Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Not so hot right now"

Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

20. 2. 2016 - 17:22

Not so hot right now

"Zoolander 2" bemüht sich leider vergeblich, den Humor des legendären Originalfilms zu toppen.

Zugegeben, ich habe "Zoolander" schon vor sehr langer Zeit das letzte Mal gesehen. Aber in meiner Erinnerung ist der Film zu einem kleinen Monument des amerikanischen Klamaukkinos verklärt. Ben Stiller knüpfte mit der gnadenlos übersteigerten Parodie auf die Fashionszenerie als Coautor, Regisseur und Hauptdarsteller an US-Blödelpioniere wie die Zucker Brüder ("Airplane!") oder John Landis ("Kentucky Fried Movie") an. Gleichzeitig gelang es ihm, den speziellen Humor der legendären TV-Institution "Saturday Night Live" ins Kino zu transformieren.

"Zoolander" wurde 2001 aber vor allem zum Startschuss für eines der wichtigsten Kinophänomene der Nullerjahre, das sich der deutschen Synchronisation vollkommen versperrte. Die Rede ist von der Neuen Amerikanischen Komödie, die von bizarrem Improv-Wortwitz, Antihelden-Huldigungen und einem Verzicht auf menschenverachtenden Zynismus lebte. Mit Ben Stiller, Owen Wilson und vor allem Will Ferrell trafen drei der wichtigsten Fratpack-Darsteller in der Catwalk-Comedy bereits aufeinander.

Während Produzent Judd Apatow das entgrenzte Lachen bald auf eine Alltagsebene holte und mit damals jungen Darstellern wie Seth Rogen oder Jonah Hill das Vulgäre mit der Herzlichkeit kollidieren ließ, entwickelte Regisseur Adam McKay den absurden Ansatz, der in "Zoolander" öfter aufflackerte, mit "Anchorman" und "Talladega Nights" zur dadaistischen Perfektion. Großartige Filme aus allen Bereichen des Schenkelklopf-Spektrums erschienen jedenfalls regelmäßig und Ben Stiller selbst verabschiedete sich inmitten der omnipräsenten schallenden Lacher mit Meisterwerken wie "Greenberg" gerne ins tragikomische Fach.

Zoolander 2

UPI

Celebrity-Cameos und Nonstop-Action

Fünfzehn Jahre nachdem Stiller als männliches Supermodel Derek Zoolander die Laufstege und Kinoleinwände unsicher machte, kehrt er jetzt in seiner populärsten Rolle zurück und hat überdies erneut im Regiesessel Platz genommen. Mit dabei ist auch Owen Wilson, der nach einer Karriere als Achterbahnfahrt aus Höhen und Tiefen endlich wieder als blonder Modelkumpel Hansel "so hot right now" sein darf. Und nachdem schon der Originalfilm mit Gaststars und Prominentenauftritten nicht geizte, versucht "Zoolander 2" das damalige Aufgebot natürlich in jeder Hinsicht zu toppen.

Hier liegt gleich eines der vielen Probleme, die das Vergnügen leider trüben. Die Übertrumpfungsmanie, die zu Blockbustersequels berechenbar dazugehört, funktioniert schon im Comickinobereich kaum. Im Fall einer Komödie ist die Schneller-Höher-Weiter-Attitude, die als eisernes Gesetz zu Hollywood gehört, aber regelrechte Selbstsabotage. Die Unmenge von Celebrity-Cameos (obwohl schon einige recht lustige dabei sind und ich denke an dich, Kiefer Sutherland!) arbeitet oft ebenso gegen den Film wie die plärrende Nonstop-Action, die als Nonstop-Action-Verspottung verkauft wird.

Dabei beginnt alles großartig, mit dem Tod von Justin Bieber. Der Teen-Superstar wird von einem mysteriösen Mörder durch die nächtlichen Straßen von Rom gehetzt und schließlich von unzähligen Kugeln durchlöchert. Natürlich muss Justin noch ein Selfie im Sterben auf Instagram posten, da führt kein Weg vorbei. Schnell erfahren wir, dass er nicht das einzige Opfer eines Serienkillers ist, der sich auf die Pop-Prominenz spezialisiert hat.

Zoolander 2

UPI

Zurück ins Catwalk-Gefecht

Nachdem die Attentatsserie nicht abreißt, sucht Interpol nach einem roten Faden im mörderischen Schema. Der einheitliche Gesichtsausdruck auf den Abschiedsfotos aller erschossenen Stars erinnert an das legendärste männliche Model der Modebranche und dessen ikonischen "Blue-Steel"-Blick: Derek Zoolander.

Der vielleicht schönste Mann der Menschheitsgeschichte lebt aber mittlerweile in Abgeschiedenheit, nachdem sein Charitycenter "For Kids Who Can’t Read Good" zusammenstürzte, seine Frau in den Trümmern begrub und den feschen Hansel mit einer winzigen Narbe verunstaltete. Angeführt von einer Agentin der Global Fashion Police (Penelope Cruz) versöhnen sich Derek und sein blonder Poser-Buddy aber wieder, verlassen ihr Exil und werfen sich, als Undercover-Ermittler, erneut ins Catwalk-Gefecht.

Leider hält, wie erwähnt, die große Freude, Ben Stiller und Owen Wilson erneut beim gemeinsamen Overacten zuzusehen, nicht allzulange an. Funktionierte der erste Teil seinerzeit auch immer wieder tatsächlich als bissige Satire auf das Fashionuniversum mit seiner Sweatshop-Politik, wirkt das Sequel stellenweise wie direkt von Mode-Marketingteams initiert. Bissigere Pointen gehen in dem Sperrfeuer aus Product-Placement und potentiellen Viral-Kampagnen unter.

Zoolander 2

UPI

Mugato rettet den Showdown

Okay, Fans müssen natürlich trotzdem ins Kino, denn neben diversen Durchhängern gibt es im knallbunten Chaos dieses Films zugegeben ausgewählte saukomische Momente. "Zoolander 2" ist ausnahmsweise auch ein aktueller Hollywood-Film, der gegen Ende hin nicht abstürzt, sondern sich im Gegenteil steigert. Die letzte halbe Stunde ist das Beste an dem Film, gehört der Showdown doch dem großen Will Ferrell, der nach schwächeren Streifen zuletzt (ich sag nur: "Daddy's Home") als Modezar Mugato endlich wieder zur Höchstform aufläuft.

In diesen finalen Minuten, wo der groteske Gaga-Plot ins Surreale kippt und sich echte Fädenzieher der Fashion-Industrie wie Marc Jacobs oder Anna Wintour einen Augenblick lang selbst bloßstellen, ahnt man, dass aus "Zoolander 2" etwas werden hätte können.

Zoolander 2

UPI

Ansonsten fügt sich der Film bedauerlicherweise in die aktuelle amerikanische Komödienkrise ein, zu der es passt, dass ein Vorzeigeregisseur wie Adam McKay mittlerweile ernstere Themen anpackt ("The Big Short") und Bruhaha-Protagonisten wie Zach Galifianakis eher im Fernsehen ("Baskets") aufblühen. Das US-Klamaukkino braucht dringend neue Kicks, Derek Zoolander ist zwar noch immer "really really good looking", aber längst mehr kein Garant für einen Abend, bei dem unbeschwert durchlachen kann.