Erstellt am: 16. 2. 2016 - 17:40 Uhr
Nowhere Fast
In seinen knappen Liedertexten ist Aaron Maine klar, schlicht, direkt, für alle nachvollziehbar. Er scheint sie dabei doch fast ausschließlich für sich selbst geschrieben zu haben. Oder bestenfalls für ein Objekt der Sehnsucht, das ihm gerade wieder einmal unerreichbar ist.
Auf dem gerade erschienenen, zweiten Album seines Projekts Porches gießt der in New York ansässige Musiker, Produzent, Sänger Maine die konzentrierteste, kleinste putzig-naive Tagebuchpoesie gelangweilter und sich gelangweilt vorkommender, hipper Jungmenschen in ebenso kleinste Liedchen – meistens sind sie auf rudimentärer, besonders geschmeidiger Synthie-Pop-Setzkasten-Elektronik gebaut.
Domino Records
Wehmütige Introspektive, Weltschmerz und die Gefühle in sich sanft wogen fühlen, dazu summt und wummert lieb ein Anfängerkeyboard. Eine gute, alte Geschichte, die gerne mal schnell alt, genauso aber auch immer wieder neu von neuen trübseligen Menschen erhellend und balsamierend durchlebt werden kann.
Und dann eben auch nie alt wird, sofern die Liedchen bei aller Simplizität eben doch nicht alles zu Ende ausbuchstabieren und Deutungsraum lassen. "Pool" nennt sich die neue, über Domino Records erschienene Platte von Porches schon recht bildhaft plastisch wie gleichermaßen offen. Meistens in den zwölf hier versammelten Stücken, gelingt es dem Musiker, aus dem Rezept ein wohliges Glühen zu gewinnen.
Aaron Maine ist ein junger Mann, der in pastellfarbener Retro-Elektronik vorübergehend ein kuscheliges Zuhause gefunden hat. Die Einflüsse von traurigem Folk und Americana seiner frühen Arbeiten hat er im Wandschrank gelassen und erweckt so lieber 80er-Softpop, Plinker-Plonker-Wave, Phil Collins und die Geister der Chillwave zu neuem Leben.
"Pool" heißt also das Album, das darin befindliche Wasser ist ein zentrales Thema. So singt Aaron Maine im Titelstück auch gleich, als hätte man es nicht geahnt, wie sich das beispielsweise so anfühlen kann, wenn man sich als müder Körper durch den spätsommerlichen Swimmingpool treiben lässt: wie ihn Slow Motion nämlich. Das gesamte Album ist ein Sich-Treiben-Lassen, ein faules Gleiten und Wabern, Orientierungslosigkeit, Isolation, ein zielloses Begehren schwimmen als Motive mit. Aber wohin bloß?
Aufgenommen hat Aaron Maine "Pool" naturgemäß nahezu komplett alleine, zuhause im kleinen Kämmerlein. Ab und zu hat seine Freundin Greta Kline - in deren Projekt Frankie Cosmos er bisweilen auch mitwirkt - mit Backgroundgesang und Bass ausgeholfen.
So singt der Musiker auch immer wieder vom seltsamen Gefühl der Einsamkeit, das man trotz der Anwesenheit anderer, eventuell gar wohlgesinnter Menschen, verspürt. Das unmotivierte Driften durch die Millionenstadt, das Beobachten von Vorgängen von den Rändern durchs Milchglas. Rundherum regnet es oft, Aaron Maine zündet sich eine Zigarette an und cruist zu bitterer Dark Disco durch die Nacht, um mit voller Absicht nirgends anzukommen.
Manchmal, so meint der zärtliche Melancholieboy wenig subtil im Stück "Braid", kommt ihm die ganze Welt so vor, als würde er sie durch eine alte Videokamera betrachten, verwackelt, unscharf. Aus den gut abgenutzten Bausteinen und der Nostalgie-Nostalgie webt Aaron Maine aber dann eben doch wunderliche Pop-Preziosen, in denen nicht viel passieren muss, weder textlich, noch in musikalischer Hinsicht.
Domino Records
Mal zischelt und poltert es dezent deftiger, dann wird, wie in dem Stück "Hour", die Idee eines verhuschten Indie-House-Songs zumindest einmal angedacht. Da und dort wirkt der Einfluss von dünnbrüstigem Nachdenker-R'n'B stärker durch, dann wird mit bis zum Anschlag hochgefahrenen Autotune eine liebevolle James-Blake-Gedächtnisnummer skizziert.
Im Song "Shaver" besingt Maine einzig die Freuden des Rasierers und hofft dabei darauf, dass ein geliebtes Gegenüber an seinem glatt gemachten Gesicht Gefallen finden wird. Höflich aus dem Rahmen fällt das Stück "Car" – wieder das Auto – einem fast schon upbeat, gut gelauntem Gitarrenpopstück, in dem es klarerweise wieder mal ums Wegfahren gehen muss. Man kommt aber wieder zurück.
Mit dem Album "Pool" von Porches darf man sich die trüben, die leeren Stunden versüßen, die Ereignislosigkeit im Leben umarmen und sich wie der flammend unverstandene Außenseiter fühlen, der man ist.