Erstellt am: 8. 2. 2016 - 20:54 Uhr
"I'm a deadbeat cousin, I hate family reunions"
Eine der großen Stärken des technisch nie überragenden Rappers Kanye West war von Anfang seiner Karriere an seine sympathische Offenheit als durchaus auch mal tolpatschiger Durchschnittstyp. Der Everyman-Faktor ist ihm im Laufe der Jahre mit wachsendem Superego etwas abhanden gekommen, wiewohl er mit Selbstkritik nicht gespart hat. Eine interessante Entwicklung kann man aber jedenfalls erkennen, wenn man sich Kanyes Erwähnungen von Familie und Freunden genauer ansieht.
Kanye West
Am Debütalbum The College Dropout scheint noch alles okay zu sein: Der Producer/Rapper auf dem Weg nach oben, da sind auch die Cousinen stolz:
Abi, remember when they ain't believe in me?
Now she like "See, that's my cousin on TV!"
Auf 808s & Heartbreak - einer generell sehr deprimierten Platte, die nach dem Tod seiner Mutter und einer beendeten Beziehung entstanden ist - wird schon eine gewisse Entfremdung zwischen Superstar Kanye und seinen geerdeteren Freunden merkbar:
My friend showed me pictures of his kids
And all I could show him was pictures of my cribs
He said his daughter got a brand new report card
And all I got was a brand new sports car
Das ist natürlich mit den Jahren, den Millionen und dem Einheiraten in die umtriebigste Familie der Reality Soap-Welt nicht besser geworden. Dass sich Kanye West im Song Real Friends, einem der Vorboten auf das vermutlich Waves heißende Album (so genau weiß man das nämlich nicht) ausführlich mit dieser Thematik auseinandersetzt - zumal über einen recht melodischen Beat - deutet jedenfalls ein wenig auf eine back to the roots-Schlagseite der neuen Platte hin.
Die digitale (und auch thematisch passende) "B-Seite" No More Parties in LA mit Kendrick Lamar und einem Madlib-Beat ist überhaupt gleich ein Überbleibsel der MBDTF-Sessions vor sechs Jahren. Die zerstörten Sounds und wütenden Raps von Yeezus hört man da jedenfalls nicht mehr.
Der FM4 HipHop-Lesekreis alias Natalie Brunner, Mahdi Rahimi und meine Wenigkeit hat sich Real Friends etwas genauer angehört: