Erstellt am: 5. 2. 2016 - 17:44 Uhr
The daily Blumenau. Friday Edition, 05-02-16.
#wirtschaftsjournalismus
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
2016 wieder regelmäßig.
Der Trend durchläuft gerade eine weitere Metamorphose in seiner an Wandlungen nicht armen 45jährigen Geschichte; in der das Magazin den heimischen Wirtschaftsjournalismus immer mitdefinierte. Der wöchentliche Neustart des Trend gibt jetzt also einen guten Aufschluss über den Status Quo einer Branche.
Versprechenversprühende Oberflächen
Es ist das Lächeln, das sich verdächtig macht.
Lächelnde Medien-Coverstars sind in der Mode, im Society-, Motor-, Reise- oder im Sportbereich, also in den Branchen in denen der Fachjournalismus nichts als PR-Begleitung im Sinn hat, durchaus normal. Im artverwandten Kulturbereich sind andere Posen (Leiden, Sinnieren, Outrage...) zumindest gleich stark angesagt.
Im Hard-News-Bereich abseits der klar erkennbaren PR-Organe geht das nicht, das aufgesetzte Lächeln. Dort ist die caught in the act-Abbildung die Regel, durchbrochen von hochklassiger Portrait-Fotografie auf der Suche nach der Seele hinter den Gesichtslandschaften.
Im österreichischen Wirtschaftsjournalismus wird gelächelt, sogar richtig roberthartlauermäßig gelächelt, so breit und versprechenversprühend wie möglich. Und weil diese Art der gefälligen Lächel-Fotografie eben noch nie die Seele, sondern immer nur die Oberfläche abgebildet, lässt ihre Heranziehung so tief blicken.
Exkurs: Rücksturz in die 70er
Der Trend ist (gemeinsam mit dem zeitgleich gegründeten Profil) wohl das Medium, das die Kreisky-Ära, also den Aufbruch aus den muffigen 50ern in die Gegenwart (also die 70er) mitverkörperte, was in Österreich, das die 60er einfach verpasst hatte, auch bitter nötig war. Ende der 70er, also der Zeit meiner politischen Sozialisation, war da auch noch das intellektuell radikalere Extrablatt, aber das ist eine andere Geschichte.
Profil und Trend widmen sich Aufklärung und Investigation, kämpfen der ersten und ursprünglichen Kampf um ein bis dorthin weitgehend inexistentes journalistisches Selbstbild und verfangen sich trotz ihrer kritischen Distanz zu den Machtträgern immer wieder in den Fallstricken von Haberer-Partien; das war der Eitelkeit des Männerbilds dieser historischen Phase geschuldet.
Dass der Trend sich nominell um Wirtschafts-Geschichten kümmert, fällt angesichts der engen und selbstverständlichen, von jeder Compliance unbeeindruckten Verzahnung von Politik und Ökonomie nicht gar so sehr auf. Profil und Trend bilden (in der Rolle eines vielbeachteten und quasi präglobalisierten Social Media-Accounts) die gesellschaftspolitischen Geschehnisse, die sich allzu oft auf Udo Proksch-Level bewegen, durchaus scharfsinnig ab und beeinflussen somit die Art, wie Politik und Wirtschaft künftig gestaltet werden. Nach dem Wegfall der Wildwest-Mentalität der 70er und frühen 80er versteinern Politik, Wirtschaft und auch Medien. Vor allem der Trend fällt in eine Art Forbes zurück, wiewohl er das in seiner Geschichte gar niemals war.
Als was sich Wirtschaftsjournalismus selber begreift
Auch weil die Gründergeneration ins reifere, sicherheitsdenkendere und wertkonservativere Alter kommt, wird der Trend danach zunehmend zur Yacht-Revue für die Wirtschaftskapitäne.
Das schlimmste Merkmal dieser scheinbar endlosen Ära der ziemlichen Kritiklosigkeit: Nicht wenige der in den jeweiligen Heften abgefeierten Coverstars (und auch zu viele der Männer des Jahres) stellten sich nur wenig Zeit später als klassische Schurken heraus.
Keine Frage: Das liegt in der Natur der Sache. Zwischen Hochfinanz und höchstem Kriminalitätslevel liegt oft nur die juristische Auslegung eines Gesetzes-Paragrafen. Weshalb sich ein dem Hard-News-Bereich der Ökonomie verpflichtetes Medium nicht aus der Pflicht des steten Hinterfragens der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entziehen kann.
Niemand verlangt, dass sich ein nach kapitalistischen Grundsätzen gewinnorientiert aufgestelltes Projekt andauernd in Kapitalismus-Kritik zerfleischen muss. Dass aber sämtliche durch die Finanzwirtschaft und andere in den Fachmedien lustvoll gewürdigte Aasgeier/Heuschrecken-Branchen herbeigeführten globalen Krisen und Zusammenbrüche der letzten fünfzehn Jahre nicht nur keine Früherkennung, sondern auch keine merkliche Aufarbeitung erfuhren, spricht nicht für die Qualität der Berichterstattung. Es zeugt im Gegenteil davon, dass die vielen durchaus marktkonform/schreierischen Jubelarien keine reele Basis hatten und deshalb nicht mehr gesellschaftspolitischen Wert haben als, sagen wir, die Gala oder das Seitenblicke-Magazin.
Wo eben auch in erster Linie ganz, ganz viel gelächelt wird.
Wie auch im neuen, nach der Zusammenlegung mit dem aus vielen Gründen gescheiterten Format zu einem wöchentlichen Wirtschaftsmagazin mit dem Titel "Trend".
Das ist der Trend jetzt!
Einen der vielen im ersten Premium-Trend portraitierten, fast immer lächelnden und gerne ihre Produkte platzierenden Menschen kenne ich. Und weiß deshalb auch, dass alles stimmt, was da steht. Ein gutes Zeichen, oder? Oder auch nicht. Denn ich weiß auch, dass der mir bekannte Portraitierte nicht lügt. Täte er das, würde wohl auch das so unhinterfragt abgebildet werden.
Und genau das ist der Knackpunkt.
Wie in fast jeder anderen Sparte bis auf vielleicht den avancierten Politjournalismus und hehre Ausnahmen wie den Fußball-Journalismus in einzelnen Webmedien existiert so etwas wie der Faktencheck nach der Selbstdarstellung, nach dem Interview nicht. Wenn der Trend dem immerhin wenig lächelnden russischen Oligarchen Alekperov Fragen mit Bitte um Einschätzung und Erklärung stellt und das Rundherum bei einer besseren CV belässt, wird nichts zur Einschätzung der nur lobbyistisch relevanten Aussagen beigetragen.
So geht das weiter: Die Coverstory erzählt bemüht das Heldenepos einer Unternehmer-Familie und der Wirtschaftsminister wird für sein koalitionskritisches Interview mit einer lobenden Leitartikelerwähnung belohnt. Ein Mikro-Essay im Meinungsteil Standpunkte zum Thema Grundeinkommen trägt den Titel "Warum nicht gleich BMW, Kaviar und Champagner für alle!".
Realität weglächeln macht Problemfeldbewältigung halt schwer
Und das alles mit einer Lächeldichte von fast einem abgebildeten Menschen pro Seite. In dieser artifiziellen Weltbeschreibung, inmitten dieser Abwesenheit von Realität, lässt sich dann das Gegenteil der freundlich-bestimmten Produktpräsentation um jeden Preis, nämlich die Darstellung von Problemfeldern, auch sehr schwer herstellen.
Weshalb dann die Coverstory der heutigen Ausgabe (zum Thema schlechte Stimmung der "Wirtschaftsszene" wegen allgemeiner Aufschwungbremserei) mit einem Ernstschauer und Comic-Wut-Zeichnung daherkommt. Das ist in etwa so als würde (um zwei erfundene Beispiele zu bringen) auf Theater Heute die Minichmayr zum Thema Abo-Probleme an der Burg bös schaun oder David Alaba am Sportmagazin zum Thema Zuschauerschwund beim ÖFB-Team ein Schnoferl ziehen. Oder wenn Faymann "Politikverdrossenheit? Urdeppert!" vom Profil-Cover plärrt.
Abgesehen von der inhaltlichen Einfalt macht sich das Medium also mit einem (kritiklos) übernommenem Anliegen aus der Branche, die kritisch abzudecken sie angetreten ist, gemein.
Wiewohl die genannten Publikationen wohl noch die Frage stellen würden, ob denn nicht die schwachen Performances von Burg und Team mit schuld an den Miseren wären. Beim Trend-Cover zum Wut-Unternehmer begnügt sich die Redaktion mit der Ausstellung der Vorwürfe; als wär' man ein Innungsblatt.
Klar, die Emoji-Kultur der Gegenwart insinuiert eine simplifizierende Reduktion auf Lächeln und Bös-Schaun nur allzu sehr - neben Weinen sind das ja auch die ersten Mimik-Äußerungen, die ein kleines Kind so drauf hat. Und die scheinbare Berechenbarkeit von Wirtschaft (Hausse, Baisse, Bilanzen, Budgets etc vermitteln diesen Eindruck - die Wahrheit hinter den Wirtschaftswissenschaften ist aber bekanntlich eine andere) fördert diese Idee auch noch. Die Tauglichkeits-Prüfung für das wichtige Vermittlungsfeld des Wirtschaftsjournalismus steht aber aus.