente von U15 bis U21 (Mädchen sind im übrigen seit bereits einiger Zeit selbstverständlich auch im Programm), die mit der Generation Alaba/Dragovic begann, einen Gutteil zur Entwicklung der Nachwuchs-Arbeit bei. Vor nicht allzu langer Zeit wurde ein Ende des Programms angedacht, was einen Rückfall in die Ideologie des Glaubens an die zufällige Entwicklung von Naturtalenten bedeutet hätte - die ÖFB-Nachwuchs-Abteilung konnte das aber verhindern.