Erstellt am: 22. 2. 2016 - 10:00 Uhr
The daily Blumenau. Fußballwoche KW7/16.
#fußballjournal16
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
2016 wieder regelmäßig. Etwa auch mit einem wöchentlichen Fußball-Update.
Hebt das 0:6 im Mestalla den gesamten Rapid-Herbst auf? Oder deckt ein mystisch begründeter Fatalismus die wahren Probleme einer zu reaktiven Mannschaft zu? Plus: Vergleich zu Salzburgs Ajax-Ausrufezeichen.
Historische Rückblende: vor ziemlich genau zwei Jahren bekommt es Red Bull Salzburg (europäisch nur ein FC)im Sechszehntel-Finale mit Ajax Amsterdam zu tun und überwältigt den namhaften Gegner mit zwei Lehrspielen von Matches.
Dass Salzburg eine perfect Herbst-season (sechs Matches, sechs Siege) spielte oder dass man später im Achtelfinale an einem taktisch zu cleveren FC Basel scheitert, ist vergleichsweise vergessen - die große Leistung gegen die großen Holländer hingegen bleibt im kollektiven Gedächtnis der Fußball-Nation und strahlte auch ins umliegende Ausland aus. Sie verschaffte Salzburg und Red Bull zu einem massiven Image-Boost und brachte Trainer Roger Schmidt den Job in Leverkusen ein.
Zurück ins Hier und Jetzt: Rapid Wien wird vom namhaften Gegner Valencia (der ebenso wie damals Ajax in einer veritable Krise steckt) im Sechszehntel-Finale nachgerade demoliert.
Dass Rapid unerwartete Quali-Erfolge (Ajax ausgeschaltet!) hatte und einer fast perfekten Herbst-Saison (5 Siege) spielte, geht aktuell - vor allem angesichts des vorwöchigen Ausscheiden aus dem ÖFB-Cup, unter. Nur der (wieder einmal reaktive) Kontersieg vom Sonntag in Graz verhindert (trotz wiederholter Abstimmungsprobleme) eine allumfassende Krisendebatte beim Tabellen-Zweiten.
Gerade weil es sich ums Mestalla-Stadion handelt, in dem schon einmal eine österreichische Mannschaft zur Halbzeit 0:5 abgefertigt wurde (das ÖFB-Team verlor dann gleich auch noch 0:9; Coach Prohaska musste zurücktreten), droht eine doppelte Mystifizierung. Zum einen überlagert dieses Fanal die Vorleistungen, zum anderen werden durch das Bemühen höherer Mächte und Gequatsche von einer wegen überirdischer Einflüsse scheinbar unerklärlich schwachen Tagesleistung, die durchaus irdischen Gründe für das Geschehene verschleiert.
Wenn die Leistungskurve von Rapid in den nächsten Monaten tatsächlich nach unten führt, oder auch nur wenn die heuer im Praterstadion spielenden Hütteldorfer final dann nicht Meister werden sollten - es wird immer vom Knackpunkt Mestalla gesprochen werden, vom 0:6 bei Valencia, das (ich da kann ich die künftigen Geschichten jetzt schon titeln) "der Knackpunkt" gewesen ist.
Auch wenn ehrliche Analysen schon vor und auch während der Herbst-Meisterschaft ebenso wie jetzt Kenntnis davon geben, dass es sich auch ganz ohne Knackpunkte wohl nicht ausgehen wird.
Es ist also jetzt schon angelegt: die billige Fast-Food-Analyse zu Saisonende, die - sofern sie Rapid selber glauben wird, und natürlich glaubt man das, was einem angenehmer ist eher - entwicklungshemmend wirken wird, weil sie nicht in die Substanz investiert.
Indem das wuchtige Einzelereignis 0:6 also nicht als logische Folge von Entwicklungen wahrgenommen, sondern als erratischer Block behandelt wird, werden nötige Weichenstellungen für die Vereins-Zukunft behindert - weil man sich mit dem Zudecken begnügt. Was angesichts einer Niederlage biblischen Ausmaßes eben entsprechend leichter fällt.
Das Salzburger Beispiel von vor zwei Jahren zeigt, dass ein einzelner Prestige-Erfolg, der ausstrahlt wie ein Oscar (die Statue, kein Garcia), umgekehrt natürlich auch etwas befördern kann. Wiewohl der Ajax-Coup mittelfristig auch wieder mehr zudeckte als beförderte. Die unter Schmidt an einem spielflußtechnischen und kombinatorischen Höhepunkt angekommene Mannschaft konnte ihr Level nicht länger als ein paar Monate halten, langfristig zerfiel sie wieder in ihre Einzelteile. Was weniger mit der Arbeit am Platz, sondern eher mit Management-Entscheidungen zu tun hat, die sich vielleicht auch allzu sehr vom Glauben eine Klasse erreicht und somit für Jahre abgesichert zu haben, blenden ließ.
Bei Rapid läuft ab jetzt die Ausrede für eigentlich alles schon schön praktisch mit. Dass es nebenbei - mangels Analyse-Fähigkeit der Mainstream-Medien - auch noch die perfekte Ausrede für eine Nicht-Weiterentwicklung der Spielanlage Rapids sein wird, verdunkelt die Zukunft nur noch mehr.
Bis auf vereinzelteste Ausnahmen wurden Begriffe wie "unerklärlich" in ein "wir waren chancenlos"-Narrativ gestreut, das - in alter Baric/Krankl-Tradition den tiefgehenden Analyse-Unwillen zum, Götzen erhebt.
Die kritischen Analysen von abseits.at etwa begannen nicht erst in Valencia; sie erlebten dort Teil 4 einer Frühjahrs-Reihe, die Anfang Februar begann. Wenn das reaktive und im Aufbau unstrukturierte Rapid-Spiel (das unter Druck leicht zu Ballverlusten neigt und über kein In-Game Coaching verfügt) auf einen entschlossenen Gegner jenseits der heimischen Dorfliga-Qualität trifft trifft, dann braucht es viel Glück. Das man gegen Ajax, Villareal, auch Donezk und selbst Plzen in großen Haufen hatte. Und gegen Valencia dann eben gar nicht mehr. Und es war jedem klar, dass dieser Tag kommen würde.
Das größte Problem vorort war dann auch die merkbare Überraschung der Spieler, dass sich dieses in dieser Europacup-Saison gewohnte Masel einfach nicht und nicht einstellen wollte. Wenn die Grundhaltung auf einer Fehleinschätzung der eigenen Leistung basiert, dann ist das Fehlen von strategischen Tools, die ein laufendes Match dann noch drehen oder zumindest stabilisieren können, gar nicht mehr so dramatisch.
Auch das wird zugedeckt, indem Valencia wie ein unvorhersehbares Erdbeben behandelt wird; obwohl es quasi im Kalender stand.