Erstellt am: 12. 2. 2016 - 10:49 Uhr
Solala statt Bruhaha
Die eigene Erwartungshaltung ist oft ein Hulk, ein unbezwingbares Biest, dass sich durch das"Ganz ruhig" Geflüstere der Vernunft nicht zähmen lässt. Ein Film mit Tina Fey und Amy Poehler muss, nein, MUSS ja super, nein, fantastisch sein. Geht doch eigentlich gar nicht anders, sind die beiden doch die Königinnen der amerikanischen Comedy, als Schauspielerinnen, Autorinnen, Produzentinnen, aus der Improv- und SNL-Schule kommend, die besten Golden Globes Hosts überhaupt und dann auch noch seit zwei Jahrzehnten miteinander befreundet. The duo that does what duos should do steht auf den Büchern von Max Goldt und Stefan Katz zu lesen, gleiches gilt für Poehler und Fey.
Nach "Baby Mama" aus dem Jahr 2008, der bei uns nicht in den Kinos angelaufen ist, kommt mit "Sisters" nun der zweite Film mit Fey und Poehler in den Hauptrollen auf den inneren Vorfreude-Hulk zu. Vielleicht funktionieren die im Kino einfach gar nicht, sondern nur im Fernsehen, gibt Kollege Christoph Sepin zu bedenken, aber ich hör ihn zunächst gar nicht, ihr wisst schon, der Hulk.
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Ebenjener Vorfreude-"Hulk" wird nach "Sisters" weinend in einer Ecke kauern, aber das Problem, dass "Sisters" nicht so gut ist, wie man sich eine Komödie mit Tina Fey und Amy Poehler vorstellt, ist haus- bzw fangemacht. Beginnen wir also am Anfang, obwohl eigentlich ungern, denn der ist eher eine holprige Angelegenheit. In Szenen, die eher an Material erinnern, das es dann doch nicht in "Saturday Night Life" geschafft hat, wird man mit den Schwestern Maura (Poehler) und Kate (Fey) bekannt gemacht. Maura ist im Grunde eine weniger getriebene und auch weniger grundoptimistische Ableitung von Poehlers großartiger Figur Leslie Knope aus "Parks and Recreation" - angespornt vom Drang, alles richtig zu machen. Fey spielt gegen ihre übliche Typisierung, die einst rebellische Schwester, jetzt mit allen Dingen hadernde Singlemutter. Feys Figur sowie Feys Spiel sind weit weniger nuanciert als Poehlers, alles wirkt wie ein Sketchreigen, bei dem die Pointen sich oft laut stampfend ankündigen oder gleich überhaupt ausbleiben.
Ich hege die Hoffnung, dass alles besser wird, wenn die beiden tatsächlich gemeinsame Szenen haben - das Schwesternpaar begibt sich nach Florida, um dort entsetzt festzustellen, dass ihre Eltern das Haus, in dem sie aufgewachsen sind, verkauft haben. Selfish parents are selflish!
In Szenen mit John Leguizamo als ehemaliger Schulfreund und Ike Barinholtz als Nachbar/Mauras love interest kann man, wenn man genau schaut, Pointenfunken blitzen sehen. Wenn die innen und außen blütenweiße Maura sich im halb-dirty Talk mit dem Nachbarn versucht, dann hängt da noch die Erinnerung an Leslie Knopes zahlreiche Lobpreisungen von Ben Wyatts Hintern in "Parks and Recreation" drüber. Wenn es sowas wie Pointennostalgie gibt, dann hilft sie "Sisters" über einige Szenen hinweg. (Ben, your heart's in the right place. Your heart and your butt.) Aber wo ist der Hang zum Absurden aus "30 Rock", wo die nie in Zynismus umschwankende Satire aus "Parks and Recreation"?
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Mit dem Vorhaben, noch eine Party im Elternhaus zu feiern, bevor es verkauft wird, begibt sich "Sisters" auf erprobtes Partyfilm-Terrain. Die Party als Versuchsanordnung, die vergangene Jugend zum Leben zu erwecken, unvernünftiges Verhalten als befreiendes, hedonistisches Kontrastprogramm zum öden Erwachsenenleben. Die Unvernunft, das kindische Verhalten steckt im Kern zahlreicher wunderbarer Komödien der letzten Jahre, allerdings waren es durchwegs männliche Figuren, die Sinn und Unsinn in der potentiell befreienden Macht des Feierns suchten. Jetzt sind zwei Frauen an der Reihe und wieder fällt mir Leslie Knope ein: Uteruses before duderuses. Ovaries before brovaries.
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"Sisters" nutzt die Partynacht auch noch für eine Art Wesens-Freaky-Friday: Die immer kontrollierte Maura soll richtig feiern können und Kate übernimmt die Rolle der party mum: Nüchtern bleiben, aufpassen, dass nichts aus dem Ruder läuft. Zunächts hat party mom nichts zu tun, denn die Feier kommt ähnlich schwer in Schwung wie der Film, Fey und Poehler beschließen, dass man noch ein paar Drogen besorgen könnte, im Kinosaal greife ich zum Butterkipferl.
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"Sisters" startet am 11.2. in den österreichischen Kinos
John Cena als stoische Muskelmasse mit Bandana und einem Koffer voller verbotener Substanzen ist ein Highlight des Films, ebenso Maya Rudolph als Tina Feys High School Erzfeindin, ebenso ist es bezaubernd Fey und Poehler zu "Informer" (I lick you boom boom down) tanzen zu sehen. In Sachen Partyeskalationsszenen kann "Sisters" ansonsten wenig Neues und auch wenig wirklich Amüsantes aufweisen. Der That escalated quickly-Gedanke huscht einem irgendwann durch den Kopf, als das Haus bereits mit zahllosen Penis-Zeichnungen beschmiert wurde, der Swimmingpool übergegangen ist und im Hintern des netten Nachbarn eine Ballerina-Spieluhr steckt. Ich hab die ganze Zeit drüber nachgedacht, warum Heather Matarazzo ("Welcome to the Dollhouse") bloß für einen quasi wortlosen Auftritt in diesem Film gelandet ist.
"Sisters" ist weit entfernt von einer brillianten Komödie, aber ebenso weit entfernt von einem Desaster. Die mittelmäßige Komödie ist immer eine frustrierende Angelegenheit. Der innere Erwartungs-Hulk malt sich inzwischen aus, wie super ein Film mit Fey und Poehler wäre, für den die beiden auch das Drehbuch schreiben würden, der Pointen-Nostalgie-Hulk überlegt, ob "Sisters" zusammengebastelt aus Leslie Knope und Liz Lemon Zitaten weitaus lustiger gewesen wäre. Wie dem auch sei, sie bleiben meine Heldinnen. My heroine. And by heroine, I mean lady hero. I don't want to inject you and listen to jazz (Liz Lemon).