Erstellt am: 16. 2. 2016 - 18:11 Uhr
Tief im Minus drin
Bargeldlos shoppen, die Rückzahlung des neuesten Smartphones, der Fitnesscenter-Jahresvertrag, das Streaming-Abo, das Auto-Leasing, der Überziehungsrahmen. Die Warenwelt bietet uns jede Menge Gelegenheit, auf Pump zu konsumieren. Das macht sich auch bei der Schuldenberatung bemerkbar.
Tief im Minus drin
FM4 Auf Laut über die Schuldenfalle: Hilfe, meine Ausgaben wachsen mir über den Kopf!
Am Dienstag, 16.2.2016 ab 21 Uhr im Radio und danach 7 Tage lang im FM4 Player.
Genaue Zahlen zur Privatverschuldung in Österreich gebe es kaum, aber das Problem sei massiv, sagt Alexander Maly von der Schuldnerberatung Wien. Nach vorsichtigen Schätzungen lebt bereits jede und jeder Achte in Österreich in einem überschuldeten Haushalt. 700.000 Lohnpfändungen werden jedes Jahr bewilligt. 850.000 Mal pro Jahr rückt der Gerichtsvollzieher aus, um Wertgegenstände zu versilbern. Arbeitslosigkeit, gescheiterte Selbständigkeit, uneingeschränkter Konsum trotz Kontominus, Trennung oder eine neue Wohnung sind die häufigsten Gründe, warum Schulden über den Kopf wachsen.
Spezialfall Österreich?
Schuldnerberatung Wien
Österreich hebt sich vom internationalen Schnitt in der westlichen Welt dadurch ab, dass hierzulande vor allem einkommensschwache Menschen überproportional hoch verschuldet sind. Schuldenberater Maly sieht darin einen Zusammenhang mit der Eintreibungsgesetzgebung, die in Österreich sehr gut funktioniere. "Je effizienter und kostengünstiger sich der Staat als Eintreiber zur Verfügung stellt, desto sorgloser bieten Gläubiger ihre Kredite an. Und zwar immer stärker an ein sogenanntes Subprime Klientel", kritisiert Alexander Maly. "Null-Euro-Smartphones mit grenzwertigen Vertragsbedingungen, die unseren Klientinnen und Klienten derzeit schwer im Magen liegen - diese Angebote gibt es nur in Österreich."
Die beliebtesten Schuldenfallen
Claudia Unterweger hat in FM4 Connected zum Thema Schuldenfall berichtet.
Die Schuldenberatung warnt nicht nur vor tückischen Null-Euro-Smartphone-Verträgen. Auch der Kontoüberzug bereite überschuldeten Menschen große Schwierigkeiten. Denn der sei nichts anderes als ein bequem auszunützender, aber sehr teurer Kredit, so Alexander Maly.
Kostenfalle Nummer 3 sind die Warenkredite, etwa für den Flatscreen beim Elektrohändler. "Durch die Teilzahlung, die angeboten wird, unterschreibt der Käufer im Hintergrund einen Kreditvertrag bei einer Bank, die sich darauf spezialisiert hat, kleine Kredite an Kunden mit schlechter Bonität zu vergeben. Kunden mit zwei oder drei dieser Warenkredite verlieren oft den Überblick, und dann wird es gefährlich."
Flickr.com, User benoswaldde
Mehr Verantwortung an Kreditgeber
Dass aus einer Verschuldung eine Überschuldung wird, geht schnell. Verantwortlich dafür sei ein eingeübtes System, an dem Anwälte und Inkassobüros verdienen und aus dem die Betroffenen schwer wieder herausfinden, erklärt Alexander Maly. "Fehler sind fast nicht korrigierbar - außer der oder die Schuldnerin zahlt es komplett aus."
Maly fordert daher die Wirtschaft auf, mehr Verantwortung zu übernehmen für die Kredite, die sie anbietet. "Es braucht eine Korrektur im System. Wir bekennen uns zur freien Marktwirtschaft, doch dazu gehört auch, dass sich der Staat aus der Schuldeneintreibung zurückzieht. Derjenige, der einen grenzwertigen Vertrag anbietet, muss auch ein höheres Risiko dafür in Kauf nehmen. Auch wenn das bedeutet, dass er manchmal, wie man auf Wienerisch sagt, ins Braune greift."
FM4 Auf Laut – In der Schuldenfalle: Hilfe, meine Ausgaben wachsen mir über den Kopf!
Hast du einen Überblick über deine monatlichen Kosten? Wie gehst du mit dem Minus am Konto um? Wie verhinderst du eine Überschuldung?
In FM4 Auf Laut diskutiert heute (Dienstag, 16. Februar) Claus Pirschner ab 21 Uhr über Wege aus der Schuldenfalle, mit Daniela Sturm von der SchuldnerInnenberatung Hollabrunn, mit Betroffenen und HörerInnen. Ruf an unter 0800 226 996 und diskutiere mit.