Erstellt am: 26. 2. 2016 - 12:00 Uhr
Neu und aufregend
Diagonale - Festival des österreichischen Films, 8. bis 13. März 2016, Graz
FM4 berichtet während der Diagonale täglich on air und online.
Eine Homebase Spezial widmet sich der #Diagonale16 am 10. März.
Bereits kommenden Sonntag, 28. Februar, 15.00, finden sich Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber mit Lieblingssongs im FM4 Gästezimmer ein.
Alles ist so neu und aufregend. Sagen Peter Schernhuber und Sebastian Höglinger und zitieren zugleich die Hamburger Band Die Heiterkeit. Diese Diagonale wird die erste des Intendantenduos sein. Wird also alles neu und somit gar sehr anders auf der Diagonale?
Nun ja. Ein "Best-of des aktuellen heimischen Filmschaffens" will die Diagonale sein, sie ist weiterhin Branchentreff und Publikumsfestival zugleich. Mit Graz haben sich Peter Schernhuber und Sebastian Höglinger umsichtig befasst, das spiegelt sich im Rahmenprogramm. Das Herz der Diagonale schlägt in den Festivalkinos: Dort, wo man Filme sehen kann und BesucherInnen mit ProtagonistInnen des österreichischen Films zusammenkommen.
"Polemisch könnte man sagen, die Welt brennt und ihr geht ins Kino", sagt Peter Schernhuber und gibt zugleich die Antwort: "Man kann jedoch auch fragen: Was weiß die Leinwand, was wir zuvor nicht wussten?
Natascha Unkart
Eröffnet wird die diesjährige Diagonale mit Mirjam Ungers Adaption des autobiografischen Romans "Maikäfer flieg" von Christine Nöstlinger.
Filmladen
Nöstlinger haben Peter Schernhuber und Sebastian Brameshuber in ihrer Kindheit und Jugend gelesen. "Was bei ihren Büchern auffällig war, ist, dass in dieser Kinderperspektive eine konkrete, politische Haltung ist. Das Schöne ist, dass der Film, der in unglaublich tolle Bilder von Eva Testor gegossen ist und auch mit diesem Anspruch einer Filmsprache, wie sie Mirjam Unger hat, diese Haltung wiedergibt", freut sich Sebastian Höglinger auf die Premiere. "Maikäfer flieg" ist für das Intendantenduo ein "Film mit Rückgrat und klarer politischer Haltung, wie er dringender nicht nötig sein könnte."
KGP
Produziert hat "Maikäfer flieg" Gabriele Kranzelbinder mit ihrem Unternehmen KGP. Kranzelbinders Schaffen als Filmproduzentin wird auf der Diagonale im Fokus stehen: Die neue Reihe "Zur Person" will markante Handschriften hervorheben.
Im Wettbewerb laufen elf weitere Uraufführungen und elf Österreich-Premieren, Spiel- und Dokumentarfilm zusammengezählt. Darunter ist Daniel Hoesls zweiter Langspielfilm "WINWIN", eine Satire über die Macht des Geldes, ebenso wie der zweite Langspielfilm Peter Brunners, die Coming-of-Age-Geschichte "Jeder, der fällt, hat Flügel" und der in Schwarz-weiß gehaltene Debütfilm "Im Spinnwebhaus" von Mara Eibl-Eibesfeldt, in dem drei Kinder mit der plötzlich länger als angenommenen Abwesenheit ihrer Mutter konfrontiert sind, sowie "Hannas schlafende Hunde" von Andreas Gruber, einer Literaturverfilmung nach der realen Geschichte eines jüdischen Mädchens, das auf Wunsch der Eltern katholisch streng aufwachsen soll.
austrianfilm
Im Wettbewerb, in der Kategorie Dokumentarlangfilm, sind Michael Pfeifenbergers "Desert Kids" über die Lebensrealitäten jugendlicher Israelis ebenso vertreten wie Kurdwin Ayubs persönlich erzählte Reise "Paradies! Paradies!" in den Irak, aus dem ihre Familie 1991 fliehen musste. An die selbstgedrehten Kurzfilme Kurdwin Ayub werden sich BesucherInnen vergangener Kurzfilmprogramme bei der Diagonale fröhlich erinnern.
Auch Ruth Beckermanns "Die Geträumten"' mit Anja F. Plaschg wird erstmals in einem heimischen Kino gezeigt, nachdem er auf der Berlinale gelaufen ist. Anja Plaschg und Laurence Rupp sprechen im Funkhaus ausgewählte Briefwechsel Ingeborg Bachmanns und Paul Celans ein und bannen einen als ZuschauerIn in diesem persönlichen Drama.
In das New York vor 9/11 führt "Shops Around the Corner", genau genommen an ein Straßeneck zwischen Little Italy und China Town im Jahr 1998. Nach den Terroranschlägen am 11. September 2011 nahm Jörg Kalt davon Abstand, seine, mit Kamerafrau Eva Testor gedrehte Doku über New York fertigzustellen. Das hat nun Nina Kusturica für ihn gemacht, der Kalt das Material kurze Zeit vor seinem Tod übergeben hatte.
Takacs Filmproduktion
Das Programm in Zahlen: Aus 512 Einreichungen haben es 158 Filme zur Diagonale geschaff, 103 Filme laufen im Wettbewerb um die hierzulande höchstdotierten Filmpreise.
1 Minute Atlantik - die weite Welt der Diagonale
Neben der Gelegenheit, im vergangenen Kinojahr Versäumtes nachzuholen, bietet die Diagonale somit viele Möglichkeiten, Neues zu entdecken. Die Entscheidung, in welchen Film man gehen wird, ist gar nicht so einfach. "Vom innovativen Kino bis zu einer virtuellen Reise von Rom nach Los Angeles kann man alles haben bei der Diagonale", verspricht Peter Schernhuber. Der kürzeste Film der diesjährigen Diagonale dauert gerade mal eine Minute und breitet dabei den atlantischen Ozean auf 35-mm-Film aus. Barbara Mayers "Atlantic35" wird im Programm "Innovatives Kino" zu sehen sein. Auch die beliebten Kurzfilmprogramme, sortiert in Doku und Spielfilm, hat man beibehalten.
Patrick Vollrath
"Österreich: zum Vergessen" ist jene neue Reihe betitelt, die die historischen Spezialprogramme fortsetzen und verdichten wird, die es seit der ersten Ausgabe der Diagonale gegeben hat. "Österreich: zum Vergessen" also wird von den Institutionen Österreichisches Filmmuseum, Filmarchiv Austria und Synema - Gesellschaft für Film - getragen. Und konkret geht es um die Film- und Zeitgeschichte der Waldheim-Jahre.
Der ehemalige UN-Generalsekretär Kurt Waldheim kandidierte 1986 für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten, als Medien im In- und Ausland seine Kriegsvergangenheit thematisierten. Kurt Waldheim reagierte darauf mit der Aussage, Soldat bei der Deutschen Wehrmacht gewesen zu sein und nichts anderes getan zu haben "wie hunderttausende Österreicher auch, nämlich meine Pflicht als Soldat erfüllt". Wie stark sich der Mythos von Österreich als erstem Opfer des Nationalsozialismus gehalten hat, könnte man sich anhand dieser neuen Reihe bei der Diagonale fragen und anschauen. Inwiefern beförderte Film die Verdrängungskultur und das Vergessen oder sorgte für Einsprüche? Im Programm ist die einzige, nie gesendete Alltagsgeschichte Elizabeth T. Spiras, die in Grazer Lokalen Stammtischgespräche dokumentiert. Zudem erweist Michael Haneke der Diagonale die Ehre und schaut für ein Gespräch anlässlich einer Vorführung seines 1989 in Cannes uraufgeführten Films "Der siebente Kontinent" auch vorbei.
Ein bisschen irritierend ist die neue Reihe "In Referenz" auf den ersten Blick. Darunter findet sich zum einen mit dem US-amerikanischen Indie-Regisseur Matt Porterfield ein internationaler Gast, der auf den österreichischen Regisseur Sebastian Brameshuber treffen wird. In Beziehung gesetzt wird also österreichisches Kino mit internationalen Positionen ebenso wie mit sich selbst.
Rote Fäden und Querverbindungen wollen die neuen Intendanten auslegen und ziehen. Auf eine eigene Nachwuchsschiene haben sie indes bewusst verzichtet.
Vor dem Kino und nach dem Kino: Diskurs und Disco
Zwischen den Festivalkinos liegt das Festivaldistrikt mit dem Kunsthaus Graz, dem HdA und der "Bar 8020", die für die Zeit der Diagonale geöffnet werden wird. GrazerInnen werden mit diesem Festivaldistrikt gute Erinnerungen verbinden, hatte doch der steirische herbst 2011 genau in der Mariahilferstraße seinen Mittelpunkt und die Bar.
Durch die Nacht tanzen
Partys wird es in der Diagonale-Woche am Mittwoch, Donnerstag und Freitag im HdA geben (Eintritt jeweils frei).
FM4 hostet die Diagonale Awards Party am Samstag, 12. März, im Orpheum, der Eintritt ist frei und: Fijuka werden eines ihrer tollen Konzerte spielen - was diese Stimme Ankathie Kois alles vermag! - und beim FM4 Club mit Christian Fuchs und Madchen Brunner wird niemandem fad werden! #DurchdieNachttanzen
Eine neue Location ist das "designforum Steiermark" am Andreas-Hofer-Platz 17, wo am 9. und 10. März das Austria Film Meeting stattfinden wird. Unter dem Titel "Cinema in Transition" soll hier ein offenes Forum geboten werden, um die großen und oft in intellektuell-abstrakten Thesen kreisend abgehandelten Themen Geschlechtergerechtigkeit und Diversität auf konkrete Handlungsmöglichkeiten herunterzubrechen. Als Gäste angesagt haben sich u.a. Sonja Eismann, Mitbegründerin und -herausgeberin des "Missy"-Magazins, Regisseurin Charlotte Mars (deren Doku "Gayby Baby" über Kinder schwuler Eltern zu sehen sein wird) und Regisseur Jean-François Lesage (dessen Doku "A Summer Love" bei der Diagonale gezeigt wird). Übrigens: 78 Prozent der Fördermittel für Filmproduktionen in Österreich gehen nach wie vor an Männer, das hielt Sebastian Höglinger bei der Programmpräsentation fest.
gaybybabyproject.com
Der Ticketverkauf für die Diagonale beginnt am 2. März
Die Festivalkinos sind wie gehabt: Das Rechbauerkino, KIZ RoyalKino, Schubertkino und UCI Kinowelt Annenhof. Wie viele Programmkinos mehr es einst in Graz gegeben hat, werden die BesucherInnen der Kurzfilmwanderung goes Diagonale erkunden. Mit dem Projektor auf dem Lastenrad zeigt das Street Cinema Graz Kurzfilme im Freien.
Auf 25 BesucherInnen beschränkt ist allerdings der tägliche Cinema Next Breakfast Club. Hier gibt es die Gelegenheit, mit FilmemacherInnen, Förderverantwortlichen und Kino-Geschäftsführern zu sprechen.