Erstellt am: 30. 1. 2016 - 16:11 Uhr
Suede zurück mit neuem Album
Es war einmal eine Zeit, da wurde oft die Frage gestellt: „Blur oder Oasis?“. Die besonders Smarten unter den Britpop-Fans antworteten darauf gerne mit: „Pulp!“, oder sie sagten: „Suede!“ Das dunkle Drama letzterer Band rund um den charismatischen Sänger Brett Anderson und den Gitarren-Wunderwuzzi Bernard Butler, über das sich damals auch etwa David Bowie anerkennend äußerte, war über zwei Alben hin – „Suede“ und „Dog Man Star“ – äußerst erfolgreich.
Suede
Beim dritten Longplayer, dem 1996er Album „Coming Up“, war Bernard Butler, der im Groll gegangen war, schon nicht mehr dabei. Suede konnten sich aber mit dem neuen, blutjungen Gitarristen Neil Codling und dem schon zwei Jahre davor dazugestoßenen Gitarristen Richard Oakes weiterhin gut halten. Suede zählten zu den Stars des Britpop. Der Wurm war dennoch drinnen in der Band. Ein weiteres Album folgte, „Head Music“, und dann jenes, das die Band endgültig auseinenderbrechen ließ, „A New Morning“.
Es dauerte über zehn Jahre bis Suede es nocheinmal versuchten, mit vielen Konzerten und dem Album „Bloodsports“. Bernard Butler war noch immer böse, aber daran hatten wir uns schon gewohnt. Suede spielten da etwa auch in Wien, hatten den nettesten Tourmanager der Welt und gaben Interviews, und auch Brett Anderson sprach, der inzwischen zwei schöne Soloplatten veröffentlicht hatte. Bassist Mat Osman, ein sehr beredter, höflicher Brite mit türkischem Vater, meinte da etwa, dass es nicht Schöneres gebe als Platten zu machen.
In einer erfolgreichen Band zu sein ist ein großes Privileg, das man nicht einfach wegwerfen sollte, meinte Mat Osman weiter. Viele junge Bands, die einen gewissen Erfolg haben, schätzten das nicht genug, so Osman, auch Suede, aber nun, meinte der freundliche Bass-Mann, sei man geläutert und wolle fortan viele schöne Platten machen. Wie recht er behalten sollte.
Nacht Gedanken
Warner
„Night Thoughts“, das neue Suede-Album, ist eine tolle Platte. Nachtmenschen lieben ihre Nacht, weil sie einhüllt mit einem dunklen Mantel, Ruhe gibt und wärmt. Nachtmenschen wollten schon als sie noch Kind waren, zu Nachtspaziergängen aufbrechen, den Schrei der Eule hören, oder gar einem Fuchs ins funkelnde Auge blicken. Die Nacht kann aber auch etwas Bedrohliches an sich haben, egal ob in der Stadt oder auf dem Land.
Brett Anderson zählt zu zweiterem Schlag der Nachtmenschen, zu jenen, die zwar aufbleiben, bis der Morgen graut, die aber eine Art Panik packt wenn die Uhr etwa schon vier Uhr morgens schlägt: In der Nacht, meint Brett Anderson zum Albumtitel „Night Thoughts“, überkommen mich oft düstere Gedanken. Es sind Verlustängste und ‚paranoid thoughts’, die Brett da plagen, etwa die Angst geliebte Menschen zu verlieren überkommt ihn spätnachts. Die Nacht, sagt Brett Anderson in Interviews zum neuen Suede-Album, wirft die Menschen grundsätzlich auf ihre instinktive, ursprüngliche Existenz zurück.
Brett Anderson ist nun, mit beinahe 50 Jahren, Vater, und die Zerbrechlichkeit des Lebens ist ihm bewusster denn je. Was also tun mit all diesen Gedanken? Songs schreiben, was denn sonst. Einen etwa, den Brett „Pale Snow“ nennt, und der kein Wintermärchen voll flockigem Schnee ist. Im Text heißt es: „The wolf at your door, your child against the breast. There´s one tiny shoe outside in the corridor. The colour of your skin – pale and paper thin.“
Suede sind keine junge Band mehr, keine üppig hoffnungsfrohen young contenders, die völlig selbstverständlich in die Zukunft blicken und Früchte sehen, die vor der Ernte stehen. Brett Anderson und Co haben viel, auf das sie nun zurückblicken können: „When You Were Young“ heißt ein Song auf dem neuen Album, samt komplettem Orchester und fantastisch produziert von einem Vertrauten der Band - Ed Buller, der schon das Debutalbum von Suede produzierte.
Auch wenn Brett Anderson jetzt Vater ist und, wie er sagt, nicht mehr alles sich um ihn selbst dreht, den Pelz anziehen und die Federboa umwerfen, das geht immer noch: „The Fur And The Feathers“ hat ein sehr schönes Piano und Zeilen wie „I´m so scared of touching you, but I´m scared of not“ oder „on a platform I´m waiting, the morning in your eyes“.
Tightrope
Auf Züge wartet Brett Anderson immer wieder in seinen Songtexten, oder er balanciert auf einem Seil. "Tightrope“ ist ein Song, in dem Brett Anderson singt: „Silence is everywhere. On a tightrope with you, too scared to look down“. Und noch etwas lässt uns Brett Anderson wissen, nämlich im Song „What I´m Trying To Tell You“, in dem es heißt „I don´t have the means of expression to explain my obsessions“. Brett Anderson wie er leibt und lebt.
Zu „Night Songs“ von Suede gibt es auch einen Film, quasi ein einziges langes Video zum Album, anstatt das Album zu „zerstückeln“ und zu mehreren Songs je ein Video zu machen.
fm4.orf.at/musik
Empfehlungen und Rezensionen
Live spielen Suede ihr neues Album dann auch komplett durch, während auf einer Leinwand der Film läuft, den Suede zusammen mit dem englischen Fotografen und Regisseur Roger Sargent drehten. So viel sei verraten, der Film ist, eh klar, düster, denn das Leben des Protagonisten zerbricht. Ein Drama eben, wie es die Musik von Suede verlangt, auch wenn man die neuen Songs natürlich auch gut hören kann ohne den Film dazu zu sehen.