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Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

10. 2. 2016 - 09:02

Teleshoppingsuperstar

Horst Fuchs wusste, dass man mit ein bisschen Witz alles verkaufen kann. Auch V-Hobel.

Ich habe mich schon immer mal gefragt wer sich wohl T-Shirts mit „lustigen“ Aufschriften wie „Sexinstruktor - erste Stunde gratis“ kauft. Gestern kam meine liebe M mit einem neuen Leiberl an nach Hause. Darauf war Sissi abgebildet, die Pommes isst. Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren soll, bis mir M ganz schnell erklärte, dass sie auf diese Weise ihre Abneigung gegenüber der Souvenirindustrie zeigen will. Die Konsumgesellschaft, sagte M, verkaufe uns die Geschichte und die Kultur genau wie Fastfood. Ich weiß nicht, ob die Hersteller des T-Shirts genau das gemeint hatten, aber ich verstand, warum sie sich dieses T-Shirt gekauft hatte: sehr lange hat sie als Souvenirverkäuferin im Schloss Schönbrunn gearbeitet. Sie musste dort unter anderem kleine Mozart- und Sissi-Abbildungen aus Gips verkaufen. Ihr wurde verboten darüber Scherze zu machen. Denn jeder Mozartverkäufer musste todernst wirken. Anscheinend kannten sie nicht die Weisheit des Horst Fuchs, nämlich dass man mit ein bisschen Scherz alles verkaufen kann.

V-Hobel und Schlafkissen

Sonst kann man sich nicht erklären, dass in den 90er Jahren jeder bulgarische Haushalt einen V-Hobel besessen hatte. Damals zählte Teleshoppinglegende Horst Fuchs, zusammen mit den Stars der Latino-Serien und weit vor den Figuren aus „Dallas“ zu den populärsten Persönlichkeiten Bulgariens. Sein Erfolg hatte zwei Gründe: der erste ist natürlich die Jungfäulichkeit der osteuropäischen Marktwirtschaft. Jeder Scheiß, der im Fernsehen beworben wurde, wurde auch gut verkauft. Die Menschen waren nicht daran gewöhnt, dass man Produkte so superlativ beschreiben kann und schauten sich die Teleshoppingsendungen mit echtem Interesse an. Man wusste, dass der V-Hobel wirklich alles perfekt in kleine Stücke schneiden kann, dass man auf dem gehügelten Schlafkissen so gut schläft, dass selbst dicke Ehemänner zum Schnarchen aufhören und dass der Blue Magic Mop sogar das sauber machen kann, was nicht mal schmutzig gewesen ist.

Horst Fuchs

WS Teleshop

Der zweite Grund war Horsts Aussehen. Er war nicht wie diese unerreichbaren perfekten Fernsehmoderatoren, sondern sah wirklich wie ein Jedermann aus. So hat er die Märkte in Tschechien, Ungarn, Polen und Bulagrien erobert. Das Publikum sah in ihm sich selbst – etwas peinlich, aber ehrlich in seinem Vorhaben, dich zu verarschen. Horst Fuchs war der König von Osteuropa. Damals hatte die in Österreich basierte Firma WS Teleshop ein echtes Imperium aufgebaut. Man erzählte sich, dass einem Horst Fuchs auch seine Mutter verkaufen könnte. Und wenn man sofort anruft, bekommt man auch seine Schwester. Es wurde auch erzählt, dass Horst Fuchs kein echter Deutscher ist, sondern ein Bulgare, der nur so tut, als wäre er Deutscher, um seine Ware besser zu verkaufen. Ein Mitschüler von mir meinte sogar, dass Horst Fuchs, tatsächlich ein Nachbar von ihm ist. Er heiße Vladimir und er fahre einen rote Lada, womit er die ganzen Hobel und Kissen transportiere.

Für viele Menschen meiner Generation ist Horst Fuchs ein popkulturelles Symbol. Ein Symbol des Kapitalismus, ein Symbol des Westens. Ich denke es wäre cool, wenn es T-Shirts von ihm geben würde.

Horst Fuchs, der Sissi umarmt. Er trägt Kleider aus dem 19. Jahrhundert und sie eine WS Teleshop Schürze. Sie verkaufen ja beide so gut. Aber ich habe mich ja auch schon immer gefragt, wer solche T-Shirts kauft.