Erstellt am: 26. 2. 2016 - 12:37 Uhr
20 Jahre Pokémon
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- Monster und Moneten Mit "Pokémon Go" erscheint eine "Augmented Reality"-Version der japanischen Spieleserie
- Gotta Smash 'Em All! In "Pokémon Tekken" treffen zwei der größten Videospielserien der Welt aufeinander
Im Jahr 1996 las ich in einem Videospiele-Magazin über ein japanisches Rollenspiel für den Game Boy, das den Namen Poketto Monsutā (ポケットモンスター) trug. Die Idee klang interessant: In der fiktiven Region Kanto herumstreifend müsse man verschiedene Kreaturen finden und einsammeln, deren unterschiedliche Fähigkeiten bei der Suche nach weiteren "Pocket Monsters" helfen würden.
Game Freak
Da ich bis zu diesem Zeitpunkt nur ein gutes Role Playing Game auf dem Game Boy gespielt hatte - das großartige Final Fantasy Legend - begann ich zu recherchieren. Zu meiner Enttäuschung war das Spiel in Europa noch nicht erschienen, doch es gab bereits eine US-Version, und ich hatte so ein Gerät hier zu Hause:
Christoph Weiss
Das ist ein Interface, mit dem sich leere GameBoy-Module beschreiben lassen. Ich organisierte mir die US-Version, begann zu spielen und stellte fest: Poketto Monsutā, für den amerikanischen Markt in Pokémon umbenannt, ist ein verdammt gutes Rollenspiel.
Christoph Weiss
1999 erschienen die "Rote" und die "Blaue" Edition auch in Österreich. Natürlich kaufte ich sie mir. Ein paar meiner erwachsenen Freunden gefiel das Spiel ebenfalls (über die Gründe habe ich hier geschrieben). Als im selben Jahr die niedliche Zeichentrickserie ins Fernsehen kam, waren meine Freunde ebenso irritiert wie ich. Dieser bunte Kram hatte irgendwie wenig mit dem coolen Rollenspiel, das wir nerdigen Mittzwanziger liebten, zu tun.
The Pokémon Company
Dank der Anime-Serie begann sich nun eine jüngere Zielgruppe für das Thema zu interessieren: Im Windschatten der Fernsehserie gab es bald auch jede Menge Plüschtiere, Plastikspielzeug, T-Shirts - und natürlich das Trading Card Game. Mein kleiner Neffe war, wie wohl die meisten seiner Freunde, täglich am Karten-Dealen. Mittlerweile war auch schon die erste Reinkarnationen des RPG erschienen - in Farbe für den neuen Game Boy Color.
Game Freak
In diesem Muster ging es weiter: Mit jedem neuen Nintendo-Handheld (Game Boy Advance, Nintendo DS, Nintendo 3DS) erschien eine neue Variante des Original-Rollenspiels. Am Spielprinzip änderte sich wenig, dafür kamen ständig neue Pokémon-Kreaturen dazu. Da es auch möglich war, die Handhelds (anfangs via Kabel, später über Funk) miteinander zu verbinden, und weil sich in veschiedenen Versionen des Spiels unterschiedliche Pokémons herumtrieben, wurden diese nicht nur von den Sammlern der Trading Cards, sondern auch von den Videospielern getauscht. Das gipfelte schließlich in einem weltweiten Web-Spinoff namens "Pokémon Global Link" und im Vorjahr in den Pokémon World Championships.
The Pokémon Company
Weil Nintendo bzw. die Pokémon Company das Roleplaying Game und den E-Sports-Aspekt ihrer Marke über all die Jahre ernst nahmen, hatten viele der erwachsenen Fans Frieden damit geschlossen, dass das Franchise vor allem an Kinder vermarktet wurde. Die Niedlichkeit der Anime-Serie wurde als typisches Phänomen der japanischen Kawaii-Ästhetik gesehen, und mitunter trifft man auf Veranstaltungen wie Game City und Aninite auch Erwachsene im Pikachu-Kostüm. Dass japanische Flugzeuge manchmal so aussehen, dürfte schon hinlänglich bekannt sein:
CC BY 2.0
Anlässlich des zwanzigsten Geburtstag des Pokémon-Videospiels verändert sich das Trademark derzeit so stark wie seit Einführung der ersten Anime-Serie nicht mehr. Hauptgrund dafür dürfte ausgerechnet ein Smartphone-Spiel sein. Pokémon Go wurde von der ehemaligen Google-Tochterfirma Niantic Games, Betreiber des Augmented-Reality-Games Ingress, produziert.
Pokémon Go verbindet die physische mit der virtuellen Welt, sprich: Die Jagd nach den Taschenmonstern findet zu Fuß (oder auf dem Fahrrad, dem Skateboard etc.) statt, die Kämpfe auf der Straße und im Wald. Im Lauf des heurigen Jahres wird es spannend, zu beobachten, ob diese Variante des Spiels eher Kinder oder Erwachsene anspricht. Außerdem erscheinen auch noch die beiden Spinoff-Titel "Pokkén" (Tekken mit Pokémons) und "Breakpoint" (ein neues Trading-Card-Game).
The Pokémon Company
Professor Joseph Tobin von der University of Georgia vertritt in seinem Buch "Pikachu's Global Adventure: The Rise and Fall of Pokémon" die Ansicht, der Erfolg der Marke liege vor allem daran, dass Kinder die Namen der vielen Pocket Monsters lernen und im Gespräch mit ihren Peers ständig wiederholen würden. Das biete den Kindern eine Möglichkeit zur Diskussion und zum Zeigen von Wissen und Kompetenz. Tobin schreibt allerdings auch vom Niedergang des Franchise Mitte der Nullerjahre. Weder erkannte er die Faszination vieler Erwachsener für gute Rollenspiele, noch sah er voraus, dass Pokémon sich ständig neuerfinden würde. Heute kollaboriert die Pokémon Company nicht nur mit Nintendo, sondern auch mit Google - letztere Firma hat die Entwicklung von Pokémon Go mitfinanziert. Das zwanzigste ist bestimmt nicht das letzte Pokémon-Jubiläum.