Erstellt am: 26. 2. 2016 - 19:02 Uhr
The daily Blumenau. Friday Edition, 26-02-16.
#medienpolitik #demokratiepolitik
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
2016 wieder regelmäßig.
Die heimischen Medientage im letzten Herbst erregten wegen der von Puls 4-Chef Markus Breitenecker getragenen Kampfansage gegen die globalen Medien-Kraken aus dem Silicon Valley und einem möglichen "Schulterschluss" aller Kräfte Aufsehen innerhalb der völlig zerfranst-verstrittenen heimischen Medienlandschaft. Damit ist es jetzt wieder vorbei: gestern hat Puls 4 eine exklusive Kooperation mit einem der Player, nämlich Amazon bekanntgegeben.
Puls 4 überrascht und geht eine intensive Allianz mit Amazon ein
Ich hab noch nie etwas über Amazon geordert. Never ever. Aus Prinzip; für die Diversität und den Einzelhandel.
Ohne Amazon geht wenig.
Früher einmal bestellte man seine Bücher dort, in der Zwischenzeit sind es praktisch alle Produkte, zunehmend auch Dienstleistungen. Zuletzt ist Amazon auch als Medienanbieter eingestiegen, versucht mit Amazon prime den Netflix-Erfolg zu kopieren.
Amazon ist gleichzeitig Quasi-Monopolist und role model für die Ubers und Airbnbs, Ahnherr der Sharing Economy und ein notorisch gegen alle Rechte verstoßender Arbeitgeber (sowohl in Europa als auch in den USA). Da Amazon einen Teil seiner Geschäfte mit realem Warenverkehr abwickelt, sind seine Praktiken auch für Vertreter der alten Schule nachvollziehbar.
Amazon Zukunfts-Geschäftsmodell ist - ebenso wie das von Google (=Alphabet), Facebook, Apple oder Microsoft auf eine globale Monopolstellung ausgerichtet; erreicht wird das mit gefinkelten Steuervermeidungsstrategien, durch Umgehung aller denkbaren arbeitsrechtlichen Bestimmungen und bewusster Aushebelung nationaler Gesetzgebung (falls die so clever ist/war sich auf die Big Five einzustellen; was zugegebenermaßen wenige schafften - Österreich natürlich nicht).
Von der Kampfansage zum Kuschelkurs
Bislang hatten die heimischen Medienanbieter die globalen Giganten als Gegner ausgemacht, die immer mehr vom Werbekuchen und natürlich auch zunehmend User/Seher/Leser wegknabberten und sich dabei weder den hiesigen gesetzlichen Regulativen noch Kartell/Branchenregeln unterwerfen mussten. Es dauerte eine ganze Zeit lang - ehe dann im Vorjahr massiv vom "Schulterschluss" und der Kampfansage gegen die Silicon Valley-Riesen die Rede war. Zuvor war ORF-General Wrabetz mit seinen Ceterum Censeo-Warnungen vor den Abschöpfungen der globalen Player allein, seit dem Vorjahr erkannten auch Privatsender und Print-Verleger die Gefahren.
Nun ist just der Medien-Konzern, dessen Sprachrohr /(Puls 4-Chef Markus Breitenecker) am massivsten die Einigung gefordert hatte, eine exklusive Werbe-Allianz und weitreichende Kooperation mit einem der Big Five eingegangen. Und zwar mit dem werbemächtigsten davon.
Diese Kehrtwendung ist zwar wegen des speziellen Engagements Breiteneckers für eine Allianz der heimischen Anbieter (die jetzt in Trümmern liegt) überraschend, hat sich aber natürlich angekündigt. Der Vormarsch der Instant Articles ist ebenso wenig aufzuhalten wie Angebote wie Blendle oder die diversen von Google finanzierte Initiative für hochwertige Medienprojekte, die dem Public-Value-Bild des medienpolitischen Konzept der Neos entsprechen.
Ökonomisch gesehen ist eine "if you can't beat 'em, join 'em"-Haltung (egal ob sie mittel/langfristig erfolgreich ist oder nicht) legitim; sie medienpolitisch einzuordnen steht aber noch aus.
Und wieder: nicht die kritische Berichterstattung, sondern die eigene Agenda treibt den heimischen Medienjournalismus
Apropos Medienjournalismus: die über Hofberichterstattung hinausgehende Analyse zum Thema ist noch spärlich gesät. Wer sich fragt, warum auf der ersten Medien-Seite des Landes, bei derstandard.at/Etat, nur in einer völlig analysefreien Micky-Maus-Kurznmeldung über die Koop Puls 4/Amazon zu lesen ist - hier die implizite Erklärung: der Standard kooperiert ebenso mit einem der Big Five.
Das nur als Beleg für die hier und hier analysierte Agenda-Berichterstattung des heimischen Medienjournalismus.