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Christoph Sepin

Pixel, Post-Punk, Psychedelia und sonstige Ableger der Popkultur

10. 2. 2016 - 19:06

Selbstfindungswolken

Die New Yorker Band DIIV verwandelt mit ihrem zweiten Album "Is The Is Are" persönliches Drama in verträumte Schönheit.

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"Ich weiß, dass ich zumindest so lange am Leben bleiben muss, bis das Album fertig ist", sagte DIIV-Mastermind Zachary Cole Smith bereits im Juni letzten Jahres. "Das ist meine eine Chance unsterblich zu sein, falls ich jemals eine haben sollte. Ich weiß, das ist das Wichtigste, was ich je machen werde."

2012 erschien der letzte Release von DIIV, das Debüt-Album "Oshin". Jetzt, vier Jahre später, sieht die Welt anders aus. Nicht nur für Dream-Pop-Gitarrenbands wie die fünf New Yorker es sind, sondern auch für DIIV selbst. Die große Europa-Tour 2013 wurde stressbedingt abgesagt, Monate später wurden Smith und seine Freundin Sky Ferreira am Weg zu einem Festival von der Polizei aufgehalten. Im Auto wurden Drogen gefunden, die beiden wurden verhaftet, Ferreira verlor eine Reihe von Modeling-Jobs, Smith sein Haus.

Bandfoto von DIIV

DIIV / Captured Tracks

Was folgte war die Phase der Rehabilitierung, der Selbstkontrolle und der Arbeit am nächsten Album. "Jeder Tag ist ein Kampf", sagte Smith, der eigentlich am liebsten bei seinem Mittelnamen Cole genannt wird. "Aber ich muss in der bestmöglichen Verfassung sein, muss nüchtern bleiben und das Album fertig machen."

DIIV spricht man wie "dive" aus - was ursprünglich auch der Name der Band war, bis man die belgischen 90er-Jahre-Elektroniker Dive entdeckte. Aus Respekt änderte man darauf den Namen, blieb aber bei der Aussprache. Mysteriös ist auch der Name des neuen Albums, "Is The Is Are": "Prinzipiell wollte ich einfach einen Titel, der sich leicht desorientierend anhört, homemade und nicht perfekt - den man leicht kritisieren kann," schreibt Cole auf der Tumblr-Seite der Band über den Namen der Platte. "Ich wollte einen Titel, der keine Textzeile vom Album ist oder von der Leadsingle des Albums. Ich wollte unser zweites Album nicht einfach '2' nennen. Ich denke mir immer, falls es eine Möglichkeit gibt kreativ zu sein, gibt es keinen Grund, diese nicht auch zu nutzen."

Diese kreative Kompromisslosigkeit - art for the sake of art - ist es, was die Band aus Brooklyn vier Jahre nach dem Debüt auch 2016 wieder zu einem der spannendsten musikalischen Acts macht. "Is The Is Are" präsentiert sich als emotional aufgeladene Echo Chamber, in die wir uns für siebzehn Songs mit der Band hineinsetzen dürfen. Ein Suchen und Schwimmen durch die eigenen Träume, durch die Soundwolken und Gitarrennebel.

"The world was mine, but I’m too blind. I’ll stay behind, and choose which scrap to start anew", singt Cole auf "Out of Mind", dem Opener des Albums. "Is The Is Are" ist der Neuanfang, der Reboot der Karriere. DIIV schlagen emotional neue Wege ein, die Smith letzten Endes in Richtung gedanklicher Klarheit bringen sollen. Da wird mit "Dopamine" die eigene Drogenvergangenheit aufgearbeitet, mit "Under The Sun" ein astreines Liebeslied für Sky Ferreira geschrieben ("I don’t think I would have made it out if it weren’t for love") und sich mit dem Titeltrack "Is The Is Are" vor dem Krautrock verneigt ("All the lead guitars on the track came from just me playing melodies over the song, as I would with any other song, but then we took the whole guitar track and flipped it backwards").

DIIV "Is The Is Are" Albumcover

DIIV / Captured Tracks

"Is The Is Are" von DIIV ist auf Captured Tracks erschienen.

Sky Ferreira, die kürzlich in Kollaboration mit Primal Scream mit "Where The Light Gets In" einen der jetzt schon besten Tracks des Jahres veröffentlicht hat, schafft es dann auch noch auf einen Song auf der Platte. "You have my face, my neck, my waist", singt sie auf "Blue Boredom". "Did you know I colored in the clues, for you, for you. They make a game, that spells your name".

"Is The Is Are" ist ein Album, in dem man verloren geht, eine wärmende Decke, die einen ummantelt, eine Odyssee in die Gedankenwelt eines Sängers, der damit beweist mehr zu sein als nur ein weiterer Indie-Darling der Blogs. Siebzehn emotional aufgeladene Songs über das Leben, über die Liebe, über die Laster. Und ein Album, das es beeindruckend schafft, persönliches Drama in verträumte Schönheit zu verwandeln.

Zachary Cole Smith von DIIV auf einem Bett liegend

DIIV / Captured Tracks

"It is a diverse record, it is a happy record, a sad record, a happysad, sadhappy, mad, glad, quiet, mad, dark, glad, poppy, fast, slow, heavy, fast, peaceful, angry, chaotic, beautiful, lost/found, ugly, dry, wet, fuck, fast, dead, heartbroken, in love, loud, quiet, loud, loudquiet, quietloud, happy, mad, quiet, fuck, and loud record. please like it. please love it. do you love me? DIIV is the real me. fuck, xo cole"